Читать книгу Die dentale Trickkiste - Wolfram Bücking - Страница 27

Оглавление

Der zerstörte Kugelkopfanker

Problem: Zerstörter Kugelkopfanker auf Implantat

Bei einem Patienten, der seit 15 Jahren eine teleskopierende Prothese trägt, wurde vor 7 Jahren nach Verlust des mit einem Teleskop versorgten Zahnes 23 eine Pfeilervermehrung mit einem Implantat in Regio 23 durchgeführt, um die Statik des abnehmbaren Zahnersatzes wiederherzustellen. Als Halteelement kam ein Kugelkopfattachment zum Einsatz. Die abnehmbare Prothese konnte dadurch wieder funktionstüchtig gemacht werden.

Während der folgenden 7 Jahre musste die geschlitzte Matrize in regelmäßigen Abständen mit einem vom Hersteller vorgesehenen Instrument aktiviert werden. Die Abstände wurden immer kürzer, und das Kugelkopfattachment nutzte sich stark ab. Dies hatte zur Folge, dass die Retention stetig abnahm. Die letzten Aktivierungen wurden mit einem Minischraubenzieher durchgeführt, aber es konnte kein Halt mehr erzielt werden (Abb. 1 bis 3). Auch der

Abb. 1 Abnehmbare Prothese mit zerstörter Kugelkopfankermatrize und Teleskopen


Abb. 2 Pfeilersituation im Mund

Abb. 3 Abgenutzter, unbrauchbarer Kugelkopfanker auf Implantat Regio 23

Kugelkopf war stark geschädigt (Abb. 4). Kugelkopfanker sind heute in meinen Augen und meinen Händen kein geeignetes Halteelement mehr zur Retention von abnehmbaren Prothesen (Abb. 5). Sie weisen folgende Nachteile auf:

Abb. 4 Kugelkopfankeraufbau nach elektrochirurgischer Freilegung

Abb. 5 Kugelkopfanker (System Camlog)

 ständiges Aktivieren notwendig,

 häufig in den zervikalen Hohlraum wuchernde Gingiva,

 starke Abnutzung und

 keine Führungs- und Kippmeiderfunktion (vgl. Geschiebe oder Teleskop).

Aus diesen Gründen war der Austausch des Kugelkopfankers gegen einen Locator geplant, um die abnehmbare Prothese wieder funktionstüchtig zu machen. Nachdem die Teile bestellt und geliefert worden waren, erschien der Patient zum vereinbarten Termin, an dem der Austausch erfolgen sollte. Zum Abschrauben des Kugelkopfabutments vom Implantat ist ein Normschrauber vorgesehen, der in den Dreikant des Abutments einrastet. Mit Hilfe einer Ratsche kann der Aufbau normalerweise mit einem kräftigen Ruck gelöst und abgeschraubt werden (Abb. 6).

Abb. 6 Dreikantschrauber mit Ratsche auf Kugelkopfankeraufbau

Im vorliegenden Fall rutschte der Schrauber jedoch trotz starken Andrückens mit Hilfe der Assistenz ständig ab. Auch weitere Versuche mittels Heiß-Kalt-Behandlung mit Kältespray und erhitztem Stangenguttapercha erbrachten kein Lösen des Abutments. Minutenlanges Touchieren mit dem Zahnsteinentfernungsansatz eines Piezogerätes führte ebenso wenig zu einer Lockerung des Aufbaus. Ein weiterer Versuch am Schaft des Aufbaus leicht subgingival mit einer langen Flachzange resultierte nur in einer Deformation des Aufbaus im Kugelkopfbereich. Es bestand nun die Gefahr der Verformung des Implantates mit der Konsequenz, dass es explantiert werden müsste!

Diagnose: Der Aufbau war mit dem Implantat kalt verschweißt, was durch den Haftungseffekt des Titans und vermutlich durch ein zu hohes Drehmoment beim ursprünglichen Eindrehen erklärbar ist.

