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b) Die Gefahrenvorsorge

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Zur Aufgabe der Gefahrenabwehr gehört auch die Gefahrenvorsorge[7]. Dabei wird der Staat bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr[8] aktiv, die zwar zum Zeitpunkt des Handelns noch nicht vorliegt, die aber später entstehen kann. Durch das staatliche Handeln soll in diesem Fall entweder das spätere Entstehen einer Gefahr verhindert oder zumindest deren wirksame Bekämpfung ermöglicht werden (s. dazu Rn 76). Die Gefahrenvorsorge umfasst auch die Verhütung von Straftaten, bei der noch keine konkrete Gefahr vorzuliegen braucht[9]. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Bekämpfung konkreter Gefahren und wird traditionell ebenfalls der Aufgabe der Gefahrenabwehr zugerechnet. Die allgemeine Gefahrenvorsorge unterfällt damit der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder für das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht[10]. Allerdings können daraus, dass die Gefahrenvorsorge zur Aufgabe der Gefahrenabwehr gehört, keine Eingriffsrechte der Polizei- bzw Ordnungsbehörden abgeleitet werden. Ein Eingriff auf Grund der polizei- und ordnungsrechtlichen Ermächtigungsnormen erfordert vielmehr idR (zumindest) das Vorliegen einer konkreten Gefahr (s. unten Rn 75). Soweit der Gesetzgeber ausdrücklich Eingriffsbefugnisse anordnet, die schon im Vorfeld einer konkreten Gefahr, also im Bereich der Gefahrenvorsorge, liegen (s. dazu iVm der Schleierfahndung Rn 133 f; iVm der Videoüberwachung Rn 204), müssen diese Regelungen anhand des Übermaßverbots (dazu Rn 412) streng überprüft werden. Sie sind allerdings – wie das BVerfG[11] zu Recht annimmt – nicht schon deswegen verfassungsrechtlich unzulässig, weil sie für ein polizeiliches Tätigwerden geringere Anforderungen stellen, als dies traditionell sonst bei der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung der Fall ist. Ein polizeiliches Tätigwerden erfordert dort sonst grundsätzlich eine konkrete Gefahr (Gefahrenabwehr) bzw einen Anfangsverdacht (Strafverfolgung).

Durch eine Vielzahl neuerer Gesetze mit kriminalpräventivem Charakter, die eine Handlung bereits dann unter Strafe stellen, wenn sie in (weitere) Straftaten des Handelnden und/oder Dritten einzumünden droht, hat sich freilich die Grenze zwischen der Gefahrenvorsorge und der Abwehr konkreter Gefahren zugunsten Letzterer verschoben. Polizeiliche Eingriffsmaßnahmen kommen damit bereits dann in Betracht, wenn die Verwirklichung des Tatbestands einer kriminalpräventiven Norm konkret droht. Damit erweitern sich die polizeilichen Handlungsbefugnisse bereits ohne Änderung polizeilicher Normen erheblich[12].

Polizei- und Ordnungsrecht

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