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Ästhetische erste Hilfe

Problem: Soforthilfe bei mangelnder dentaler Ästhetik

Sehr häufig kommen Patienten in unsere Praxis und äußern den dringenden Wunsch nach einer sofortigen Verbesserung ihrer dentalen Ästhetik. Meist liegt eine Verfärbung, ein Diastema, ein Zahnfehlstellung, eine Abrasion oder eine traumabedingte Fraktur vor. Bei einer Fraktur lassen sich Form, Farbe und Funktion des Zahnes mit einem Kantenaufbau oder einer provisorischen Krone schnell wiederherstellen. Doch wie können wir bei einer Verfärbung, einer Zahnfehlstellung oder einem Diastema erste Hilfe leisten, wenn für den Patienten ein Familienfest, ein wichtiger öffentlicher Auftritt, ein Fototermin o. Ä. ansteht? Oft ist bei den Betroffenen eine aufwändige Therapie einschließlich funktionsanalytischer, kieferorthopädischer und restaurativer Maßnahmen erforderlich. Aber der wichtige Anlass steht unmittelbar bevor, und dies war die Motivation, uns jetzt aufzusuchen und um sofortige Hilfe zu bitten.

Die erprobte Lösung: Erste Hilfe mit Kompositrestaurationen

Seit Anfang der 1980er Jahre stehen uns das Material und die Methode der Kompositrestauration zur Verfügung. Da sie seither laufend verbessert wurden, können wir mit ihnen sowohl dauerhaft restaurieren als auch – wie hier gewünscht – dentale Soforthilfe leisten. Im letzteren Fall sollte man den Patienten jedoch stets darüber aufklären, dass für eine dauerhafte Lösung anschließend eine umfangreichere Therapie notwendig ist, besonders wenn die Probleme funktionell, parodontal, prothetisch oder fehlstellungsbedingt sind.

Die in den Abbildungen 1a und b gezeigte Patientin mit einem Diastema konnte zügig und ohne großen Aufwand sofort versorgt werden. Auch Zahnachsenfehler lassen sich häufig schnell korrigieren (Abb. 2a und b), und Gingivarezessionen an Implantaten können zumindest kaschiert werden (Abb. 3a und b). Bei Deckbisspatienten erfordert die Korrektur schon etwas mehr Aufwand (Abb. 4a und b).

Abb. 1a und b Diastema vor (a) und nach (b) Lückenschluss

Abb. 2a und b Zahnachsenfehler vor (a) und nach (b) Korrektur

Abb. 3a und b Gingivarezession vor (a) und nach (b) Korrektur

Abb. 4a und b Deckbiss vor (a) und nach (b) Korrektur

Wenn aber, wie bei dem im Folgenden vorgestellten Fall, der Wunsch nach einer sofortigen Beseitigung einer Zahnfehlstellung und einer starken Verfärbung aus Anlass eines wichtigen Familienfestes mit Fototermin an den Behandler herangetragen wird, ist eine Sofortversorgung bedeutend schwieriger und aufwändiger durchzuführen (Abb. 5 bis 7). Die Art und Weise der restaurativen ersten Hilfe soll Schritt für Schritt erläutert werden.

Abb. 5 Die Patientin wünscht ästhetische erste Hilfe


Abb. 6 Frontalansicht der Ausgangssituation

Abb. 7 Okklusalansicht des frontalen Engstandes

Problemanalyse

Bei der Patientin lagen folgende Probleme vor:

 Zahn 11 durch Wurzelkanalfüllung stark verfärbt;

 frontaler Engstand im Oberkiefer;

 Zahn 11 in Stufenstellung zu den Zähnen 12 und 21 nach innen geneigt;

 Achsenfehlstellung der Zähne 11 und 21.

