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Die verschluckte Teleskopkrone

Problem: Eine Innenteleskopkrone ist abzementiert und wurde verschluckt

Es ist in jeder zahnärztlichen Praxis schon einmal passiert: Ein Kleinteil, eine Implantatschraube, eine Krone, ein Inlay oder ein Innenteleskop wurde verschluckt. Dies ist in der Regel kein besonders tragisches Problem, da das Teil nach der Darmpassage meist wiedergefunden wird und nach Sterilisation erneut verwendet werden kann.

Gegen das Verschlucken von Gegenständen können folgende Schutzmaßnahmen ergriffen werden:

 Anlegen von Kofferdam bei Füllungen und endodontischen Maßnahmen (vgl. Kapitel „Kofferdam rationell“ im Buch „Die dentale Trickkiste“, S. 45 ff.);

 Abdecken des Zungengrundes mit Gaze wie z. B. dem Wundverband Topper (vgl. Kapitel „Bruch einer Implantatschraube“, S. 11 ff.);

 Anleinen von Handschraubenziehern in der Implantatprothetik. Besser: Verwendung von Winkelschraubern maschinell oder händisch – alle Schrauben müssen klemmen! (vgl. Kapitel „Implantatprothetik – definiert verschraubt“ im Buch „Die dentale Trickkiste“, S. 195 ff.);

 Probetragen von Kronen und Brücken möglichst vermeiden. Wenn dies doch nötig erscheint, einen retentiven Zement wie z. B. den Carboxylatzement Durelon (Fa. 3M Espe) verwenden und nur an den Rändern bestreichen.

Wichtig ist es, vorher zu wissen, ob der Patient einen Würgereiz aufweist, denn dann sollte man entsprechend vorsichtig behandeln. Würgereize werden vorzugsweise durch das Einengen der Zunge provoziert, weniger durch Berührung des Gaumens. Ganz wesentlich ist natürlich auch die vorherige forensische Aufklärung in einem Gespräch, bevor man mit verschluckbaren Teilen hantiert.

Wenn es doch einmal vorkommt, dass der Patient ein Teil verschluckt – und das ist in jeder Praxis schon passiert –, sollte man versuchen, ein Herauswürgen zu provozieren. Manchmal wird das verschluckte Teil dadurch wieder nach oben befördert. Falls dies nicht gelingt, sollte man den Patienten ruhig aufklären und folgende Maßnahmen ergreifen:

 Es sollte eine Abdomenaufnahme beim Radiologen veranlasst werden, um sicherzustellen, ob das Teil wirklich verschluckt wurde. Manches Teil taucht auch wieder aus der Absauganlage auf.

 Der Patient wird angewiesen, Sauerkraut oder Kartoffelbrei, also weiche, umhüllende Speisen zu essen, um den Durchtransport des verschluckten Teiles zu erleichtern.

 Der Patient muss eine ständige Kontrolle des Stuhlgangs vornehmen. Es empfiehlt sich die Verwendung eines Nachttopfes – unsere heutigen Toiletten lassen alles sofort verschwinden.

 Gefundene Teile sollten vom Patienten gesäubert und in die Praxis gebracht werden. Sie lassen sich dann sterilisieren und weiterverwenden.

Aber manchmal wird das Teil – in unserem Fall eine Innenteleskopkrone – nicht gefunden. Wie können wir die Situation retten? Ist es möglich, eine verloren gegangene Innenteleskopkrone identisch und präzise wieder herzustellen?

Die erprobte Lösung: Reproduktion der Innenteleskopkrone

Anhand eines Patientenfalls soll demonstriert werden, wie eine verloren gegangene Innenteleskopkrone exakt reproduziert werden kann.

Einer 76-jährigen Patientin wurde im Sommer 2007 nach Pfeilervermehrung mit Implantaten Regio 13 und 15 eine teleskopierende Modellprothese auf den Pfeilerzähnen 15, 13, 23, 24 und 25 erfolgreich eingegliedert (Abb. 1 und 2). Bei der Nachkontrolle im Oktober 2007 fehlte plötzlich die Innenteleskopkrone 24. Die Patientin gab an, dass sie diese wohl vor einiger Zeit verschluckt haben müsse (Abb. 3a und b). Sie habe im Stuhlgang nachgeschaut, die Krone aber nicht gefunden. Eine radiologische Untersuchung lehnte sie ab, weil sie in letzter Zeit bereits zu oft geröntgt worden sei. Abbildung 4 zeigt als Beispiel die Röntgenaufnahme eines verschluckten Innenteleskopes in einem anderen Fall.

Abb. 1 Die gaumenfreie Teleskopprothese im Oberkiefer

Abb. 2 Abstützung auf den Zylinderinnenteleskopkronen 13, 15, 23, 24 und 25

Abb. 3a Innenteleskope 23, 24 und 25 nach der Eingliederung

Abb. 3b Das Innenteleskop fehlt – es wurde verschluckt

Abb. 4 Röntgendarstellung eines verschluckten Innenteleskopes (aus: Olms und Mandla2)

Wir beschlossen die Neuanfertigung des Innenteleskopes auf Kulanz durch unser Labor. Das Vorgehen wird im Folgenden Schritt für Schritt erläutert.

