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Schöne neue Welt

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In dem späten Stück Der Sturm wird Prospero, Herzog von Mailand und Magier, von seinem Bruder Antonio aus seinem Reich vertrieben und mit seiner dreijährigen Tochter Miranda in einem Boot auf dem Meer ausgesetzt. Vater und Tochter werden an eine einsame Insel gespült. Zwölf Jahre später fährt Antonio zusammen mit dem König von Neapel, Alonso, dessen Sohn Ferdinand und Gefolge mit dem Schiff nah an der Insel vorbei, auf der Prospero mit Miranda lebt. Mithilfe seines Luftgeists Ariel inszeniert Prospero einen Sturm, der die Schiffsbesatzung auf seine Insel spült. Er will späte Rache üben. Ariel trennt Ferdinand von den anderen und führt ihn zu Prospero. Dort begegnet Ferdinand Miranda, und Ariels Zauber sorgt dafür, dass die beiden sich auf den ersten Blick ineinander verlieben. Obwohl diese Entwicklung in Prosperos Sinne ist, tut er zunächst so, als wäre er gegen die Beziehung, um zu testen, wie standhaft die junge Liebe ist.

FERDINAND

Schönes Wunder,

Seid ihr ein Mädchen oder nicht?

MIRANDA

Kein Wunder,

Doch sicherlich ein Mädchen. [...] Dies ist

Der dritte Mann, den ich gesehn; der erste,

Um den ich seufzte. [...]

PROSPERO

Eins ist des andern ganz; den schnellen Handel

Muß ich erschweren, daß nicht leichter Sieg

Den Preis verringere. [...]

Du denkst, sonst gäb’ es der Gestalten keine,

Weil du nur ihn und Caliban gesehn.

Du töricht Mädchen! Mit den meisten Männern

Verglichen, ist er nur ein Caliban,

Sie Engel gegen ihn.

MIRANDA

So hat in Demut

Mein Herz gewählt; ich hege keinen Ehrgeiz,

Einen schöner’n Mann zu sehn.

(I, 2)

Prospero setzt Ferdinand gefangen und lässt ihn Holz stapeln. Miranda versucht, ihm die Arbeit abzunehmen.

FERDINAND

Es gibt mühevolle Spiele, und die Arbeit

Erhöht die Lust dran: mancher schnöde Dienst

Wird rühmlich übernommen, und das Ärmste

Führt zu dem reichsten Ziel. Dies nied’re Tagewerk

Wär’ so beschwerlich als verhaßt mir; doch

Die Herrin, der ich dien’, erweckt das Tote,

Und macht die Mühn zu Freuden. O sie ist

Zehnfach so freundlich als ihr Vater rauh,

Und er besteht aus Härte. Schleppen muß ich

Und schichten ein paar tausend dieser Klötze,

Bei schwerer Strafe. Meine süße Herrin

Weint, wenn sie’s sieht, und sagt: so knecht’scher Dienst

Fand nimmer solchen Täter. Ich vergesse;

Doch diese lieblichen Gedanken laben

Die Arbeit selbst; ich bin am müßigsten,

Wenn ich sie tue.

MIRANDA

Ach, ich bitte, plagt

Euch nicht so sehr! Ich wollte, daß der Blitz

Das Holz verbrannt, das ihr zu schichten habt.

Legt ab und ruht euch aus! Wenn dies hier brennt,

Wird’s weinen, daß es euch beschwert. Mein Vater

Steckt tief in Büchern: bitte, ruht euch aus.

Ihr seid vor ihm jetzt auf drei Stunden sicher.

FERDINAND

O teuerste Gebieterin! Die Sonne

Wird untergehn, eh ich vollbringen kann,

Was ich doch muß.

MIRANDA

Wenn ihr euch setzen wollt,

Trag’ ich indes die Klötze. Gebt mir den!

Ich bring’ ihn hin.

FERDINAND

Nein, köstliches Geschöpf!

Eh sprengt’ ich meine Sehnen, bräch den Rücken,

Als daß ihr solcher Schmach euch unterzögt,

Und ich säh’ träge zu.

MIRANDA

Es stände mir

So gut wie euch, und ich verricht’ es

Weit leichter, denn mich treibt mein guter Wille,

Und eurem ist’s zuwider. [...] Ihr seht ermüdet aus.

FERDINAND

Nein, edle Herrin,

Bei mir ist’s früher Morgen, wenn ihr mir

Am Abend nah seid. Ich ersuche euch

(Hauptsächlich um euch im Gebet zu nennen)

Wie heißet ihr?

MIRANDA

Miranda. O mein Vater!

Ich hab’ euer Wort gebrochen, da ich’s sagte. [...]

Was für Gesichter anderswo es gibt,

Ist unbewußt mir; doch bei meiner Sittsamkeit,

Dem Kleinod meiner Mitgift! wünsch ich keinen

Mir zum Gefährten in der Welt, als euch;

Noch kann die Einbildung ein Wesen schaffen,

Das ihr gefiele, außer euch. [...]

FERDINAND

Den Augenblick, da ich euch sahe, flog

Mein Herz in euern Dienst; da wohnt es nun,

Um mich zum Knecht zu machen; euretwegen

Bin ich ein so geduld’ger Tagelöhner.

MIRANDA

Liebt ihr mich? [...]

FERDINAND

Weit über alles, was die Welt sonst hat,

Lieb’ ich und acht’ und ehr’ euch.

MIRANDA

Ich bin töricht,

Zu weinen über etwas, das mich freut. [...]

FERDINAND

Warum weint ihr?

MIRANDA

Um meinen Unwert; daß ich nicht darf bieten,

Was ich zu geben wünsche [...] Fort, blöde Schlauheit!

Führ’ du das Wort mir, schlichte, heil’ge Unschuld!

Ich bin euer Weib, wenn ihr mich haben wollt;

Sonst sterb ich eure Magd; ihr könnt mir’s weigern,

Gefährtin euch zu sein, doch Dienerin

Will ich euch sein, ihr wollet oder nicht.

(III, 1)

Gegen Ende des Stücks begegnet Miranda zum ersten Mal Ferdinands Vater und seinem Gefolge. Dabei spricht sie die berühmten Worte »Schöne, neue Welt«, die der Schriftsteller Aldous Huxley als Titel für seinen 1932 veröffentlichten Roman Brave New World verwendete, der das Szenario einer totalitären Dikatur entwirft:

MIRANDA

O Wunder!

Was gibt’s für herrliche Geschöpfe hier!

Wie schön der Mensch ist! Schöne, neue Welt,

Die solche Bürger trägt!

(V, 1)

In typischer Shakespeare-Manier wird ihre Sicht der Dinge sofort durch eine andere relativiert. Ihr Vater Prospero kommentiert ihren Ausruf trocken: »Es ist dir neu.«

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