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7. Dezember 1990

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Vor einem Jahr formulierte es der Vorsitzende ›meiner‹ Gewerkschaft (GEW), Dieter Wunder (in den Gewerkschaftlichen Monatsheften 12/1989): »Für die Gewerkschaften gibt es keinen Grund mehr, ihren Beschlüssen die Vorstellung einer alternativen Gesellschaftsordnung zugrunde zu legen – es gibt derzeit keine realistische Vorstellung einer wünschenswerten Alternative.« Als wäre in Gestalt der DDR eine solche wünschenswerte Alternative untergegangen! Das ist blanker Opportunismus. Dass es keine realistische Vorstellung gibt, stimmt, galt aber schon zuvor.

Die Rechtskonservativen machten ihr Dezemberheft von 1989 mit einer Grabinschrift auf: »Karl Marx – geboren 1818 – gestorben 1989«. Ich hatte immer geglaubt, er sei 1883 gestorben. Auch sie denken auf Staatsmacht hin.

Wie anders Georges Labica, der in der Zeitschrift »M« vom März/ April 1990 die Frage stellt: »Le communisme enfin possible?« Freilich tappen wir im Dunkeln, sehr weit weg von weitergehenden Hoffnungen auf Umgestaltung. Auch wenn im Kontext unserer Landesgeschichte, wie Ulrich Sonnemann Anfang des Jahres gesagt hat, »eine Volksrevolution, die eine Staatsmacht stürzt, nichts Geringeres als ein Novum von abenteuerlich befreiender Heiterkeit und Brisanz ist« (Diskus 1/90, 9). Jetzt scheint Bier- & Bananenernst an die Stelle getreten.

Auf solcherlei Gedanken komme ich, weil ich auf- und wegräume: das zur Verwendung im Perestrojka-Journal bestimmte Material, das liegen blieb und von immer neuem Material überschichtet wurde. »Eine Zeit des Umbruchs und der Erneuerung des Sozialismus in der DDR« – das waren die ersten Worte des Leitartikels von Gretchen Binus im Januarheft der IPW-Berichte. Blicke zurück, und du wirst zur Salzsäule.

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