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2. Juni 1991

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Das Ende der DDR eine »Implosion« (Kossok).

Der konstanzer Jurist Bernd Rüthers (»Im Zwischenreich der Gleichen«, FAZ, 18.5.91) denkt über die »Verbände« (die Interessengruppen) nach, deren »Herrschaft« Theodor Eschenburg in den 50er Jahren angeprangert hat. Barbier im Vorspann dazu (und ich stelle mir vor, wie der Analytiker des »integralen Staates«, Gramsci, das gelesen haben würde): »Mit den polaren Begriffen ›Staat‹ und ›Bürger‹ ist die Mechanik der politischen Willensbildung […] nicht zu fassen« (einigen Schmu lasse ich weg). »Die gelebte Verfassung stützt sich auf Elemente und Verbindungsstücke zwischen diesen Polen – auf Information und Wissensübertragung, auf informelle und formalisierte Methoden der Abstimmung, auf die Tuchfühlung von Kollektiven, die […] den Bürgern Gelegenheit bieten, im Vorraum der Politik ihre Interessen zu bündeln.« Auch wenn er die Gewerkschaften mitmeint: »Bürger« kommt hier zu seinem kategorialen Recht, denn eigentlich spricht er über Lobbys, und »Vorraum der Politik« ist längst über das Antichambrieren hinaus. Für Barbier sind die Verbände eine funktionale Notwendigkeit, um »das bisweilen chaotisch wabernde Willensgeflecht der Menge aller Bürger« in Richtung auf ein »als halbwegs geordnete Zielfunktion artikulierbares Wollen der Gesamtheit« vorzustrukturieren (für hegemoniefähige Positionen in Stellung zu bringen). Dabei beschränken sich die Verbände nicht auf die Funktionen von »Filtern oder Verstärkern«, sondern »sie selbst sind Generatoren zusätzlicher Wünsche und Forderungen. Sie kanalisieren Widersprüche, aber sie beseitigen sie nicht im Sinne der Ermittlung eines allgemein akzeptierten Nullsaldos der Verteilungsansprüche in den Kategorien der Macht oder des Geldes.«

Rüthers hält die »staatsfreien Verbände« für eine Besonderheit liberaler Verfassungsstaaten und behauptet: »Autoritäre und totalitäre Systeme beseitigen ausnahmslos alsbald die lästige Konkurrenz außerstaatlicher Machtzentren«. Verkennt in dieser Allgemeinheit völlig die Herrschaftsstruktur autoritär-kapitalistischer Staaten, selbst faschistischer. In der BRD gebe es rund 15 000 Interessenverbände. Für den Erfolg eines Verbandes sei entscheidend »die Überzeugungskraft seines strategischen Langzeitkonzeptes«. Personifiziert sei sie in ihren »heute meist akademisch gebildeten Führungseliten« bzw. »akademischen Stabseliten«. Gleiches gelte für die Gewerkschaften. Fähigkeit zur Selbstkritik nennt Rüthers als weitere Erfolgsbedingung. »In ihrer Vielfalt streben die organisierten Interessen der Gesellschaft zu den Hebeln politischer Macht […]: im Parlament, in den Parteien, von der Exekutive und von der Justiz.« Die Instrumentarien ihrer Einflussnahme sind »unvorstellbar vielfältig«. Öffentlich vertreten sie zumeist »nicht die höchst materiellen Verbandsziele«, sondern »etikettieren und propagieren dieses sehr partielle Eigenwohl gern als Gemeinwohl«. Intern müssen sie aus Interessenvielfalt und Konkurrenzen ein »vertret- und durchsetzbares ›Gesamtinteresse‹ destillieren«, um sie »operationabel« zu machen.

Das Korporative als »eiserne Grenze« sowohl der Individualitäten als auch der Anwandlungen zu wirklicher Allgemeinheit. Rüthers entwirft ein Bild des »Hauptgeschäftsführer« als des kunstvoll-diskreten Herrschers im Verband. Dieser Abschnitt (der längste) eigentümlich fad und rührselig, als habe er ihn für einen imaginären Verband solcher Hauptgeschäftsführer geschrieben.

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