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Vom bedingten Entstehen (Siddhartha Gautama)

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Unsere Ideengeschichte bleibt bis heute weitgehend eurozentrisch. Deswegen sei ein wenigstens kursorischer Blick über die eigenen kulturhistorischen Grenzen hinweg gewagt. Nicht viel später als Xenophanes hat nämlich der welthistorisch ungleich bekanntere Siddhartha Gautama (ca. 563–483 v. Chr.), bekannt geworden vor allem unter dem Namen »Buddha«, gelebt.

Siddharta wurde in Lumbini, im heutigen Nepal nahe der Grenze zu Indien gelegen, geboren. Gestorben ist er in Kushinga, in Indien, nahe der Grenze zu Nepal. Mit 29 soll er das Haus seiner Eltern und seine Frau verlassen haben, um das Leben eines Asketen und Wanderers und später eines Weisheitslehrers zu führen. »Buddha« steht für den »Erwachten«.

An dieser Stelle seien meinerseits jedoch keine umfangreicheren Kenntnisse des buddhistischen Denkens beansprucht. Im Gegensatz zu den kleinen Textfragmenten, die wir von den frühen Griechen kennen, scheint von Siddhartha selbst gar nichts überliefert zu sein. Es gibt also nur Schriften, die über ihn bzw. in seinem Sinne entstanden sind.

Aus einer dieser Schriften, der Mahāvagga, dringt jedoch eine insbesondere in systemischer Sicht sehr eindrückliche Verknüpfung von Ideen durch. Es handelt sich hierbei um Buddhas zwölfgliedrige Kette des »bedingten Entstehens«, die »vorwärts und rückwärts« zu durchdenken sei:

»Es entsteht aufgrund von Unwissen Gestalten, aufgrund des Gestaltens Bewusstsein, aufgrund von Bewusstsein Körper und Geist, aufgrund von Körper und Geist die sechsfache (Sinnen-)Grundlage, aufgrund sechsfacher (Sinnen-)Grundlagen Berührungen, aufgrund von Berührungen Gefühl, aufgrund von Gefühl Verlangen, aufgrund von Verlangen Anhaften, aufgrund von Anhaften Werden, aufgrund von Werden Geburt, aufgrund von Geburt Alter, Tod, Kummer, Sorge, Leid, Trübsinn und Verzweiflung. Auf diese Weise entsteht die Gesamtheit von Unzulänglichkeiten. Durch völlige Aufgabe und Auflösung von Unwissenheit löst sich Gestalten auf, durch Auflösung …« 6

Diese zwölfgliedrige Kette folgt auf den ersten Blick vielleicht zwar nicht unbedingt unserem typischen kausal orientierten Verstehen und Verketten von derartigen Prozessen und Phänomenen; als eine bloße »Kette« verstanden wäre sie zudem natürlich kein Zeichen für ein frühes systemisches Denken. Aber es lohnt sich vielleicht, kurz innezuhalten und jenes »vorwärts und rückwärts« zu Denkende ernst zu nehmen. So führt ja Werden beispielsweise zu Geburt, aber genau umgekehrt wiederum Geburt zum Werden. Zudem entsteht Gefühl nicht nur durch Berührungen, sondern auch aufgrund von Verlangen – und dann vielleicht wiederum als Gefühl zu Berührungen.

Es lässt sich somit mit all diesen Kettengliedern hin und her spielen und sich hierbei vergegenwärtigen, wie sehr diese Glieder miteinander verbunden sind. Dies zumindest sollte Grund genug dafür sein, Siddharta in die Reihe systemischer Vor-Denker einzureihen.

Eine kurze Geschichte des systemischen Denkens

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