Plan für die Sofortversorgung

Die Behandlungsplanung sah folgende Schritte vor (Abb. 8):


Abb. 8 Planung der Sofortversorgung

1 direktes Veneer auf Zahn 11 zur Korrektur der Zahnfarbe und der Kippung;

2 interne Füllung Zahn 11 zur Aufhellung palatinal;

3 Versuch, die Zahnachsen im frontalen Engstand durch ästhetisches Beschleifen so gut wie möglich zu korrigieren;

4 Füllung mesial an Zahn 21 erneuern;

5 mesiale Ecke an Zahn 12 konturieren;

6 eventuell dünne Auflage auf Zahn 22 und zervikal die Verfärbung abpolieren.

Ablauf der Sofortversorgung

 Nach lokaler Anästhesie werden als Erstes die Dentin- und die Schmelzfarbe bestimmt, damit die Assistenz die entsprechenden Kompositfarben bereitstellen kann.

 Anschließend wird die verfärbte Füllung beim Zahn 21 entfernt und die Achsenstellung durch Beschleifen der distalen Kontur verbessert (Abb. 9). Dabei sollte das Ergebnis immer wieder aus einigem Abstand betrachtet und bewertet werden.Abb. 9 Entfernung der verfärbten Füllung und Achsenkorrektur durch Beschleifen der distalen Kontur

 Beim Zahn wird ein Retraktionsfaden in den Sulkus eingebracht (Abb. 10). Dies sollte mit dem Spatel auf rotierende Weise geschehen.Abb. 10 Der Retraktionsfaden wird gelegt

 Mit einem torpedoförmigen Diamantschleifer wird der Zahn unter Abhaltung der marginalen Gingiva mit einem Spatel präpariert (Abb. 11 und 12).Abb. 11 Präparation des Zahnes 11– Abhalten der Gingiva mit einem FüllspatelAbb. 12 Okklusalansicht der Präparation

 Danach wird die Füllung mesial gelegt, konturiert und der ganze Zahn poliert (Abb. 13).Abb. 13 Die mesiale Füllung am Zahn 21

 Schmelz und Dentin werden unter Schutz des Zahnes 12 mit Orthophosphorsäure geätzt. Dabei sollte unbedingt darauf geachtet werden, den marginalen Gingivasaum möglichst nicht zu touchieren, um keine Blutungen zu provozieren (Abb. 14).Abb. 14 Schmelz- und Dentinätzung am Zahn 11

 Der Zahn 11 ist nun bereit für das direkte Veneer. Zervikal ist das verfärbte Dentin gut zu erkennen. Dieses muss vor der Schichtung mit opakem fließfähigem Komposit abgedeckt werden (Abb. 15).Abb. 15 Zahn 11 bereit für das direkte Veneer

 Das Dentinadhäsiv wird aufgepinselt und lichtgehärtet (Abb. 16).Abb. 16 Aufpinseln des Dentinadhäsivs

 Nach Aufbau der palatinalen Schmelzwand mesial wird das opake fließfähige Komposit aufgebracht, verpinselt und lichtgehärtet. Es hat sich gezeigt, dass weiß-opakes fließfähiges Komposit die dunkle Verfärbung besser abdeckt als dentinfarbenes fließfähiges Komposit. Dieser Vorgang muss bis zur vollständigen farblichen Abdeckung unter Umständen mehrmals wiederholt werden (Abb. 17 und 18).Abb. 17 Auftragen des OpakersAbb. 18 Verpinseln des Opakers

 Zur absoluten Trockenlegung und als zervikale Matrize wird ein Contour Strip vorgeformt (Abb. 19a bis c).Abb. 19a Der Contour StripAbb. 19b Zervikale Konturierung durch Rollen mit den FingernAbb. 19c Einbördeln der approximalen Flügel mit der Zange

 Der Contour Strip wird zervikal in den Sulkus eingeschoben (Abb. 20), am Gingivasaum mit Bonding angeklebt und mit bondinggetränkten Wattebäuschen (als individuelle Dentalkeile) approximal zervikal lichtgehärtet fixiert (Abb. 21 und 22).Abb. 20 Der Contour Strip wird zervikal eingeschobenAbb. 21 Fixation des Contour StripsAbb. 22 Okklusale Ansicht des adaptierten und fixierten Contour Strips

