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Die Flaschenpost

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Es gab mehrere Ansatzpunkte in der Nachricht. Das waren zunächst die genannten Personen:

1 Kaiser Wilhelm II, den gab es ja wirklich. Doch war er beim Untergang der Titanic in der Nähe? Kaum vorstellbar. Das hätten die Geschichtsschreiber erwähnt.

2 Der „große Admiral Tirpitz“. Olmenburg kooglete: Tirpitz wurde am 27. Januar 1911 zum Großadmiral ernannt. Er könnte also mit dem „großen Admiral“ gemeint sein.

3 „Leutnant zur See Hellmuth von Ruckteschell“. Auch diesen fand der Olm beim Kooglen. Doch welche Rolle spielte er bei der Flaschenpost. Hatte er den Schuss auf die Titanic abgegeben?

4 „Emma und Berta“, die Unterzeichner der Flaschenpost. Das waren vermutlich Tarnnamen, denn Frauen an Bord eines Kriegsschiffes erschienen unmöglich. Hier schien also der entscheidende Ansatz zu sein, ebenso wie der anonyme „Vater“, der sich gerade beim Admiral befand.

5 Adressiert war die Nachricht an „Wilhelmine Heldenreich in Dorpamarsch“. Das war natürlich auch Unsinn, denn niemand konnte eine Flaschenpost so genau adressieren.

Es blieb geheimnisvoll – vor allem, wie die Flaschenpost ins Geheimarchiv der Admiralität gelangt war.

Am nächsten Morgen suchte er das Nationalarchiv auf, wo man ihn erfreut begrüßte. Die meisten Archivare kannte er seit Jahren, und sie waren ihm bei seiner Suche in den Titanic-Dokumenten behilflich. Wonach Olmenburg suchte, wusste er selbst nicht so genau. Es musste etwas sein, das auch Churchill aufgefallen war.

Doch dann bekam er plötzlich eine Liste in die Hände, welche Kapitän Rostron von der „Carpathia“ nach dem Untergang der Titanic an die Britische Admiralität geschickt hatte. Es war eine Aufstellung verschiedener Gegenstände und Dokumente, die bei der Rettung sichergestellt worden waren.

Unter anderem war eine Flaschenpost aufgeführt, mit einer Nachricht vom Panzerkreuzer SMS Blücher, die Rostron nicht deuten konnte. In einer Fußnote hatte er der Admiralität vorgeschlagen, eine mögliche Verstrickung der SMS Blücher mit dem Untergang der Titanic zu prüfen.

Jemand hatte handschriftlich daruntergeschrieben:

Unsinn! S.M.S Blücher war zum Zeitpunkt des Untergangs als Ausbildungsschiff für Marineinfanteristen in der Ostsee eingesetzt.

Die Unterschrift war nicht zuzuordnen.

So war die Liste ohne weitere Beachtung zu den Akten gelegt worden, sie bewies aber auch, dass Churchills Behauptung falsch gesen war.

Olmenburg kooglete erneut und stieß auf eine weitere geheimnisvolle Spur. In Deutschland gab es tatsächlich ein Dorf namens „Dorpamarsch“. Es war berühmt durch den von Emma Heldenreich gegründeten und nach ihr benannten „Tante-Emma-Laden“, der inzwischen zum Weltkulturerbe ernannt worden war. Aus dem Lebenslauf der Emma erfuhr er, dass ihre Eltern „August und Wilhelmine Heldenreich“ hießen und Emma noch zwei Schwestern mit den Namen Berta und Dora hatte. Emma und Berta waren zum Zeitpunkt des Untergangs der Titanic 12 und 6 Jahre alt, während Dora erst zwei Jahre später zur Welt kam.

Als Olmenburg auch noch las, dass August Heldenreich Kaiserlicher Hoflieferant in Marineangelegenheiten war, hielt er das Geheimnis der Flaschenpost für gelöst: Es gab gar keine geheime Nachricht! Vielmehr hatten die Mädchen bei einem Besuch auf dem Schiff die Flasche ins Meer geworfen. Das war wahrscheinlich während des Empfangs anlässlich der Ernennung von Tirpitz zum Großadmiral in Wilhelmshaven gewesen.

Irgendwo und irgendwann hatte jemand die Flasche aus dem Meer gefischt und an die Britische Admiraltät geschickt, wo Churchill sie als Beweis für ein Kriegsverbrechen der Deutschen angesehen hatte.

Es musste aber noch geklärt werden, wie die Flasche mit der Nachricht zu der Britischen Admiralität gelangt war. Sonst hätte sich der damalige Lordadmiral Sir Winston Churchill wohl kaum darum gekümmert.

Alles Unsinn also! Es gab kein Kriegsverbrechen! Es gab nur einen harmlosen Mädchenspaß!

Und nun hatte Sir Matthew Olmenburg ebenfalls seinen Spaß damit. Immerhin war die Flaschenpost inzwischen 138 Jahre alt. Ob man sie noch zustellen konnte?

Der Olm schaute ins „International Adress Book“ (IAB) und fand sehr schnell die Ortschaft Dorpamarsch, aber keine Eintragungen auf den Namen Heldenreich. Natürlich! Die Personen waren ja schon lange tot. Aber er hatte auf noch lebende Nachkommen gehofft. Die gab es nicht – nur den „Tante-Emma-Laden“ in Dorpamarsch.

Kurzerhand verpackte Olmenburg die Flasche samt Inhalt sorgfältig und schickte sie an den Tante-Emma-Laden. Irgendjemand würde sich schon melden.

Dorpamarsch Forever

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