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Seniorenschiff „Welt & Mehr“

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Er hatte sich auf die Ausschreibung bei der EHS beworben und von Rasputin einen Vorstellungstermin erhalten. Das klappte erst, als das Schiff gerade wieder in Bremen war.

Drei Bewerber gab es bisher, doch die ersten beiden hatten auf Rasputin keinen sehr zuverlässigen Eindruck gemacht. Pünktlich um 10.00 Uhr betrat Kömmel über die Gangway die „Welt & Mehr“ und fragte bei der Rezeption nach Dr. Rasputin. Die freundliche Rezeptionistin bat ihn, in der Lounge Platz zu nehmen. Kurz darauf erschien Dr. Rasputin persön­lich und stellte sich vor. Er wolle den Weg zu seinem Büro ausnutzen, ihm einen kleinen Überblick über das Schiff zu geben. Unterwegs sah der Arzt ihn mehrmals prüfend von der Seite an. „Sie kommen mir be­kannt vor. Haben wir uns schon mal kennengelernt?“, fragte er schließ­lich.

Kömmel zögerte. Sollte er sich gleich als Vertreter der Lotteriegesell­schaft zu erkennen zu geben? Warum nicht? Spätestens beim Vorstel­lungsgespräch würde er ohnehin damit herausrücken müssen. „Wir haben uns bereits bei der Nordelbischen Lotteriegesellschaft kennenge­lernt, als Frau Emma Heldenreich ihr Los verlegt hatte. Das ist aber schon 25 Jahre her.“

Rasputin erinnerte sich, doch er kannte natürlich die Beweggründe nicht, die damals zu dem Versuch geführt hatten, Emma ihren Gewinn vorzuenthalten. Der Schuss war ja leider auch nach hinten losgegangen, dachte Kömmel. Nich zuletzt deshalb war er jetzt hier, aber davon durf­te Rasputin nichts merken. Dieser schwieg nachdenklich und versuchte, sich die damaligen Ereignisse in Erinnerung zu bringen. Aber eigentlich war alles für Emma gut ausgegangen. Es gab also keinen Grund, Köm­mel gegenüber misstrauisch zu sein.

Die Geschäftsstelle der Stiftung an Bord des Schiffes bestand aus zwei nebeneinanderliegenden Büros: eines für den Vorsitzenden Dr. Raspu­tin, das andere für den zukünftigen Geschäftsführer.

„Das würde Ihr Büro werden“, stellte Rasputin es vor, „vorausgesetzt, wir können uns einigen. Was haben Sie denn für Vorstellungen?“

Ein Steward brachte eine Kanne Kaffee, zwei Gedecke und etwas Ge­bäck und zog sich dezent wieder zurück. „Das gehört zu den Annehm­lichkeiten hier an Bord“, bemerkte Rasputin, „ich genieße es durchaus.“

„Was haben Sie denn für diesen Posten vorgesehen?“, fragte Kömmel zurück. Erst mal hören.

„Nun“, überlegte der Arzt, „das ist eine Stiftung für gemeinnützige Zwecke. Wir müssen die Kosten natürlich niedrig halten. Ich habe sogar an eine ehrenamtliche Tätigkeit gedacht – natürlich mit einer angemes­senen Aufwandsentschädigung. Mir liegt vornehmlich an einem Mitar­beiter, dem ich vertrauen kann, … der sich voll und ganz mit der Stiftung identifiziert.“

Kömmel wurde ungeduldig. Er musste den Posten haben, ganz gleich, wie er honoriert wurde. Es würde ohnehin nicht lange dauern, außerdem bekam er ja noch sein Gehalt von der Nordelbischen. „Ich schlage vor, dass ich zunächst mal rein ehrenamtlich arbeite, damit Sie mich besser kennenlernen können. Man soll ja nie die Katze im Sack kaufen. Wenn Sie meinen, ich bin der Richtige, werden wir uns schon über die weite­ren Modalitäten einigen.

Rasputin war erfreut. So stellte er sich einen Geschäftsführer vor. Von Anfang an die Initiative übernehmen. Die beiden wurden sich schnell einig. Kömmel würde zunächst für sechs Wochen ohne Bezüge die Ge­schäftsführung übernehmen und beweisen, was in ihm steckt. Rasputin hatte auch schon den ersten Auftrag für ihn.

„Mein lieber Herr Kömmel“, sagte er, „ich habe noch eine Pflicht zu er­füllen, die zwar nicht mit der Stiftung, dafür aber mit der Erbschaft zu­sammenhängt.“

Kömmel hörte aufmerksam zu. Jetzt erfuhr er die Einzelheiten des Tes­taments von Emma Heldenreich. Die Hälfte ihres Vermögens sollten ihr Lebensretter Friedrich Rupp und seine Ehefrau Rieke für den Erwerb und Betrieb eines Tante-Emma-Ladens erhalten. Das war ausdrücklich so festgelegt. Nur für diesen Zweck durfte das Geld angelegt werden, und Rasputin war für die einwandfreie Erfüllung verantwortlich. Selbst­verständlich hätte sich Raupe auch allein um den Erwerb eines solchen Ladens kümmern können, doch bisher waren alle seine Bemühungen erfolglos geblieben. Es gab einfach keinen Laden, der auf Dauer den Lebensunterhalt der beiden sichern konnte.

Rasputin bat deshalb Kömmel darum, eine geeignete Immobilie zu fin­den. Da konnte sich dieser schon mal beweisen.

Kömmel stimmte erfreut zu. Das war seine Chance.

Mit einem ganz besonderen Tante-Emma-Laden wollte er sich sozusa­gen in die Stiftung „einkaufen“. Ihm schwebte da etwas vor.

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