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Nichts von Gehn
ОглавлениеDas ausschweifende Leben als Liebespaar, das Antonius und Kleopatra in Ägypten führen, erregt die Missbilligung seiner beiden Mit-Triumvirn, Ocatvius Cäsar und Lepidus, mit denen er sich die Weltherrschaft teilt. Sowohl Cäsar als auch Antonius’ Ehefrau Fulvia fordern seine Anwesenheit in Rom, doch Antonius ist so sehr in Kleopatra vernarrt, dass er sich zunächst weigert, irgendwelche Boten aus Rom auch nur anzuhören. Das Schicksal Roms ist ihm gleichgültig.
ANTONIUS
Schmilz in die Tiber, Rom! Der weite Bogen
Des festen Reichs, zerbrich! Hier ist die Welt,
Thronen sind Staub: die kot’ge Erde nährt
Wie Mensch, so Tier: der Adel nur des Lebens
Ist, so zu tun: wenn solch ein liebend Paar,
Und solch Zwillings-Gestirn es darf: worin
(Bei schwerer Ahndung wisse das die Welt!)
Wir unerreichbar sind!
KLEOPATRA
Erhabne Lüge!
Wie ward Fulvia sein Weib, liebt’ er sie nicht?
So will ich Törin scheinen und nicht sein;
Anton bleibt stets er selbst.
ANTONIUS
Nur nicht, reizt ihn Kleopatra. Wohlan,
Zu Liebe uns’rer Lieb’ und süßen Stunden,
Nicht sei durch herb Gespräch die Zeit verschwendet.
Kein Punkt in unserm Leben, den nicht dehne
Noch neue Lust. Welch Zeitvertreib zu Nacht?
(I, 1)
Es ist Kleopatra, die Antonius drängt, die Boten anzuhören. Der Bote selbst zögert zunächst, Antonius die Wahrheit zu sagen.
BOTE AUS ROM
Der bösen Zeitung Gift macht krank den Boten.
ANTONIUS
Wenn er sie Narren und Feigen meldet: weiter!
Mir ist Geschehnes abgetan. Vernimm,
Wer mir die Wahrheit sagt und spräch’ er Tod,
Ich hört’ ihn an, als schmeichelt’ er. […]
Sprich dreist, verfeinre nicht des Volkes Zunge
[…]. Nur Unkraut tragen wir,
Wenn uns kein Wind durchschüttelt; und uns schelten,
Heißt nur rein jäten.
(I, 2)
Als Antonius schließlich erfährt, dass seine Ehefrau Fulvia tot ist und dass sie in seinem Namen Krieg geführt hat, entscheidet er sich, Kleopatra schweren Herzens zu verlassen – wenn auch nur vorübergehend. Sobald er von Fulvias Tod erfährt, stellt Antonius fest, dass ihre Abwesenheit sie wieder attraktiv macht.
ANTONIUS
Was wir verachtend oft hinweggeschleudert,
Das wünschen wir zurück: erfüllte Freude
Durch Zeitumschwung ermattet, wandelt sich
Ins eig’ne Gegenteil: gut ist sie nun, weil tot;
Nun reicht’ ich gern die Hand, die ihr gedroht.
Fliehn muß ich diese Zauberkönigin:
Zehntausend Wehn, und schlimmre, als ich weiß,
Brütet mein Müßiggang.
(I, 2)
Kleopatra macht Antonius den Abschied so schwer wie möglich.
KLEOPATRA
Sieh wo er ist, wer mit ihm, was er tut,
(Ich schickte dich nicht ab:) Findst du ihn traurig,
Sag ihm, ich tanze: ist er munter, meld ihm,
Ich wurde plötzlich krank. Schnell bring mir Antwort.
CHARMION
Fürstin, mir scheint, wenn ihr ihn wirklich liebt,
Ihr wählt die rechte Art nicht, ihn zur Liebe
Zu zwingen.
KLEOPATRA
Und was sollt’ ich tun und lass’ es?
CHARMION
Gebt immer nach, laßt euch von ihm nur führen.
KLEOPATRA
Törichter Rat! Der Weg ihn zu verlieren!
CHARMION
Versuch ihn nicht zu sehr: ich bitt’, erwägt,
Wir hassen bald, was oft uns Furcht erregt.
(I, 3)
KLEOPATRA
Nein, such nur keine Färbung deiner Flucht.
Geh, sag Lebwohl: als du zu bleiben flehtest,
Da galt’s zu sprechen: damals nichts von Gehn!
In unserm Mund und Blick war Ewigkeit,
Wonn’ auf den Brau’n, kein Tropfen Blut so arm,
Der Göttern nicht entquoll: und so ist’s noch,
Oder der größte Feldherr du der Welt,
Wurdest zum größten Lügner. […]
Wenn mich das Alter auch nicht schützt vor Torheit,
Doch wohl von Kinderei. […] Nicht Fulvias Tod beweinen,
Zeigt mir, wie leicht du einst erträgst den meinen. […]
O bitte, wende dich und wein um sie,
Dann sag mir Lebewohl, und sprich: die Tränen
Sind für Ägypten: spiel einmal als Meister
Ein Stück Verstellung, Lieber, das mißscheine
Als echte Ehre! […]
Höflicher Herr, ein Wort:
Wir beide müssen scheiden, doch das ist’s nicht,
Wir beide liebten einst, doch das ist’s auch nicht,
Das wißt ihr wohl – was war’s doch, das ich meinte?
O mein Gedächtnis ist ein rechter Antonius,
Und ich bin ganz vergessen!
ANTONIUS
Wär’ nicht Torheit
Die Dien’rin deines Throns, so hielt ich dich
Für Torheit selbst.
KLEOPATRA
O schwere Müh’ des Lebens,
Dem Herzen nahe solche Torheit tragen,
Wie diese ich! Doch, teurer Freund, vergib mir,
Denn Tod bringt mir mein Treiben, wenn es dir
Nicht gut ins Auge fällt. Dich ruft die Ehre,
Hör’ denn auf meinen eitlen Wahnsinn nicht!
Und alle Götter mit dir! […]
ANTONIUS
Es flieht zugleich und weilet unsre Trennung:
Denn du, hier thronend, gehst doch fort mit mir,
Und ich, fortschiffend, bleibe doch mit dir.
(I, 3)