Die erprobte Lösung: Aufzementierung eines individuellen Locator-Aufbaus

Der ursprüngliche Kugelkopf wurde zu einem Vierkant beschliffen. Nuten zur Rotationssicherung wurden in die Auflage eingeschliffen und in Doppelmischtechnik abgeformt (Abb. 7 und 8). Der Stumpfbereich des Kugelkopfankers wurde mit Pattern Resin ausgeformt und anschließend zum Modell ausgegossen (Abb. 9a und b).

Abb. 7 Beschleifen des Kugelkopfes zum Vierkant und Nuten zur Rotationssicherung

Abb. 8a Abformung in Doppelmischtechnik


Abb. 8b Detailansicht

Abb. 9a Labormodell

Abb. 9b Vierkantaufbau in Modellkunststoff

Bei einem passenden Locator-Aufbau wurde der Kopf mit Silikon abgeformt (Abb. 10). Durch Ausgießen der Abformung mit Pattern Resin konnte das Kopfteil dupliziert werden. Dieses Kopfteil wurde dann mit Gusswachs auf den abgeformten Vierkantstumpf des Implantates aufmodelliert und dabei korrekt zu den bestehenden Teleskopkronen ausgerichtet (Abb. 11). Die Endkontrolle erfolgte mit der aufgesetzten konfektionierten Matrize (Abb. 12).

Abb. 10 Abformung eines Locator-Aufbaus mit Silikon

Abb. 11 Herstellung des Locator-Aufbaus mit Pattern Resin und Adaption mit Gusswachs auf dem Stumpfmodell

Abb. 12 Endkontrolle der Ausrichtung mit der konfektionierten Matrize

Nach dem Guss wurde die gegossene und ausgearbeitete Locator-Matrize aufgepasst und adjustiert (Abb. 13 und 14). In die Locator-Matrize wurde eine Retentionskappe des Systems eingesetzt (Abb. 15). Anschließend erfolgte die Funktionsprobe auf korrekte Retention mit aufgesetzter Locator-Matrize (Abb. 16). Im Mund wurde der Vierkantstumpf gereinigt und getrocknet. Die Gingiva heilte gut aus, und der Stumpf war rundherum zugänglich. Die Retentionsgrübchen zur Rotationssicherung des Aufbaus waren deutlich erkennbar (Abb. 17).

Abb. 13 Aufpassen des Gussteiles auf das Stumpfmodell

Abb. 14 Endkontrolle

Abb. 15 Konfektionierte Locator-Matrize mit Kunststoffretentionskappe

Abb. 16 Funktionskontrolle mit der Locator-Matrize

Abb. 17 Zustand des Implantates Regio 23 mit Aufbau – Vierkant und eingeschliffene Nuten zur Rotationssicherung sind deutlich erkennbar

Nun erfolgte die Einprobe der individuell angefertigten Patrize. Die nötige Präzision wurde mit Hilfe von Feinsilikonproben erreicht. Um ein eventuelles Verschlucken oder gar eine Aspiration zu verhindern, wurde dabei zur Sicherung Wundgaze in den Mundboden gelegt (Abb. 18).

Abb. 18 Einprobe der individuellen Patrize – Sicherung mit Wundgaze

Die abnehmbare Prothese wurde in Regio 23 ausgeschliffen, damit die Matrize des Locator-Systems einpolymerisiert werden konnte (Abb. 19). Die Platzverhältnisse im Mund wurden auf dem Vierkantstumpf überprüft, wobei auf die Einschubrichtung zu achten war. Zur Vorbereitung der adhäsiven Zementierung wurden der Vierkantaufbau sowie die einzusetzende Patrize sandgestrahlt, gereinigt und getrocknet (Abb. 20a und b). Danach wurde auf beide Adhäsivflächen, den Aufbau und die Locator-Patrize sorgfältig Metallprimer aufgepinselt und getrocknet (Abb. 21a bis c).

