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Mit fremdem Aug’ der Liebsten wählen

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Lysander und Hermia aus Ein Sommernachtstraum sind ineinander verliebt. Doch Hermias Vater Egeus möchte, dass Hermia Demetrius heiratet. Weigert sie sich, droht ihr nach dem Gesetz Athens, wo das Stück spielt, die Todesstrafe.

LYSANDER

Weh mir! Nach allem, was ich jemals las,

Und jemals hört’ in Sagen und Geschichten,

Rann nie der Strom der treuen Liebe sanft;

Denn bald war sie verschieden an Geburt –

HERMIA

O Qual! Zu Hoch, vor Niedrigem zu knien!

LYSANDER

Bald waren sie in Jahren mißgepaart –

HERMIA

O Schmach! Zu alt, mit jung vereint zu sein!

LYSANDER

Bald hing sie ab von der Verwandten Wahl –

HERMIA

O Tod! Mit fremdem Aug’ der Liebsten wählen!

LYSANDER

Und war auch Sympathie in ihrer Wahl,

So stürmte Krieg, Tod, Krankheit auf sie ein

Und macht’ ihr Glück gleich einem Schalle flüchtig,

Wie Schatten wandelbar, wie Träume kurz

Schnell, wie der Blitz, der in geschwärzter Nacht

In einem Winke Himmel und Erd entfaltet,

Doch eh ein Mensch vermag zu sagen: schaut!

Schlingt gierig ihn die Finsternis hinab:

So schnell verdunkelt sich des Glückes Schein.

HERMIA

Wenn Leid denn immer treue Liebe traf,

So steht es fest im Rate des Geschicks.

Drum laßt Geduld uns durch die Prüfung lernen,

Weil Leid der Liebe so geeignet ist,

Wie Träume, Seufzer, stille Wünsche, Tränen,

Der armen, kranken Leidenschaft Gefolge.

(I, 1)

Hermias Freundin Helena ist in Demetrius verliebt, der wiederum seinerseits in Hermia verliebt ist. Helena verzehrt sich vor Sehnsucht nach Demetrius und grübelt verzweifelt, warum Demetrius Hermia ihr vorzieht. Im Laufe des Stücks wird recht klar, dass Verliebtsein viel mit Einbildung zu tun hat und hauptsächlich im Kopf stattfindet.

HELENA

Wär mein die Welt, ich ließ damit euch schalten,

Nur diesen Mann wollt ich mir vorbehalten.

O lehrt mich, wie ihr blickt! Durch welche Kunst

Hängt so Demetrius an eurer Gunst?

HERMIA

Er liebt mich stets, trotz meinen finstern Mienen.

HELENA

O lernte das mein Lächeln doch von ihnen!

HERMIA

Ich fluch ihm, doch das nährt sein Feuer nur.

HELENA

Ach, hegte solche Kraft mein Liebesschwur!

HERMIA

Je mehr gehaßt, je mehr verfolgt er mich.

HELENA

Je mehr geliebt, je ärger haßt er mich.

HERMIA

Soll ich denn Schuld an seiner Torheit sein?

HELENA

Nur eure Schönheit: wär die Schuld doch mein!

HERMIA

Getrost! Ich werd ihm mein Gesicht entziehen.

Lysander wird mit mir von hinnen fliehen.

Vor jener Zeit, als ich Lysandern sah,

Wie schien Athen ein Paradies mir da!

Nun denn, wofür sind Reize wohl zu achten,

Die einen Himmel mir zur Hölle machten? […]

HELENA, alleine

Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten!

Ich werde für so schön als sie gehalten.

Was hilft es mir, so lang Demetrius

Nicht wissen will, was jeder wissen muß?

Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen,

Vergöttr’ ich ihn, von gleichem Wahn befangen.

Dem schlecht’sten Ding an Art und an Gehalt

Leiht Liebe dennoch Ansehn und Gestalt.

Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen,

Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen.

Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind. […]

Eh Hermia meinen Liebsten mußt’ entführen,

Ergoß er mir sein Herz in tausend Schwüren;

Doch, kaum erwärmt von jener neuen Glut,

Verrann, versiegte diese wilde Flut.

Jetzt geh ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen!

Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen.

Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß,

So kauf ich ihn um einen teuren Preis.

Doch will ich, mich für meine Müh zu laben,

Hin und zurück des Holden Anblick haben.

(I, 1)

Einfach Shakespeare

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