 Die Präparationsgrenze wird kontrolliert, ggf. finiert, und es wird ein Rektraktionsfaden gelegt (Abb. 5 und 6).Abb. 5 Der Pfeilerzahn 24 – bereit zur AbformungAbb. 6 Der abgeformte Pfeilerzahn

 Haftlack wird auf die vorhandene Modellgussprothese in das Außenteleskop und dessen Umgebung gestrichen, verblasen und getrocknet.

 Der Pfeilerzahn 24 wird mit feinem Polyetherabformmaterial (Permadyne blau aus der Doppelkartuschenspritze) beschickt und nach einmaligem Verblasen nochmals beschickt.

 Die Modellgussprothese wird exakt im Mund auf den Teleskopen adaptiert.

 Nach der Abbindung des Materials wird die Prothese abgenommen und die Abformung unter Vergrößerung kontrolliert (Abb. 7).Abb. 7 Modellstumpf aus Superhartgips

 Ein Modellstumpf 24 aus Superhartgips wird hergestellt und die Präparationsgrenze dargestellt sowie markiert.

 Auf diesem Modellstumpf wird mit ausbrennbarem PMMA-Kunststoff (Pattern Resin) ein dünnes Käppchen hergestellt (Abb. 8).Abb. 8 Modelliertes Käppchen aus Pattern Resin

 Dieses Käppchen wird im Mund einprobiert, kontrolliert und fest aufgesteckt (Abb. 9).Abb. 9 Modelliertes Käppchen auf dem Zahn 24

 Das Außenteleskop und der umliegende Bereich werden sorgfältig mit Vaselineöl isoliert (Abb. 10).Abb. 10 Isolierung des Außenteleskopes

 Rückstandslos ausbrennbarer PMMA-Kunststoff (Pattern Resin) wird fließfähig angeteigt und mit geringem Überschuss in das Außenteleskop 24 eingefüllt (Abb. 11 und 12).Abb. 11 Anmischen von Pattern Resin – abgerundeter Spatel schont den NapfAbb. 12 Einfüllen von Pattern Resin

 Nach der Aushärtung kann die Modellgussprothese mit kippenden Bewegungen abgenommen werden (Abb. 13).Abb. 13 Abnahme der Prothese nach Aushärtung

 Im Labor wird die Modellation aus dem Außenteleskop entfernt, ausgearbeitet und nochmals auf dem Modellstumpf überprüft (Abb. 14 und 15).Abb. 14 Die Modellation ist entferntAbb. 15 Die ausgearbeitete Modellation des Innenteleskopes 24

 Zum Goldguss wird das neue Innenteleskop in Wachs okklusal angestiftet, da diese Fläche keine direkte funktionelle Bedeutung hat und nach dem Guss geglättet werden kann (Abb. 16).Abb. 16 Die angestiftete Modellation – bereit zum Goldguss

 Das gegossene, ausgearbeitete und polierte Innenteleskop wird auf dem Modellstumpf, im Außenteleskop der Prothese und im Mund sorgfältig auf Passgenauigkeit kontrolliert (vgl. Kapitel „Die systematische Arbeitskette in Labor und Praxis“ im Buch „Die dentale Trickkiste“, S. 95 ff.) (Abb. 17).Abb. 17 Das neue Innenteleskop – fertig zur Eingliederung

 Zur Zementierung wird das Außenteleskop innen mit Vaselineöl isoliert und in das Innenteleskop eingesteckt. Damit soll vermieden werden, dass bei der Zementierung Zement zwischen Innen- und Außenteleskop gelangt und es zu einer Haftung zwischen beiden kommt. Dies ist aber nur möglich, wenn keine Einschubdiskrepanz zwischen dem beschliffenen Pfeilerzahn und dem Außenteleskop besteht (Abb. 18).Abb. 18 Das Innenteleskop wird nach Isolierung in das Außenteleskop eingesteckt

 Zur Zementierung wird Glasionomerzement (Ketac Cem) verwendet. Die Innenkrone wird nur ausgepinselt, da ein Vollfüllen die korrekte Platzierung verhindern würde. Anschließend wird der Pfeilerzahn eingepinselt und die Innenkrone in der Teleskopprothese eingesetzt (vgl. Kapitel „Die systematische Arbeitskette in Labor und Praxis“ im Buch „Die dentale Trickkiste“, S. 95 ff.) (Abb. 19).Abb. 19 Die Zementierung

 Nach Aushärtung des Zementes wird die Teleskopprothese abgenommen und gesäubert. Die Zementüberschüsse am Innenteleskop werden sorgfältig entfernt.

 Abschließend erfolgt die Endkontrolle. Die ursprüngliche Situation ist wiederhergestellt (Abb. 20 und 21). Die Patientin, welche unerkannt bleiben will, gibt mit erhobenem Daumen zu erkennen: Es ist alles wieder in bester Ordnung (Abb. 22).Abb. 20 Das neue Innenteleskop 24 in situAbb. 21 Die Funktion der Prothese ist wiederhergestelltAbb. 22 Die Patientin ist erkennbar sehr zufrieden

Materialliste

1 Polyetherabformmaterial Permadyne (Fa. 3M Espe, Seefeld; www.3mespe.com/de).

2 Ausbrennbarer PMMA-Kunststoff Pattern Resin (Fa. GC Germany, München; www.gceurope.com).

3 Glasionomer-Befestigungszement Ketac Cem (Fa. 3M Espe, Seefeld; www.3mespe.com/de).

Die dentale Trickkiste

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