Читать книгу Nicht ohne meinen Schweinehund - Wolfram Pirchner - Страница 11
Nimm dein Leben in die Hand!
ОглавлениеWenn es dir nicht gut geht, was heißt nicht gut, wenn es dir schlecht geht, wenn es dir beschissen mit dir und deiner Umwelt geht, mit deiner Partnerin, mit deinem Partner, mit deinen Geschwistern, mit deinen »Freunden«, mit deinen Bekannten, mit deinem Berufsumfeld, mit deinen Kollegen, mit deinen Vorgesetzten usw. und vor allem auch mit dir – was dann? Wenn dich alles und jeder ankotzt? Behältst du diesen Zustand der Resignation bei, nimmst du es einfach so hin, kapitulierst du? Ordnest du dich allem und jedem unter? Verzagst du? Schluckst du vieles hinunter? Kränkst du dich oft? Dann wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit deshalb – gerade deshalb – auch krank werden. Wer hilft dir dann? Die Ärzte? Die Medikamente? Die Glücksbringer? Die gibt es schon, aber nicht in Form von Pillen. Die gibt es auch … in akuten Notfällen. Oder möchtest du dich ab jetzt nicht mehr entmutigen lassen? Möchtest du vielleicht kämpfen? Da war doch etwas in unserer Kindheit, das sich anfühlte wie Urvertrauen. Ja, ich weiß schon, die Experten werden sich jetzt wieder zuhauf melden und sagen: Das ist ja alles nichts Neues. Für die Experten schreibe ich auch nicht. Ich schreibe für die vielen Verzweifelten, die resigniert haben und etwas verändern wollen! Nicht für die ewig gscheiten Grantler, Nörgler und Miesmacher. Die Berufspessimisten.
Susanne R., 52 Jahre, aus der Steiermark, schreibt mir: »Lieber Wolfram Pirchner! Ich bin seit 26 Jahren verheiratet, wir haben 2 Kinder, die aus dem Ärgsten heraußen sind. Ich kann und will nicht mehr. Der Ehe-Alltag – reine Routine. Ich fühle mich nicht wertgeschätzt, obwohl mich mein Mann eh gut behandelt und mich verwöhnt. Ich werde lieblos behandelt oder zumindest bilde ich mir das vielleicht ein. Ein langweiliges Dasein. Im Beruf klappt es gut, ich bin in der Werbebranche tätig und mache meinen Job gerne. Ich verstehe mich auch am Arbeitsplatz sehr gut mit meinen Kolleginnen. Ich möchte nicht, dass es die nächsten 20/30 – oder wie lange auch immer – Jahre so weiter geht. Was soll ich tun? Ich möchte gerne etwas verändern, auch Einschneidendes … aber ich habe Angst davor. Liebe Grüße Susanne R.«
Ich habe den Brief von Frau Susanne etwas eingekürzt. Was meint sie? Sie will etwas verändern, kann aber (noch) nicht, weil sie Angst hat. Angst wovor? Ich verstehe schon, was sie meint. Angst davor, den Porsche Cayenne nicht mehr fahren zu können (weil sie ihn sich nicht mehr leisten kann) und auf einen VW Golf oder ein anderes billigeres Auto umsteigen zu müssen. Angst davor, das Haus mit großem Garten und Pool aufgeben zu müssen, weil wenn sie »ihn« verlässt, dann wird voraussichtlich sie ausziehen müssen. Angst davor, viele materielle Vorteile nicht mehr zu haben. Geschweige denn die Angst, gesellschaftlich im (zukünftigen Ex-) Freundeskreis quasi geächtet zu werden. Und, und, und. Ich bin kein Eheberater, das wäre was … Ich bin auch kein Mediator. Ich bin Mentalcoach und ausgebildeter Lebens- und Sozialberater. Und ich weiß ein bisschen, wie ein durchschnittlich beschaffenes Gehirn tickt. Ich weiß ganz sicher, wie viele Menschen denken und funktionieren.
