Читать книгу Nicht ohne meinen Schweinehund - Wolfram Pirchner - Страница 6

Vorwort

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In meinem ersten Buch Nur keine Panik – Mein Weg zurück ins Leben habe ich ganz am Anfang die Frage gestellt: »Wer hilft mir, wenn ich in Not bin?« Vielleicht hast du es gekauft und gelesen. Falls ja, danke ich dir herzlich dafür, denn du bist mitschuld daran, dass ich in meinem Lebenslauf bis ans Ende meiner Tage den wunderbaren und mich stolz machenden Namenszusatz (☺) »Bestsellerautor« verwenden darf. »Bestsellerautor.« Das hat schon was, oder? Ich freue mich riesig darüber. Und ich freue mich auch über zahlreiche Reaktionen auf mein Buch. Über viele positive, aber auch über einige nicht so positive. Jede und jeder hat seine Meinung und das ist gut so. Ich werde auf die Reaktionen, auf die vielen persönlichen Geschichten, auf berührende Zeilen, auf erschütternde Schicksale in meinem nächsten »Panik«-Buch zu sprechen beziehungsweise zu schreiben kommen, jetzt ist es dafür noch zu früh.

Keine Angst und vor allem keine Panik: Es wird auch beim nächsten Mal kein Ratgeber. Der große Erfolg des ersten Buches und die monatelange Präsenz in den Bestsellerlisten ganz oben (das macht schon einiges mit dir, wenn du dich auf Platz 1 oder Platz 2 oder auch Platz 3 findest) freuen viele Mitmenschen, ärgern freilich auch manche. Die Neider. Jetzt muss er auch noch ein Buch schreiben … Oh mein Gott. Und jetzt ist es auch noch erfolgreich. »Oberflächlich und esoterisch«, schrieb ein aufmerksamer Leser. Ja, mein Guter, das Buch hat auch esoterische Ansätze, das soll es ja auch haben. Was ist schlecht an Esoterik? Im Übrigen schreibe ich meine ganz persönliche Geschichte und da war und ist auch Esoterik dabei. Früher hat mich das massiv gestört und es ist mir nahegegangen, wenn Menschen neidig, missgünstig und bösartig waren. Heute streift mich das nicht einmal mehr. Im Gegenteil: Es stachelt mich an. Es weckt mich auf. Es ermuntert mich zu neuen »Taten«. Es »er-muntert« mich. Ich zerlege und zerpflücke gerne Wörter, so auch dieses. Zerlege einmal dieses Wort »ermuntern« und du wirst das »munter werden« erkennen.

Kennst du dieses Gefühl, wenn dir Neider egal werden und letztendlich tatsächlich sind? Das ist ein schönes, erfüllendes, zufriedenstellendes Gefühl, weil es in diesen besonderen Momenten nur mehr um dich selbst geht. Nicht um die anderen. Du bist der Mittelpunkt deines Lebens. Nicht des Lebens – deines Lebens. Das ist ein Zustand, der erkennbar und erlernbar ist. Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben. Aber es ist ein schwerer Weg, bis du zu dieser Erkenntnis kommst und sie dann vor allem auch praktizierst – sie also in deinem Dasein umsetzt. Das kommt bei vielen Mitmenschen sonderbar an, wenn du dich als Mittelpunkt deines Lebens bezeichnest und danach lebst. Sie missverstehen dich, sie kennen die Gründe deiner Aussage und deines Handelns nicht. Du siehst dich ja nicht als den Mittelpunkt des Universums, des Lebens an sich, sondern als Zentrum deines Lebens. Das ist doch ganz okay oder nicht?

Apropos Dasein: Wir haben alle ein endliches Dasein. Schon klar, oder? Es geht irgendwann einmal auch mit dir, mit mir zu Ende. Das vergessen viele von uns. Wir sterben. Ja, wir alle werden ganz sicher sterben. So wie wir geboren wurden. Wie alt bist du? Über 30? Über 40? Über 50 wie ich? Knapp 60? Oder darüber? 70? 80? Laut Wikipedia ist die Lebenserwartung in Österreich im ersten Jahrzehnt unseres Jahrtausends weiter gestiegen. Für Männer liegt die Lebenserwartung bei 78,0 Jahren, für Frauen bei 83,3 Jahren. Erstelle ein Lebensband, das heißt, nimm ein weiches Maßband, nimm einen Meter, schneide vorne die Anzahl deiner bereits gelebten, verlebten oder erlebten Jahre ab und je nachdem, ob Mann oder Frau, schneide am Ende deine persönliche Lebenserwartung ab. In meinem Fall müsste ich 56 Jahre vorne wegkappen und hinten bei 78 Jahren Schluss machen. Bleiben mir 22 Jahre. Nicht sehr viel, oder? 22 Jahre. Ich weiß noch genau, was ich vor 22 Jahren gemacht habe. Auch vor 44 … Es geht schnell. Die Frage ist nur, was du machst mit deiner Zeit.

