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4. Juni 1991

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Helga Grebing hält die Fahne des »demokratischen Sozialismus« hoch (»Warum Sozialdemokraten am Sozialismus festhalten müssen«, FR, 26.4.). Auf diese Orientierung zu verzichten, »käme einem Verrat der Sozialdemokratie an ihrer Geschichte gleich« und hieße »zuzugeben, dass man insgeheim dann doch wohl das kommunistische Regime […] für den eigentlichen Sozialismus gehalten hat«. Sie weist die Bezeichnung »Sozialismus an der Macht« für das Untergegangene zurück und spricht vom »totalitär-bürokratischen Kommunismus«. Die Sozialdemokratie habe mit den Kommunisten ein »ökonomistisches Paradigma« geteilt, das jetzt erledigt sei. Auch »das ökonomische System, das sich auf einen einseitig interpretierten Marxismus-Begriff gründete, ist gescheitert; Sozialismus kann offensichtlich in kapitalistisch noch nicht voll entwickelten Gesellschaften […] gar nicht möglich sein.« Auch wenn bei uns ein »sozial erheblich temperierter Kapitalismus« herrsche, bleibt »die ökonomische Grundstruktur der Gesellschaft eine kapitalistische«, auch gebe es »noch keine Alternative zu einer mit Marx’ Ideen gesättigten Kapitalismus-Kritik«. Demokratischen Sozialismus artikuliert Grebing als regulative Idee möglichst allseitiger Demokratisierung. Mit Gorz unterscheidet sie Abschaffung von Aufhebung des Kapitalismus. Ihre Haltung nicht schlecht. Darauf zurückzukommen.

Bei Aufräumversuchen stoße ich auf einen Artikel von Peter Scherer (Sozialismus 10/1990), der »eine neue politische Eiszeit ankündigt: Die bipolare Welt verändert sich zur polaren.« Er sieht einen »Arktischen Block« zwischen USA und SU kommen, dessen Dimensionen »sowohl Japan als auch Europa zu einer Art gewerbefleißiger Stadtstaaten heruntersinken« lassen würden. Die (wenig rosige) Alternative dazu wäre, dass »der westeuropäische Imperialismus dem Osten des Kontinents sich in ähnlicher Weise ›anschließen‹ kann, wie es das westliche Deutschland derzeit mit dem östlichen tut«. – Ein Zeugnis für den Schock, den der Zusammenbruch des Ostblocks bewirkt: der als instabil erfahrenen Welt wird alles Mögliche zugetraut.

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