Frau Susanne hat in ihrem Brief am Rande erwähnt, was ihre (erwachsenen) Kinder wohl dazu sagen würden. Und die Verwandten. Da wiederum erlaube ich mir, nachdem ich ja gefragt worden bin, einzuhaken. Was die erwachsenen Kinder dazu sagen? Das ist meiner Meinung nach völlig uninteressant. Das geht erwachsene Menschen nichts, aber schon gar nichts an. Auch wenn es die eigenen Kinder sind. Ich habe viele Fälle hautnah miterlebt, wo die Eltern nach der Pfeife der Kinder tanzen, nicht im Kindesalter, nicht in der schwersten Pubertät … Nein, im Erwachsenenalter der Kinder. Damit meine ich nicht, dass man wertschätzend mit ihnen die Situation bespricht, aber die konsequente Haltung und das damit verbundene konsequente Handeln der Betroffenen – das geht erwachsene Kinder nichts an. Meiner Meinung nach.
Nicht die Dinge selbst sind es,
die uns ängstigen und zu schaffen machen,
sondern die Bedeutung, die wir ihnen zumessen.
HERMANN HESSE
Jeder kann machen, was er will. Jeder ist auch seines Glückes Schmied, oder nicht? Und einige »wohlmeinende« Verwandte und Bekannte und auch »Freunde«, die können mir – ich schreibe jetzt nur von mir, weil ich in ähnlichen Situationen war – absolut und für immer den Buckel hinunterrutschen: die Verwandten, die mir ungefragt Ratschläge geben, die »Freunde«, die alles besser wissen. Selber sind sie Versager des Lebens, gescheiterte, frustrierte Besserwisser, die sich immer dann zu Wort melden, wenn man es so gar nicht braucht. Also im Sinne von Ratgebern. Weg mit ihnen. Löschen. Die x-Taste im Inneren drücken. Sicher löschen? Ja, ganz sicher.
Ich schlage dir einen kleinen Test vor: Nimm ein DIN-A4-Blatt, schreibe den Namen des betreffenden »Ratgebers«/»Freundes«, Verwandten etc. oben in die Mitte, mach links eine Spalte, in die du deine wichtigsten Lebensbereiche untereinander notierst, einige deiner Werte wie zum Beispiel Liebe, Vertrauen, Zuneigung, Diskussionsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Hilfestellung, Unterstützung, Wertschätzung etc. Und dann benote nur im Zusammenhang mit der oben notierten Person eine Übereinstimmung/Missstimmung mit dir mit einem Minus (für leider nein oder von mir aus viel zu wenig) oder einem Plus (ja, stimmt absolut mit mir überein, hilft mir, ist für mich da, unterstützt mich etc.). Falls nur ein Minus mehr im Ergebnis steht, dann weißt du, was zu tun ist.
Das ist hart, manchmal auch schwer, aber du ersparst dir künftig viel sinnloses Grübeln, viel Ärger und Kummer. Tu es. Zieh es durch. Es macht viel mit dir. Und nebenbei auch mit den anderen. Die lernen dich aus einem ganz anderen Blickwinkel kennen, anfangs können sie es fast nicht begreifen. Dann kommen schon so Aussagen wie: »Na ja, jetzt spinnt sie völlig. Wahrscheinlich hat sie eine Gehirnwäsche durchgemacht. Oder sie hat einen anderen.« Kennst du das? Das ist oft der erste Kommentar, den man (ungefragt) hört, wenn man eine private Änderung strikt durchzieht, »sie oder er hat eine oder einen anderen«. Auch gut. Mag so sein. Einen? Vielleicht sogar mehrere!
Oder gehörst du zu jenen, möglicherweise über 45-Jährigen, wo es dann bitter heißt: »Na ja, die wird schon wissen, was sie tut. Mit 40 oder 45 oder 50 eine Trennung? Lächerlich. Die findet nie wieder einen.« Oder mein Lieblingskommentar: »Etwas Besseres kommt nie nach.« Wie bitte? Was ist denn das für eine Absurdität? Was für ein Unsinn. Du findest also nie wieder einen, wenn du Jahrgang 1975 und darunter bist? Als Frau? Also, ich bin ja keine Frau, obwohl ich schon einige weibliche Anteile habe. Und nebenbei froh darüber bin. Aber diese Aussagen sind schon stark, oder? Andere wissen genau, wen ich wann finde oder nicht?