Ein krebskranker Freund mit einer schlechten Diagnose fragte mich unlängst: »Lebst du dein Leben oder erlebst du es?« Das ist eine gehaltvolle Frage und noch gehaltreicher sollte die Antwort darauf ausfallen … Also, schreiben und lesen wir nicht lange darum herum: Stelle dich ganz einfach in den Mittelpunkt deines Lebens, dann geht es dir und deinen Lieben besser. Auch wenn es vielleicht kompliziert wird. Das geht vorbei. Versprochen. Es wird dir besser gehen. Von Tag zu Tag. Ich mache es – und glaube mir, es war ein beschwerlicher Weg. Aber es geht mir in meinem Leben von Tag zu Tag in jeder Hinsicht besser. Das ist doch ein erstrebenswertes Ziel! Und es ist ein gangbares und vor allem ein machbares. Nur:»Machen« musst du. Von selbst geht gar nichts. »Hin zu« statt »weg von«. Okay?

Oh, entschuldige, ich duze dich schon wieder. Auch in diesem, meinem zweiten Buch, das ich gerade schreibe. Ist das in Ordnung für dich? Ich weiß schon, manche stoßen sich an dieser Grenzüberschreitung: Wir kennen uns vermutlich gar nicht beziehungsweise nur von der Ferne ein ganz kleines bisschen, und schon duze ich dich. Mir geht das Du-Wort im »Leben draußen« eher schwer über die Lippen, ich bin misstrauisch(er) geworden im Laufe der Jahre. Und erschwerend kommt hinzu, dass ich ein gebürtiger Tiroler bin. Da duzen sich fast alle. »Griasch di!« Entsetzlich – für mich. Vorschlag: Schließen wir eine Vereinbarung: Ich duze dich nur in diesem Buch. Danach können wir und werden wir wieder per Sie sein. Wir gehen auf den folgenden Seiten, in den nächsten Stunden möglicherweise, eine recht enge Beziehung ein, wenn du dich darauf einlässt. Wir sitzen möglicherweise auch im selben oder in einem ähnlichen Boot. Sollten wir uns irgendwo außerhalb der geschützten Buchseiten begegnen, können wir gerne das distanzierte »Sie« wieder anwenden. Kein Problem. Weißt du, warum ich dich lieber duze? Weil ich in diesem Buch zahlreiche, beinahe schon intime Details und Einzelheiten aus meinem Leben bekannt gebe, sodass ich einfach nicht in der Lage bin, oder, besser ausgedrückt, nicht sein will, in der Sie-Form zu schreiben. Ich kann und will nicht. Deshalb das Du.

Und bitte habe Verständnis für mich, dass ich auch diesmal auf korrektes Gendern verzichte, obwohl ich ein großer Anhänger desselbigen bin. Ich wähle die maskuline Form, weil ich mir damit leichter tue. Aus Platz- und Zeitgründen und auch aus Bequemlichkeit. Und weil ich wieder Rücksprache mit meiner – sehr emanzipierten – Frau gehalten habe. Sie war eindeutig auch für die männliche Form. Ist das okay für dich? Ich bitte dich freilich, die weibliche Form der Anrede gedanklich immer miteinzubeziehen.

