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16. November 1990

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Svetlana und Alexander Askoldow werden sich als Gäste der Akademie der Künste für einige Monate in Berlin aufhalten. Gestern Abend statteten wir ihnen einen ersten kurzen Besuch ab. Der Schrecken und die Angst des sowjetischen Zerfalls sprechen aus ihnen. Schon an der Wohnungstür hörten wir, dass es in Moskau kein Salz und keine Streichhölzer mehr gibt.

Frigga bemerkte die mimetische Sprechweise von Alexander, der mit den Händen gestaltet und nicht nur mit dem Gesicht, sondern mit dem ganzen Körper ausdrückt, was er sagt. Vielleicht desto mehr, als er weiß, dass wir kaum russisch verstehen und auf die englische Übersetzung Svetlanas angewiesen sind.

Sie machen Gorbatschow zum Clown, sagte er. Alles, was Gorbatschow tut, ist von vorneherein durchkreuzt. Die heutige, vom Obersten Sowjet gegen Gorbatschows Willen verlangte Rechenschaft erwarten sie mit hoffnungsloser Verzweiflung.

Jelzin schildern sie als ziemlich üblen Demagogen, der auch im Alltäglich-Mitmenschlichen mies sei, wie im Suff jederzeit herauskomme. Wir verstehen nicht nur Kritik an J., sondern spüren wieder einen Hauch vom heillosen Auseinanderfallen, das derzeit für die russischen Verhältnisse so charakteristisch ist. Die Askoldows deuteten sogar eine Art von »Verrat« seitens Jakowlews an, weil dieser mit Jelzin nach dessen Parteiaustritt gesprochen und ihm die Hand gedrückt habe.

Als ich Alexander das »Perestrojka-Journal« überreiche und erkläre, was ich darin versucht habe, sagt er mehrfach, er hätte ähnliches tun müssen, Theorie und Interpretation aufschiebend, einfach täglich verzeichnen, was geschieht.

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