Читать книгу Einfach Shakespeare - William Shakespeare - Страница 21
Verrückt aus Liebe?
ОглавлениеOphelia ist in Hamlet verliebt, der ihr ebenfalls seine Liebe geschworen hat. Doch dann befiehlt Ophelias Vater Polonius ihr, sich von Hamlet fernzuhalten. Er fürchtet, dass Hamlet Ophelia nur verführen, sie aber nicht heiraten will – oder aufgrund seiner Position als möglicher Thronfolger gar nicht heiraten kann. Bei der darauffolgenden Begegnung zwischen Hamlet und Ophelia verhält Hamlet sich seltsam. Polonius denkt, seine Sehnsucht nach Ophelia habe ihn in den Wahnsinn getrieben.
OPHELIA
Als ich in meinem Zimmer näht’, auf einmal
Prinz Hamlet – mit ganz aufgerißnem Wams,
Kein Hut auf seinem Kopf, die Strümpfe schmutzig
Und losgebunden auf den Knöcheln hängend;
Bleich wie ein Hemde, schlotternd mit den Knien;
Mit einem Blick, von Jammer so erfüllt,
Als wär er aus der Hölle losgelassen,
Um Gräuel kundzutun – so tritt er vor mich.
POLONIUS
Verrückt aus Liebe?
OPHELIA
Herr, ich weiß es nicht,
Allein ich fürcht es wahrlich. [...]
Er griff mich bei der Hand und hielt mich fest,
Dann lehnt’ er sich zurück, so lang sein Arm;
Und mit der andern Hand so überm Auge,
Betrachtet er so prüfend mein Gesicht,
Als wollt er’s zeichnen. Lange stand er so;
Zuletzt ein wenig schüttelnd meine Hand,
Und dreimal hin und her den Kopf so wägend,
Holt er solch einen bangen tiefen Seufzer,
Als sollt’ er seinen ganzen Bau zertrümmern,
Und endigen sein Dasein. Dies getan,
Läßt er mich gehn: und über seine Schultern
Den Kopf zurückgedreht, schien er den Weg
Zu finden ohne seine Augen; denn
Er ging zur Tür hinaus ohn’ ihre Hülfe,
Und wandte bis zuletzt ihr Licht auf mich. [...]
POLONIUS
Dies ist die wahre Schwärmerei der Liebe,
Die, ungestüm von Art, sich selbst zerstört,
Und leitet zu verzweifelten Entschlüssen
So oft als irgend eine Leidenschaft,
Die unterm Mond uns quält.
(II, 1)
Als Polonius dem König davon berichtet, liest er ihm einen Liebesbrief von Hamlet an Ophelia vor, um seine Theorie zu untermauern, dass Hamlet aus Liebe verrückt geworden sei. Dieser Brief ist sicher der berühmteste in Shakespeares Werk.
POLONIUS
»An die himmlische und den Abgott meiner Seele, die reizerfüllteste Ophelia.« – Das ist eine schlechte Redensart, eine gemeine Redensart; reizerfüllteste ist eine gemeine Redensart. Aber hört nur weiter: »An ihren trefflichen zarten Busen diese Zeilen« und so fort. [...]
»Zweifle an der Sonne Klarheit,
Zweifle an der Sterne Licht,
Zweifl’, ob lügen kann die Wahrheit,
Nur an meiner Liebe nicht.
O liebe Ophelia, es gelingt mir schlecht mit dem Silbenmaße; ich besitze die Kunst nicht, meine Seufzer zu messen, aber daß ich dich bestens liebe, o Allerbeste, das glaube mir. Leb wohl.
Der Deinige auf ewig, teuerstes Fräulein, solange
Diese Maschine ihm zugehört.
Hamlet.«
(II, 2)
Am Ende des Stücks ist es jedoch genau umgekehrt: Hamlets Liebesentzug treibt Ophelia in den Wahnsinn, sie wird verrückt und ertrinkt, möglicherweise durch Selbstmord.