Also noch einmal: Wir duzen uns – nur in diesem Buch, einverstanden? Es hat etwas Grenzwertiges. Die Verfasser vieler E-Mails, die ich erhalten habe und täglich erhalte, sind, warum auch immer, per Du mit mir und wollen sich fallweise privat mit mir treffen. Das ist im Prinzip schon fast ein Kompliment, wenn sich fremde Menschen mit einem treffen wollen. Aber ich hinterfrage recht gerne, warum sie das wollen … Was denkst du? Ich glaube, ich weiß es. Sie wollen sich nicht mit mir treffen, weil ich so ein schnuckeliges, reiferes Kerlchen bin oder weil ich ein empathischer, guter Mentalcoach bin, weil ich gut zuhören kann, nein: Sie wollen den bekannten Fernsehmenschen treffen und mit ihm plaudern. Diese Erfahrung habe ich viele Male gemacht und das hat gereicht. Nein, bitte erspare dir jetzt die mögliche Bemerkung: »Wie gut kommt sich der denn vor? Spinnt er jetzt total?«

Ganz entspannt: Es hat nichts mit einem übersteigerten Selbstbewusstsein meinerseits zu tun. Wie du vielleicht weißt, ist – beziehungsweise war – das Gegenteil der Fall. Neinsagen will gelernt sein. Neinsagen ohne Begründung fällt mir auch heute noch fallweise schwer. Aber wenn du es tust, wenn es dir gelingt, Nein zu sagen, ohne Emotion, ohne Begründung, dann fühlst du dich besser. Garantiert, auch wenn es am Anfang noch ungewohnt ist,fremd und so gar nicht zu dir passend erscheint. Weißt du auch, warum? Weil es dein Umfeld nicht gewöhnt ist, dass du eigenständig, willentlich reagierst. Nach deinem Willen. Neinsagen hat nichts damit zu tun, dass du unfreundlich bist. Neinsagen hat mit »unpersönlich« zu tun. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Wenn du sehr entgegenkommend bist, liebenswürdig, verbindlich, wohlwollend, also persönlich – dann darfst du, wenn es in deinem Interesse ist, fallweise auch unpersönlich sein und Nein sagen, ohne Begründung.

Wenn es dir gelingt, wenn du es schaffst, nicht mehr alles zu kommentieren, was du vorhast, was du tust, dann bist du in einer Win-Situation. Garantiert! Ich erzähle heute noch immer unaufgefordert viel zu viel und vor allem zu detailliert. Das ist absolut unnötig. Es genügt völlig zu sagen: »Ich habe keine Zeit. Ich möchte nicht. Ich habe einen Termin.« Vielleicht hast du einen Termin mit dir selbst? Das sollten die wichtigsten Termine sein. Die Vereinbarungen mit dir. Notiert und darauf harrend, umgesetzt zu werden. Verschiebe keine Termine mit dir! Wenn du deine persönlichen Termine (ich meine damit Sport, Entspannung, Massage, vielleicht auch »nur« in Ruhe ein Bad) immer wieder zugunsten der anderen verschiebst oder gar absagst, dann bleibt deine Lebensqualität garantiert auf der Strecke. Und damit deine Lebensfreude, so du sie noch verspürst.

Ich habe in meinem Buch Nur keine Panik – Mein Weg zurück ins Leben davon geschrieben, dass »Zeit nicht Geld ist«, wie das Benjamin Franklin weiland formulierte: Zeit ist meiner Meinung nach ausschließlich Lebensqualität. Diese eigene Lebensqualität hängt zu einem großen Maß davon ab, mit wem ich meine (immer kostbarer werdende) Zeit verbringe. Natürlich sind wir psychisch und physisch auf das Zusammenleben mit unseren Mitmenschen angewiesen, aber aussuchen können wir uns jene, mit denen wir unser Dasein oder auch nur einen Teil davon verbringen, schon selbst. Wenn ich das überrissen habe, wenn dir das klar ist, dann wird mein/dein Selbstwertgefühl eine spürbare Steigerung, ja ein regelrechtes Hochgefühl erleben. Dann werde ich mich nicht nur innerlich aufrichten, mein »Aufrecht-Sein« wird auch körperlich wahrnehmbar. Richte dich auf! Hab mehr Vertrauen in dich!

