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Mit Mayo rutscht die Info besser

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Es gibt Abkürzungen, die so schmerzen wie eine Amputation am lebenden Wort ohne Narkose. Wenn aus einer Information eine »Info« wird, bekommt man es mit Geiz zu tun, mit Geiz an Gedanken. Wer Sachverhalte zu kniepigen »Infos« verknappt, muss diese zur Kompensation dann tüchtig auswalzen und nennt das »Kommunikation«, denn wer nichts wird, wird Kommunikationswirt. Wenn er ausgelernt hat, kann er fließend kommunizieren, ohne dabei von der geringsten Sinnbeimengung gestört zu werden, und sagt also: »Diese Info muss kommuniziert werden.« Kommu, die kleine Nikation, ist schließlich die mediale Info, und das ist logo; logo kommt aber nicht von Logik, sondern von Logorrhöe.

Info ist der schabbelige Rest von Information; ein höchst verwunderlicher Rest wohnt indes auch dem Info-Wort »Restjugoslawien« inne, das seit einigen Jahren kursiert und grassiert. Wenn es ein »Restjugoslawien« gibt, müsste es folgerichtig auch Restjugoslawen geben. Weil es aber offenkundig allzu unhöflich wäre, jemanden einen »Restjugoslawen« zu nennen – »Guten Abend, Herr Girrschitsch, Sie sind ein vitaler, fleißiger Restjugoslawe …« – sagt man das lieber nicht, das klänge gleich nach Versehrtensport, nach Arm oder Bein ab, jedenfalls nicht gut, sondern nach Krieg. Den die Nato gegen Serbien vulgo Restjugoslawien zwar führte, dessen Folgen man aber lieber verschweigt. Und so kommt es zu der erstaunlichen Tatsache, dass es Restjugoslawien gibt, nicht aber einen einzigen Restjugoslawen. Der dann ohnehin bloß mit »Reststrommengen« hausieren ginge, von denen auch niemand sagen kann, was sie bedeuten.

Vom Restjugoslawen und der Reststrommenge ist es nur ein kleiner Schritt zum »Resto«; ein Resto ist das, was von einem Restaurant übrig bleibt, wenn das Schischi-Publikum mit ihm fertig ist. Für alle, die ins Resto essen gehen möchten, kann man einmal den Küchenboden kehren und das Ergebnis mit Schauspielergrandezza servieren: Meine Herrschaften! Exklusiv der schäbige Rest – möge er munden wie die Pest! Woraufhin die Kundschaft mit den Zungen schnalzt und aufstöhnt vor eingebildeten Wonnen: Aaah, Resto al Pesto – Maître, Sie verwöhnen uns, Sie sind zu gütig …!

Nach dem Besuch im Resto können die Schaumacherkarren erklommen werden, in denen Damen und Herren vom Sterne Möchtegerne sich herumkutschieren lassen und die nicht Limousinen, sondern »Limos« heißen müssen, was sehr gut zu ihren Insassen passt. Damit der Matsch sich runde und auch besser in die Gehörgänge hineinflutsche, braucht es ein Gleitmittel: Mayo. Mit Mayo rutscht die Info besser. Man soll niemanden und nichts unterschätzen, auch keine Mayonnaise. Im holländischen Lokal »De Prins« in Essen sah ich, wie weit man es als Lebensmittel bringen kann: Eine »Mayo des Monats« wurde dort feilgehalten und prämiiert. Fasziniert von der Welt und ihren Möglichkeiten stippte ich eine Fritte in den weißen Schlabber, hielt inne und dachte: Wenn nun auch nichts mehr aus mir werden will oder soll – einen Ehrgeiz hätte ich noch, eine Ambition, ein Ziel: in diesem Resto einmal Mayo des Monats sein, und das als Info kommunizieren, aber logo.

Im Sparadies der Friseure

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