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Raupes Testament

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Zwei Tage später bekam Jennifer einen offiziellen Brief von der Anwaltskanzlei Reinicke & Reinicke bezüglich der Testamentseröffnung des Erblassers Friedrich Rupp aus Dorpamarsch. Zu ihrem Erstaunen war sie als einzige Person geladen.

Der Anwalt und Notar begrüßte sie und zeigte ihr ohne Umschweife einen versiegelten Umschlag mit der Aufschrift „Testament“. Er bat sie, sich von der Unversehrtheit des Siegels zu überzeugen, denn er habe den Auftrag erhalten, das Testament erst in ihrer Anwesenheit zu öffnen. Er selbst habe keine Kenntnis von dem Inhalt, er habe Friedrich Rupp lediglich in einigen Fragen beraten, fügte Reinicke hinzu.

Der Anwalt öffnete den Umschlag, der nur einen einzigen Bogen Papier enthielt. Der Letzte Wille war handgeschrieben und von Friedrich Rupp unterzeichnet. Der Notar verglich die Unterschrift mit anderen Schriftstücken in seinem Besitz und stellte formell die Gültigkeit der Unterschrift und somit des ganzen Testaments fest. Das Datum lag nur wenige Tage vor Raupes Tod.

Der Notar überflog das Schriftstück und sah Jennifer prüfend an.

„Ich verlese jetzt den Letzten Willen des Verstorbenen, so wie er es verfügt hat, ohne weitere Erklärungen.

Mein letzter Wille

1 Da ich keine leiblichen Erben habe, vermache ich – in Absprache mit meiner lieben verstorbenen Frau Rieke – mein gesamtes materielles Vermögen einer zu gründenden Stiftung zum Erhalt des Tante-Emma-Ladens in Dorpamarsch, als Ausdruck der Ehrung des Andenkens der Geschwister Emma, Berta und Dora Heldenreich. Diese Frauen haben das Dorf Dorpamarsch über alle Grenzen hinweg bekannt gemacht und den Grundstein für die völkerverbindende kulturelle Funktion des Ladens und ganz Dorpamarschs gelegt. Die Gründung und Verwaltung der Stiftung lege ich vertrauensvoll in die Hände der Anwaltskanzlei Reinicke & Reinicke.

2 Mein gesamtes geistiges Eigentum, einschließlich aller Erfindungen und der sich daraus ergebenen Rechte, vermache ich Frau Jennifer Kristensen, geboren 2007, derzeit Ingenieurin in der Hansen-Werft Bremen.

Liebe Jennifer,

meine letzten Worte richte ich direkt an dich und bitte dich dringend, das Erbe anzunehmen und die unvollendete Aufgabe in meinem Sinne fortzusetzen. Dazu wirst du in Zukunft all deine Kraft benötigen, doch ich werde jederzeit bei dir sein, um dich zu unterstützen. Du weißt, was davon abhängt, aber ich kenne sonst niemanden, der in der Lage wäre, mein Werk zu vollenden.“

Der Notar hob den Kopf: „Es folgen Unterschrift, Ort und Datum. Die Richtigkeit wurde bereits überprüft. Es handelt sich eindeutig um das Testament meines Mandanten.“ … Er machte eine längere Pause und Jennifer wartete ab. „Der persönliche Brief an Sie enthält allerdings Bemerkungen, mit denen ich nichts anfangen kann und die der Erblasser auch nicht mir besprochen hat. Können Sie diese Worte deuten?“

Jennifer nickte: „Er hat mit mir gesprochen.“

„Dann darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie von heute an sechs Wochen Zeit haben, das Erbe auszuschlagen. Ich bitte, mir Ihre Entscheidung rechtzeitig mitzuteilen“, schloss der Notar.

„Ich nehme das Erbe an!“, sagte Jennifer entschlossen.

Am nächsten Tag sprach sie bei Hansen vor und bat ihn um sofortige Aufhebung ihres Arbeitsvertrages aus persönlichen Gründen. Sie hatte sich entschlossen, das Vermächtnis Raupes uneingeschränkt zu erfüllen.

Hansen war über diese Entscheidung mehr als unglücklich. Er bot aber an, ihr als „freie Mitarbeiterin“ weiterhin einen Arbeitsplatz im Werk zur Verfügung zu stellen. Das nahm Jennifer dankend an. So musste sie sich nicht extra ein eigenes Forschungslabor aufbauen. Hansen hoffte natürlich, von dem Ideenreichtum Jennifers weiterhin profitieren zu können.

Zum Geschäftsführer bestimmte er Jennifers bewährten Mitarbeiter Timo Lumparz, genannt „Lumpi“. Auf diese Weise war eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit gewährleistet.

Jennifer kehrte sofort wieder in ihr Arbeitszimmer zurück, das sie selbst nur als ihr „Labor“ bezeichnete. Sie war ja nicht ausgezogen, also brauchte sie es auch nicht wieder in Besitz zu nehmen.

Aufmerksam sah sie sich um. Alles lag noch auf seinem Platz, doch trotzdem schien sich etwas verändert zu haben. wahrscheinlich war es nur ihre eigene Wahrnehmung.

Zögernd öffnete sie die Schublade. Die beiden Oliven lagen noch darin. Sie nahm sie in die Hand und sagte: „Hallo Fritz, bist du da?“

„Ich bin immer hier“, hörte sie die bekannte Stimme.

„Ich werde es tun!“, dachte sie. „Ich war etwas überrascht von dem Testament, doch ich will es versuchen. Aber du musst mir helfen!“

„Das werde ich“, sagte Fritz, „doch denke daran, dass ich nur ein Programm bin, das du geschrieben hast.“

„Du meinst, ich werde es noch schreiben?“

„Ja natürlich! In der Zukunft – und dann kehrst du damit in deine eigene Vergangenheit zurück.“

„Ich habe also uneingeschränkt Zeit?“, fragte Jennifer.

„Nicht ganz“, widersprach Fritz. Du alterst natürlich weiter. Wenn du zu lange brauchst, bist du eines Tages zu alt. Dann kann es dir gehen wie mir.“

„Eine Frage habe ich noch“, überlegte Jennifer. „Warum hat das Programm deine Stimme statt meiner, und nennt sich Fritz, statt Jennifer?“

„Weil es ursprünglich als Information für Raupe geschrieben wurde, und damals kannte er dich noch gar nicht. Aber bleiben wir lieber bei Fritz. Das vereinfacht die Kommunikation.“

„Gut!“, akzeptierte Jennifer. „Wo kann ich beginnen?“

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