Mein persönliches Selbstwertgefühl erlebte eine fühlbare Steigerung, als ich mit den geschätzten Vertreterinnen meines Verlages über ein mögliches zweites zu schreibendes Buch sprach. Ich erzählte ihnen von meinen Ideen, von meinen Wünschen, von meinen vermeintlich wunderbaren, geplanten weiteren Autoren-Tätigkeiten (und damit verknüpft hoffentlich auch weiteren Erfolgen) – darunter ein Werk mit dem vielversprechenden Titel Keine Panik vor Weihnachten, das war mein erster Vorschlag. Ein Buch gegen den ewig wiederkehrenden Perfektionismus, der viele von uns bereits Mitte September im Hinblick auf das große Fest überfällt, uns wie ein riesiges imaginäres Spinnennetz einhüllt und dem zu entkommen fast unmöglich scheint. Ein Buch gegen den überbordenden Einkaufswahnsinn, ein Buch gegen die völlig falsch verstandene Bedeutung des großen Festes, ein Buch gegen den irrsinnigen Fress- und Saufwahnsinn in diesen besinnlichen Tagen. Ich hatte unzählige Interviews mit Betroffenen geplant, mit »Weihnachtsaussteigern«, mit Menschen, die sich aufgrund ihrer langjährigen Weihnachtsqualen und -kompromisse vermutlich ganz gut auskennen, die interessante Tipps und Ratschläge parat haben. Ratschläge … Was für ein schreckliches Wort. Das ist ein Begriff, den ich so gar nicht mag.

Sei es, wie es sei: Das etwas andere Weihnachtsbuch mit Fakten, Informationen und viel Unterhaltung. Ich dachte mir, das ist doch super, das muss den Verlagsdamen gefallen, die werden euphorisch reagieren! Gefehlt. Die Reaktionen der Verlagschefin, meiner Lektorin, der PR-Verantwortlichen fielen nicht ganz so aus, wie ich mir das erhofft, ja erwartet hatte. »Na ja« war in etwa der Grundtenor. Und ich weiß, dass sich die Damen vornehm, geradezu vorsichtig ausgedrückt haben. Na ja. Was musste ich erkennen? Falscher Zeitpunkt, falsches Thema. Das Buch müsste im Übrigen schon fertig geschrieben sein, um noch vor Weihnachten verkauft zu werden, lautete ein zarter Hinweis. Oder würdest du ein Weihnachtsbuch im Frühjahr erwerben wollen? Ja? Dann schreibe ich es. Das werde ich übrigens ganz sicher tun. Zum richtigen Zeitpunkt. Na ja. Und so diskutierten wir hin und her, die eine oder andere Idee tauchte auf, Resultate meiner überschäumenden Kreativität wurden an die Frauen gebracht und wieder spürte ich diesen leisen, aufkeimenden »Na ja«-Effekt. Ich muss dazu sagen beziehungsweise schreiben, dass es sich bei den Beteiligten um höchst wohlmeinende, empathische, feine Damen handelt. Zweifellos aber auch mit einer gewissen Strenge ausgestattet, aber die ist ja in Fällen wie dem meinen durchaus angebracht, wenn nicht sogar notwendig.

Ich saß also da mit meinen Shorts, war absolut unpassend gekleidet (underdressed sagt man in feinen Kreisen, nicht?) … Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass es sehr heiß war, ein schwüler, drückender Sommertag. Trotzdem ging beziehungsweise geht das gar nicht. Shorts. Noch dazu, wo meine Beine auch nicht mehr die schönsten sind. Und dann tauchte sie auf, die entscheidende Frage: »Und, lieber Herr Pirchner, wie geht es Ihnen denn sonst so?« Und jetzt war ich dran mit einem »Na ja«. »Na ja«, sagte ich, »ich habe ein persönliches Projekt vor. Ich werde abnehmen. Abnehmen müssen! Aus gesundheitlichen, aber auch aus optischen Gründen. Und sagen Sie jetzt bitte nichts. Von wegen nicht notwendig und so.« Sie taten es ohnehin nicht. »Stellen Sie sich vor, ich habe erstmals in meinem Leben eine dreistellige Anzahl Kilogramm auf die Waage gebracht.« Dann erklärte ich noch kurz, wie ich mir das vorstellte. Etwa ein halbes Jahr Zeit – Ziel: minus 10–12 Kilogramm, ganz ohne Diäten und sonstigen Unsinn. Ernährungsumstellung, professionelle Begleitung durch eine chinesische Medizinerin und eine Ernährungwissenschafterin – beides Personen meines Vertrauens –und dazu eine regelmäßige schulmedizinische Abklärung meiner Werte. Diese sind leider oder selbstverschuldet (zum Teil wenigstens) nicht ganz so gut, wie ich mir das wünschen würde. »Sie schauen gesünder aus, als Sie sind«, sagte mir der (leicht übergewichtige, rotgesichtige) Arzt bei meinem letzten Check mit einem etwas besorgten Unterton. »Cholesterin, Triglyceride, Bauchumfang, Gewicht – bei einer Größe von 1,88 Meter. Ein eindeutig zu hoher Fettanteil und dann noch eine leicht beleidigte Leber.« Nicht Leberwurst: Leber. »Was heißt beleidigte Leber?«, wollte ich wissen. »Sie haben eine Fettleber. Wahrscheinlich tschechern Sie zu viel.« Na bravo.