Abb. 19 Ausschleifen der Modellgussprothese, um Platz für die Locator-Matrize zu schaffen

Abb. 20a Sandstrahlgerät (Micro Etcher)

Abb. 20b Sandstrahlen des Vierkantaufbaus

Abb. 21a Metallprimer


Abb. 21b Einpinseln der Patrize

Abb. 21c Einpinseln des Vierkantaufbaus

An die Anmischung eines Kompositklebers für Metallverbindungen schloss sich das Einstreichen beider Adhäsivflächen mit einem Pinsel an. Die Locator-Patrize wurde mit definiertem Druck adaptiert und die Uhr auf 5 Minuten Aushärtezeit eingestellt (Abb. 22a bis d). Etwa 2 Minuten später erfolgt ein vorsichtiges Abschälen der Kleberreste mit einem Scaler. Nach Ablauf der Aushärtezeit wurden dann die Kleberreste rundherum unter Aufblasen des Sulkus mit dem Scaler entfernt. Die Locator-Patrize war damit erfolgreich adhäsiv zementiert (Abb. 23)!

Abb. 22a Metallbefestigungskomposit


Abb. 22b Einpinseln der Patrize


Abb. 22c Einpinseln des Vierkantaufbaus

Abb. 22d Platzierung der Patrize

Abb. 23 Endkontrolle nach Zemententfernung

Die Matrize wurde aufgesteckt und auf Passung mit der ausgeschliffenen Modellgussprothese kontrolliert (Abb. 24a und b). Da die Patrize keine Innentorxvertiefung wie die konfektionierten Aufbauten hatte, musste diese aus der Kunststoffretentionskappe ausgeschliffen werden. Wahlweise hätte auch die Retentionskappe für abgewinkelte Locator-Aufbauten verwendet werden können, denn diese haben keine Torxnut (vgl. Abb. 24a). Es wurde eine kleine Portion rosa Kaltpolymerisat angeteigt und nach Ablauf der Quellzeit eine geringe Menge in den Hohlschliff des Gerüstes und auch auf die Basis der Matrize gegeben (Vorsicht bei Unterschnitt!).

Abb. 24a Matrize mit Retentionskappe ohne Innentorx

Abb. 24b Matrize zur Funktionskontrolle aufgesteckt

Die Modellgussprothese wurde aufgedrückt und nach 5 Minuten Aushärtezeit abgenommen. Durch mehrmaliges Applizieren und Abnehmen erfolgte eine Überprüfung der Funktion des Locators. Im Labor wurde die Fixierung der Locator-Matrize noch mit Kaltpolymerisat und Drucktopf vervollständigt (Abb. 25a und b). Die abnehmbare Prothese wurde eingliedert und war zur Zufriedenheit des Patienten voll funktionsfähig (Abb. 26).

Abb. 25a Rosa Prothesenkaltpolymerisat

Abb. 25b Prothesenbasis mit eingearbeiteter Locator-Matrize

Abb. 26 Endkontrolle – die abnehmbare Prothese hält wieder!

Fazit

Mit Hilfe der modernen Metalladhäsivtechnik ist es im beschriebenen Fall gelungen, einen individuell angefertigten Locator erfolgreich einzugliedern. Es kann von einem Langzeiterfolg ausgegangen werden. Mit der vorgestellten Methodik lässt sich bestehender Zahnersatz auf Implantaten wieder funktionstüchtig machen und eine Explantation vermeiden. Bei solchen Notfällen ist es wichtig, zuerst das Problem zu definieren, dann eine Problemlösung zu formulieren und diese anschließend nach einer Checkliste Schritt für Schritt in die Tat umzusetzen.

Materialliste

1 Camlog-Implantatsystem (Fa. Camlog, Wimsheim; www.camlog.de).

2 Polyether-Abformmaterial Permadyne (Fa. 3M Espe, Seefeld; www.3mespe.com/de).

3 Modellpolymerisat Pattern Resin (Fa. GC Germany, Bad Homburg; www.gceurope.com).

4 Sandstrahler Micro Etcher (Fa. American Dental Systems, Vaterstetten; www.adsystems.de).

5 Metallprimer (Fa. GC Germany, Bad Homburg; www.gceurope.com).

6 Metallbefestigungskomposit Nimetic Cem (Fa. 3M Espe, Seefeld; www.3mespe.com/de).

7 Kaltpolymerisat Paladur rosa (Fa. Heraeus Kulzer, Hanau; www.heraeus-kulzer.de).

8 Wundgaze Topper (Johnson & Johnson Wound Management/Fa. Ethicon, Norderstedt; www.ethicon.de).

Die dentale Trickkiste

Подняться наверх