Читать книгу Etwas abseits von der Norm. - Wolfgang Dieter Schreyer - Страница 40
W a h n
ОглавлениеBei Betroffenen, die ähnlich wie ich schon einmal eine imaginäre (krankhafte) Gottesoffenbarung erfahren haben, stellt sich sicherlich bei der absoluten Mehrheit im Nachhinein heraus, dass es sich dabei wohl eher um eine Halluzination als um eine Offenbarung gehandelt hat. Aber es gibt ja auch heutzutage eine sogenannte ´Neuzeitliche Gottesprophetin` mit Namen Gabriele W., die von sich behauptet, sie sei mit dem kosmischen Bewusstsein des Ewigen Gottes durch Lichtstrahlen vernetzt.
Dadurch könne sie mit Gott direkt kommunizieren und die Botschaft seiner Gedanken und
Forderungen an die Menschheit direkt empfangen. Für ihre Anhänger steht sie damit in der
Nachfolge der alttestamentarischen Propheten. Ich möchte mir nicht anmaßen, dies als eine ausgesprochene Scharlatanerie zu bezeichnen, aber auf jeden Fall lässt sich mit diesen göttlichen Weisungen aus dem Kosmos, bei einem zusätzlich vorhandenen ausgeprägten kommerziellen Instinkt, ein recht ansehnliches, florierendes Wirtschaftsimperium aufbauen.
Gespräche mit Gott oder inbrünstige Gebete zur Muttergottes Maria sind m.E. immer Gespräche mit sich selbst, mit seinem eigenen Innern. Für jede innerlich erhoffte Erfüllung von Vorstellungen, Erwartungen sowie von Wünschen, die einen im Übermaß bedrängen und sich intensiv äußern, werden die Antworten nicht von außen gesprochen, sondern sie werden von sich selbst auf sich selbst projiziert (eingebildet). Die gehörten wegweisenden Stimmen oder Offenbarungen, wie sie in der Bibel zuhauf vorkommen, können, wie bei einer Halluzination oder bei einer Fata Morgana, durchaus bewusst wahrgenommen werden.
Für die davon Betroffenen, die sich meistens in einer psychologischen Drucksituation befinden, sind das subjektiv tatsächlich reale, zumindest real erscheinende, Phänomene, die aber in Wahrheit natürlich auf eingebildeten Täuschungen beruhen, wie z.B. geschehen bei der Jungfrau von Orleans, Jeanne d´Arc, die aufgrund der sie beeinflussenden göttlichen Stimmen in unerschütterlicher Weise schier übermenschliche Taten verbrachte, um ihren König und Frankreich von englischer Vorherrschaft zu befreien.
Die Jungfrau von Orleans, Jeanne d´Arc, ist für mich ein Musterbeispiel für Verquickung von Politik und Religion. Sie wurde exkommuniziert, der Irrlehre und der notorischen Ketzerei angeklagt und verurteilt. Aus politischem Kalkül wurde sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt und ihre Asche in die Seine gestreut, damit keine Reliquienreste von ihr nachträglich geborgen werden konnten. Später wurde das Urteil von der Kurie revidiert und Jeanne d´Arc wurde sogar zur Märtyrerin erklärt.
Jahrhunderte später wurde sie selig gesprochen, und seit 1920 gilt sie durch Papstentscheid offiziell als Heilige. Von Jungfrau und Gotteslästerin zur Ketzerin, von der Märtyrerin zur Seligen und schließlich zur Heiligen. Was für eine einzigartige, wechselhafte Karriere für eine Frau. Und das alles im Namen Gottes.
Ich selbst habe damals eine, wie mir schien, fremd gesteuerte Weisung erhalten, als
barmherziger Samariter durch die Lande zu ziehen, die ich beinahe mit dem Tod
bezahlt hätte.
WS 092012