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1 64 Jahre Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung

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Wenn dieses Buch erscheint, befinden wir uns im 64. Jahr nach der ersten großen Rentenreform des Jahres 1957. Insgesamt kann die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland seit 1889 bereits auf eine 132-jährige Geschichte zurückblicken. Dass es sich dabei um eine Erfolgsgeschichte handelt, ist durch die Fakten belegt. Hervorzuheben sind insbesondere die Sicherheit und Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gesetzliche Rente hat außergewöhnliche Krisensituationen in ihrer langjährigen Geschichte mit Bravour gemeistert.

Keiner der heute 30- bis 60-Jährigen, aber auch wenige Ältere können sich heute noch die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ausmalen, die von der Bevölkerung während und nach den beiden Weltkriegen zwischen 1914 und 1918 sowie zwischen 1939 und 1945 zu bewältigen waren.

Selbst die Hyperinflation des Jahres 1923 in der Weimarer Republik, eine der stärksten Geldentwertungen, die eine der großen Industrienationen in der Neuzeit je erleben musste, konnte der Rentenversicherung etwas anhaben. Die Weltwirtschaftskrise 1929, die die sog. „Goldenen Zwanziger Jahre“ beendete, und die Währungsreform 1948 mit Einführung der DM konnten das Leistungsgefüge der Rentenversicherung ebenfalls nicht erschüttern.

Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung war bis 1956 auf ein Anwartschaftsdeckungsverfahren gegründet. Danach sollten aber die Rentenzahlungen ursprünglich keine Lohnersatzfunktion besitzen, sondern lediglich einen Zuschuss zum Lebensunterhalt darstellen.

Wie war es möglich, unser Rentensystem durch eine Vielzahl von Reformen immer up to date zu halten? Als besonderen Vorteil für die Entwicklung einer modernen Rentenversicherung hat es sich dabei erwiesen, dass die im Sozialgesetzbuch vorgesehene SelbstverwaltungSelbstverwaltung der Rentenversicherungsträger, die gesetzgebenden Körperschaften und die sie tragenden Parteien, die Verbände und die Gewerkschaften, Organisationsstruktur, Leistungsumfang und Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung vorausschauend und flexibel an die grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzungen in der Bundesrepublik anpassen konnten. Themen dieses Paradigmenwandels sind z.B. die überwundene Stagnation unserer volkswirtschaftlichen Entwicklung als Folge der Globalisierung und offener Märkte, der Geburtenrückgang, das ständig steigende Lebensalter und die damit sich verändernde Altersstruktur der Rentenversicherten und Leistungsempfänger.

Heute, nach Inkrafttreten der letzten großen Reformen mit Anhebung der RegelaltersgrenzeRegelaltersgrenze vom 65. auf das 67. Lebensjahr sowie der Rentenpakete 2014 und 2018 steht das bundesdeutsche Rentensystem wieder auf stabilen Füßen. Die Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung beträgt Ende 2020 mit mehr als 36 Milliarden € noch 1,53 Monatsausgaben. Trotz der einzupreisenden Auswirkungen der Corona-Pandemie, die uns 2020 vor große Herausforderungen in jeglicher Hinsicht gestellt hat, ist das ein gutes Ergebnis. Der unumgängliche Lockdown aufgrund des Corona-Virus führte 2020 auf dem Arbeitsmarkt zu einem Rückgang der Zahl der Beschäftigten, einem dramatischen Anstieg der Zahl der Kurzarbeiter und einer Zunahme der Arbeitslosigkeit. Der Rentenbeitragssatz kann zwar trotz angespannter Einnahmesituation zunächst bei 18,6 Prozent gehalten werden. Dennoch zeichnen sich heute schon moderate Beitragssatzsteigerungen ab 2023 ab. Die Krise ist auch bei den Rentnern angekommen. Eine Rentenanpassung im Jahr 2021 findet nicht statt. Für Kurzarbeitergeld werden zwar Rentenbeiträge gezahlt, aber dies ist kein Entgelt, das in die Berechnung der Rentenanpassung für 2021 eingeht. Hier wirkt sich die rückläufige Lohnentwicklung des Vorjahres direkt auf die Rentenanpassung aus. Die Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung werden nach der letzten Finanzschätzung in den kommenden Jahren kontinuierlich abschmelzen und voraussichtlich im Jahr 2023 die Untergrenze von 0,2 Monatsausgaben erreichen. Beitragssatzsteigerungen sind dann ohnehin unvermeidlich.

Was waren nun in den letzten 64 Jahren die Highlights der bundesdeutschen Sozialpolitik, die der gesetzlichen Rentenversicherung ihr Gepräge gaben?

Am Anfang stand die grundlegende Rentenreform des Jahres 1957, mit der die gesetzliche Rentenversicherung mit so viel Energie aufgeladen wurde, dass sie ihre herausragende sozialpolitische Bedeutung bis in die Gegenwart hinein bewahren konnte.

Die Rentenberatung

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