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1.FREIHEIT ODER: WIE WIRD AUS DEM BEDÜRFNIS NACH AUTONOMIE EINE UNTERNEHMERISCHE LEITLINIE?

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Man soll nicht von sich auf andere schließen, heißt es bekanntlich. Ich muss gestehen, dass ich diesen Ratschlag schon früh missachtet habe. Das war, glaube ich, eine der besten Entscheidungen meines beruflichen Lebens.

Mein großer Traum als Jugendlicher war es, Architekt oder Städteplaner zu werden. Mit dem Blick von heute kann man wohl sagen, dass schon früh eine gewisse Gestaltungslust in mir steckte, auch wenn diese sich später auf ganz andere Weise Bahn brechen sollte. Was mich reizte, waren zutiefst menschliche Fragen, die eng mit der Planung von urbanem Leben verknüpft sind: Wie organisiert sich eine Gesellschaft und wie entsteht ihre Öffentlichkeit? Wie wollen ihre Mitglieder miteinander kommunizieren und zueinander finden? Auf welchen Flächen können sie ihre gesellschaftliche Diskussion austragen? Meine philosophische Neigung konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich kein Musterschüler war. Und so wurde es mit meinem ziemlich schlechten Abitur nicht gerade leicht, einen Studienplatz zu ergattern. Ich musste zwei Jahre warten. Also studierte ich erst einmal Kunstgeschichte, Philosophie und Zeitungswissenschaft in München. Quasi als Überbrückung, sagte ich mir. Eine Zulassung zum erträumten Architekturstudium erhielt ich schließlich in Berlin. Sonst hätte es für mich keinen Grund gegeben, dorthin zu gehen. Wie das manchmal so mit Träumen ist, platzte meiner nach vier Semestern und einer Zwischenprüfung. Kurse wie »Computergestützte Optimierung der Nasszellenplanung im Sozialen Wohnungsbau« ließen meine Faszination erkalten. Mein vermeintlicher Lebenstraum, durch Architektur gesellschaftliche Ordnung herzustellen, war in der trüben Realität angekommen. Stattdessen hatten die Semester in München mein Interesse an journalistischer Arbeit geweckt. Mein gedanklicher Schwerpunkt an der Freien Universität Berlin verschob sich mehr und mehr auf das parallel angefangene Publizistikstudium bei Harry Pross, dem großen Publizistikwissenschaftler, dessen Sicht auf die Verantwortung des Journalismus stark von seinen Erfahrungen mit der antikommunistischen McCarthy-Hetze in den USA geprägt war.

Pross hatte Laborseminare eingerichtet, die mich besonders begeisterten: Spitzenleute aus der publizistischen Praxis kamen zu Besuch an die Uni und vermittelten uns Studenten, wie konkrete Medienprodukte gemacht wurden. Oft genug durften wir uns selbst an den authentischen Herausforderungen einer Zeitungsoder Fernsehredaktion versuchen. Einer dieser Gastdozenten war Hanns Werner Schwarze, der damals das Berliner ZDF-Studio leitete, außerdem Redaktionsleiter und Moderator des politischen Magazins Kennzeichen D war und als mächtiger TV-Mann galt. Er nahm sich die Zeit, mit uns eine komplette Ausgabe seines Formats zu gestalten. Wir planten Themen, recherchierten Fakten, drehten Beiträge und schrieben Kommentartexte. Als einzige Magazinsendung im deutschen Fernsehen griff Kennzeichen D in den 1970er-Jahren regelmäßig Themen beider deutscher Staaten auf, um so Verständnis beim Zuschauer für das Leben im jeweils anderen Deutschland zu wecken. Natürlich bekamen die ZDF-Zuschauer unsere Übungssendung nicht zu sehen.

Hanns Werner Schwarze aber sollte für mich zum ersten Wegbereiter meiner Fernsehlaufbahn werden. Gegen Ende des Studiums machte ich die frustrierende Erfahrung, keinerlei Aussicht auf einen Job zu haben. Meine Magisterarbeit hatte ich über Fernsehkritik im Fernsehen geschrieben, eine umfassende politisch-soziologische Studie zu der Frage, wie das Medium mit sich selbst umgeht und wie es seinem öffentlich-rechtlichen Anspruch besser genügen könnte. Ich schrieb mehr als 50 Bewerbungen an die verschiedensten Medienunternehmen. Ich wartete und wartete, doch vergeblich – es kam nicht eine einzige Antwort. Es gab nichts, was mich in Berlin hielt. Also kündigte ich meine Wohnung und zog zurück in meine Heimat Stuttgart. Da rief eines Tages völlig unerwartet Schwarze an. »Herr Bauer, warum bewerben Sie sich denn gar nicht bei mir?«, begann er das Gespräch. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich den Eindruck vermeiden wollte, die Beziehung zu einem meiner ehemaligen Seminarleiter auszunutzen. »Jetzt haben Sie sich mal nicht so«, berlinerte er los. »Sie würden gut bei uns reinpassen. Kommen Sie mal vorbei!« So fuhr ich wieder nach Berlin. Und blieb.

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