Bei Männern reagieren die »Berater« im Umfeld meistens ganz anders. Bei Männern ist sowieso alles anders. Die finden ja mit 90 noch eine Partnerin oder einen Partner, je nachdem, was sie wollen. Na bravo. Pfeif auf alle jene »Lebensratgeber«, die im eigenen Bereich kläglich scheitern, die bei dir und bei anderen aber zielorientiert alles ganz genau wissen. Und vor allem wissen sie immer bei den anderen, wie es zu laufen hat im Leben, in deinem Leben. Wie der sogenannte »Flow« entsteht.
Bist du mit mir einer Meinung, wenn ich behaupte, dass der »Flow«, also der Fluss im eigenen Dasein, mit Glück zu tun hat? Ja? Dann lies weiter. Nur, liebe Freundin: Das Glück fällt nicht vom Himmel. Jeder von uns hat die Fähigkeit glücklich zu sein oder das, was man unter Glück versteht, zu erleben, zu spüren, langhaltig auch zu fühlen, hoffentlich auch zu genießen. Es ist ein euphorisches, ein sattes Gefühl. Um Glück zu erleben, muss man einiges zulassen und anderes loslassen. Loslassen können. Wie oft höre ich in meinem Umfeld: »Das kann ich nicht, das fällt mir so schwer. Das ist unmöglich!« Erinnerst du dich: »Nicht können heißt nicht wollen!« Das hat der gescheite Prof. Musalek vor einigen Seiten gesagt. Und der Mann hat recht.
Nicht können bedeutet tatsächlich in vielen Fällen nicht wollen, nicht bereit sein. Da fehlt es wiederholt an Einsichtigkeit, an Willigkeit, eventuell auch an Folgsamkeit. Obwohl ich diesen Begriff nicht mag. »Ich bin folgsam« hat doch etwas Unterordnendes an sich. Das passt nicht zu einem leicht revolutionär veranlagten Typen wie mir. Folgsam klingt nach Mitte. Nach langweiliger, öder Mitte. Nicht nach Stärke und Balance. In Bezug auf möglicherweise zu vermeidende Konflikte mit Nachbarn und Verwandten hat meine Mutter die beiden Begriffe Frieden und Harmonie nicht nur einmal verwendet. »Das Wichtigste ist der Frieden, die Harmonie«, hat sie oft gemeint. Verzeih, Mama, Blödsinn. Harmonie, Frieden? Schöne Begriffe, absolut lebensnotwendig. Aber nicht fokussiert auf die Neider, auf die Ratgeber, auf die Besserwisser, die dich so formen wollen, wie sich dich gerne hätten. Verstehst du, was ich meine? Harmonie? Ja, gerne. Aber nicht der Konfliktvermeidung wegen. Irgendjemand meinte einmal, ich sei nicht mittig. Das ist ein Kompliment! Danke! Ich will nicht mittig sein, fad, langweilig, lauwarm … Entsetzliche Vorstellung.
Zurück zum Flow. Der Psychologe Prof. Mihály Csíkszentmihályi versteht unter Flow den Prozess des völligen Aufgehens im Leben, des Eins-Werdens mit einer Tätigkeit, neben der alle anderen bedeutungslos sind. Ich versuche eine laienhafte Interpretation zum Thema Flow, mit dem ich mich seit Jahren gerne beschäftige und seit Jahrzehnten auch Wissenschaftler in der ganzen Welt. »Flow« ist kein akademisches Thema mehr, es geht alle an. Auch dich! Es geht um den Prozess, ein gesteigertes Wohlfühlgefühl anzustreben, und das nähert sich meiner Meinung nach zielorientiert dem »Glücklich-Sein« an. Es sollte uns eines klar sein: Glück passiert nicht. Glück sollte man auch nicht bewusst suchen. John Stuart Mill, ein englischer Philosoph und Ökonom, übrigens auch einer der einflussreichsten liberalen Denker des 19. Jahrhunderts, meinte: »Frage dich, ob du glücklich bist, und du hörst auf es zu sein.« Ebenso Viktor Frankl, der österreichische Neurologe und Psychiater, der schrieb: »Peile keinen Erfolg an, je mehr du es darauf auslegst und ihn zum Ziel erklärst, umso mehr wirst du ihn verfehlen. Denn Erfolg kann wie Glück nicht verfolgt werden, er muss erfolgen …«4