»Aber das sieht man doch überhaupt nicht, dass Sie zu dick wären!«, sagte die liebe Verlagschefin. Ich denke, sie hat mich damals das erste und letzte Mal im Rahmen unserer gemeinsamen Arbeit angelogen. Egal, die Eitelkeit muss ja auch gepflegt werden und vor allem das Selbstmitleid. Das Mitleid mit mir selbst – das war jahrelang ein treuer Begleiter und ist es fallweise heute noch. Aber es wird immer weniger. Die Verlagsdamen schienen angetan zu sein, das gefiel ihnen augen- und ohrenscheinlich und wir beschlossen mündlich, dass wir unser gemeinsames Projekt angehen.

Das freute mich sehr, das war spannend, aber auch eine Herausforderung. Das, was du auf den folgenden 223 Seiten liest, ist dabei herausgekommen. Hab viel Freude mit meiner Geschichte, freunde dich mit meinem, und ich empfehle dir auch mit deinem, Schweinehund an, denn es ist eine meiner Meinung nach untrennbare Symbiose. Im »Panik«-Bestseller habe ich über den Schweinehund ein paar Zeilen geschrieben. Er ist an allem schuld. Er wird zur Verantwortung gezogen, wenn ich rauche, wenn ich zu viel trinke, wenn ich Nahrungsmittel in mich hineinstopfe, als gäbe es kein Morgen, wenn Fähigkeiten, Talente und Eigenschaften wie Beherrschung, Disziplin, Korrektheit, Bescheidenheit, Askese und viele mehr auf der Strecke bleiben. Wenn Sinnen und Trachten nach eigener Verantwortung im endlosen Meer der Lüste und Genüsse ertrinken. Das ist der Schweinehund oder jener Anteil in dir, der sich so nennt … Und der sich dann (meistens) durchsetzt. Und er gewinnt oft, nicht wahr?

Kommt dir das bekannt vor? Was ich immer noch nicht ganz verstehe, ist die Tatsache, wie der Hund und das Schwein dazu kommen, diese scheinbar endlose Symbiose, diese Gesamtheit bilden zu müssen. Das sind doch beides ganz annehmbare und schätzenswerte Lebewesen, der Hund mehr als das Schwein aus meiner Sicht – nur diese Begriffszusammensetzung, dieses Wortkonstrukt ist komisch. Aber jeder weiß, was man darunter versteht. Unverständlich auch die Charaktereigenschaften, die ich/du als Individuum ihm gegenüber haben: Da sind wir schwach, kraftlos, entscheidungsmüde, widerstandslos – er hingegen ist stark, vereinnahmend, vor Energie strotzend, gigantisch und sehr wohlbeleibt. Ja, der Schweinehund ist in meiner Vorstellung gut genährt.

Diese Worte, Bilder und Gefühle sind zusammengefasst meine Gedanken. Der Schweinehund ist vollschlank. So wie ich. Bin ich dadurch ein Schweinehund? Nein, sicher nicht. Nur: ich bin überzeugt davon, dass wir lernen können, ihn an die Leine zu nehmen und ihn sanft und liebevoll zu erziehen. Voraussetzung ist, dass wir das auch wollen. Wenn wir nicht mehr fahrig, schwach und hilflos sein wollen, was den Schweinehund betrifft. Freilich wird ihm das nicht immer gefallen. Dir übrigens auch nicht. Aber es wird dir, was deine Lebensqualität betrifft, besser gehen. Viel besser. Dein Leben wird gehaltvoller und lustvoller werden. Auch durch Einschränkungen und zusätzliche Aufgaben, die zu deinem Nutzen passieren. Es wird dir besser gehen – von Tag zu Tag ein wenig mehr. Versprochen.

Nicht ohne meinen Schweinehund

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