 Das Komposit wird auf der Zahnoberfläche blasenfrei in die Contour-Strip-Matrize eingespritzt und mit Gummispatel sowie Aquarellpinsel adaptiert und geformt (Abb. 23 bis 25).Abb. 23 Einspritzen des KompositsAbb. 24 Adaptierung mit dem GummispatelAbb. 25 Konturierung mit dem Aquarellpinsel

 Nach sorgfältiger Lichthärtung ist das direkte Veneer fertig geschichtet (Abb. 26).Abb. 26 Fertig geschichtetes und lichtgehärtetes Veneer

 Die Wattebäusche, welche als individuelle Interdentalkeile gedient haben, werden mit einem Scaler herausgezogen, und der Contour Strip wird mit einer Zange entfernt (Abb. 27).Abb. 27 Entfernung des Contour Strips und der approximalen Wattebäusche

 Die Restauration wird wie gewohnt mit Feinkorn diamantschleifern ausgearbeitet und mit Gummipolierern sowie Occlubrushes poliert (Abb. 28 und 29).Abb. 28 Ausarbeitung der RestaurationAbb. 29 Politur der Restauration

 Zum Schluss wird der gelegte Retraktionsfaden mit einem Scaler herausgezogen (Abb. 30) und die fertige Restauration bezüglich Ästhetik, Randgestaltung, Okklusion sowie Artikulation sorgfältig überprüft (Abb. 31).Abb. 30 Entfernung des RetraktionsfadensAbb. 31 Fertige Restauration

 Die Patientin begutachtet das Behandlungsresultat im Handspiegel. Sie ist sichtlich erfreut über das Endergebnis und wird im Anschluss an die Behandlung darüber aufgeklärt, dass sie parodontale Probleme hat, die systematisch therapiert werden müssen. Auch harren weitere Defekte in anderen Zahnbereichen einer Versorgung im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzeptes, welches gemeinsam geplant werden soll (Abb. 32 und 33).Abb. 32 Begutachtung durch die PatientinAbb. 33 Das neue Lächeln

Danksagung

Meine Dank gilt einmal mehr dem Freund und Kollegen Prof. Paul Belvedere aus Minneapolis, USA, welcher schon seit geraumer Zeit im wohlverdienten Ruhestand ist, aber nach wie vor regelmäßig seine langjährigen Patienten betreut. Wir haben ihm in Sachen Komposittechnik sehr viel zu verdanken. Von dieser Stelle aus wünsche ich ihm noch viele erfüllte Lebensjahre. Neben Prof. Belvedere gilt mein Dank dem leider so früh verstorbenen Freund und Kollegen Dr. Burkard Hugo, der wohl einer der größten Könner im Bereich der ästhetischen Komposittechnik war. Auch ihm haben wir so vieles in der ästhetischen Zahnheilkunde zu verdanken.

Materialliste

1 Kompositsystem Micerium Enamel HFO (Vertrieb: Fa. Gerd Loser, Leverkusen; www.loser.de).

2 Opakes Tetric Flow Color (Fa. Ivoclar Vivadent, Ellwangen; www.ivoclarvivadent.de).

3 Aquarellpinsel und Gummispatel (Fa. Loser, Leverkusen; www.loser.de).

4 Contour Strip (Fa. Ivoclar Vivadent, Ellwangen; www.ivoclarvivadent.de).

5 Retraktionsfäden Ultrapak (Fa. Ultradent Products/ UP Dental, Köln; www.updental.de).

6 Gummipolierer (Fa. Ivoclar Vivadent, Ellwangen; www.ivoclarvivadent.de).

7 Occlubrushes (Fa. KerrHawe, Bioggio, Schweiz; www.kerrhawe.com).

Die dentale Trickkiste

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