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Anatolien

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Im Gegensatz zu den Babyloniern glaubten die Hethiter nicht daran, dass die Zukunft festgeschrieben war, sondern durch geschicktes Vermeiden und Vorbeugen von ihnen selbst gelenkt werden konnte. Weil jedoch allein die Götter in die Zukunft blicken konnten, war es wichtig, mit diesen in Kontakt zu treten und ihren Willen zu erkunden. So waren bereits seit dem 13. Jh. v. Chr. verschiedene mit dem Oberbegriff ariya- (orakeln) bezeichnete Weissagungstechniken bekannt. Wie schon früher im benachbarten Mesopotamien wurden die Fragen und Antworten schriftlich festgehalten und archiviert. Bei Ausgrabungen in der hethitischen Hauptstadt Hattusa, dem heutigen Bogazköy im anatolischen Hochland, wurden mehrere Tontafeln sowohl auf der Akropolis selbst als auch im so genannten Archiv des Großen Tempels in der Unterstadt gefunden. Doch scheinen auch weniger bedeutende Provinzstädte eigene Archive mit Orakeltexten besessen zu haben.

Ein Großteil dieser Texte befasst sich mit der Zeichendeutung verschiedener Naturphänomene, wie Erdbeben, dem Lauf der Gestirne oder dem Verhalten bestimmter Tiere. Das so genannte KIN-Orakel (Symbolorakel) etwa wurde von einer Priesterin (salsugi – „der Alten“) durchgeführt, die ein Tier (aktives Symbol) in einen Raum mit verschiedenen Gegenständen (passive Symbole) führte und dessen Verhalten gegenüber diesen deutete. Beim SASTA-Orakel (Bettorakel) beobachtete ein Priester das Verhalten eines Schafes auf dem Weg zum Opferaltar. Eher ungewöhnlich ist das hethitische Schlangenorakel. Dabei wurde einer Wasserschlange in einem Becken ein mit der Frage verschlüsselter Name gegeben. Lautete die Frage z.B. „Wird den König eine Kopfkrankheit befallen?“, nannte man die Schlange „Schlange des königlichen Kopfes“. Der Priester beobachtete nun, wie und wohin die Schlange schwamm, und interpretierte daraus die Antwort auf die Frage. Indem man verschiedene Schlangen schwimmen ließ, konnten mehrere Fragen gleichzeitig beantwortet werden.


Abb. 1: Babylonische Bronzeleber aus Ton. 14.6 cm. Ca. 1900–1600 v. Chr. Vermutlich aus Sippar, Südirak. British Museum, London, Western Asia Collection.

Die Fragen wurden in der Regel direkt an den Gott gestellt, mussten aber so formuliert sein, dass sie mit Ja oder Nein zu beantworten waren. War etwa der Grund für eine Krankheit, der Zorn eines bestimmten Gottes, wurde jeder einzelne Gott angerufen, um ihn zu fragen, ob und wenn ja warum er ungnädig sei. Mit Hilfe dieses Ja/Nein-Prinzips konnte diese Befragung eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

Die Kunst vom Wahn- und Wahrsagen

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