Читать книгу Das unheimliche Horror-Kabinett: Sammelband - Alfred Bekker - Страница 20

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Wie wahnsinnig hatte Ralston gegen die Tür gehämmert.

Jetzt, als sie plötzlich aufsprang, taumelte er ein paar Schritte zurück.

Marcus Cornelius stand sehr ruhig da und blickte sein Gegenüber kalt an.

"Endlich, da sind Sie!", rief Ralston aufgebracht.

Er keuchte.

Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und seine Augen flackerten unruhig. Wahnsinn leuchtete aus seinem Blick.

"Was wollen Sie?", fragte Cornelius. Er trat aus der Tür heraus.

"Sie haben Elaine auf dem Gewissen!"

"Was reden Sie da, Ralston!"

"Ich weiß es und Sie wissen es!", schrie der junge Mann. "Lange bevor sie in jener schrecklichen Nacht erwürgt wurde, war sie innerlich tot... Sie hat mir von Ihnen erzählt, Cornelius. Von Ihnen und Ihrer Frau... Und von den absonderlichen Dingen, die in diesem verfluchten Gemäuer vor sich gehen! Halb wahnsinnig war sie vor Angst und Grauen. Ich beschwor sie, diesen Ort zu verlassen, aber..."

"Sie ist geblieben", erwiderte Marcus Cornelius mit einem Tonfall, der an klirrendes Eis erinnerte.

Langsam setzte der Hagere einen Schritt vor den anderen.

Jetzt erst sah Ralston, dass Cornelius etwas in der Hand trug.

Da leuchtete etwas.

Grünlich schimmerte es durch die Hand durch, deren Knochen dadurch sichtbar waren.

Ralston hielt einen Moment inne.

Ungläubig starrte er die Hand seines Gegenübers an.

Cornelius lächelte.

"Auf einmal so schweigsam, Mr. Ralston?", fragte er.

Beinahe schien es, als würden diese Worte Ralston aus seiner Lethargie herausreißen. Er zog die Pistole aus der Jackentasche und richtete sie auf Cornelius.

Ralstons Finger krümmte sich.

Sein Gesicht wirkte jetzt geradezu verzerrt.

Er verstärkte den Druck auf den Abzug. Das Weiße an den Knöcheln seiner Finger trat deutlich hervor.

Dann stieß er einen gellenden Schrei des Entsetzens aus.

Ein grüner Strahl pfiff schnurgerade durch die Luft. Er ging von dem eigenartigen leuchtenden Etwas aus, das Cornelius zu umklammern schien. Der Strahl traf die Waffe, Rauch stieg auf.

Ralston ließ sie mit einem heiseren Schrei des Entsetzens fallen.

Fassungslos starrte er die wie unter extremer Hitzeeinwirkung verformte Pistole an, die einen Meter von ihm entfernt auf dem Boden lag.

Beißender Rauch stieg von ihr auf. Rauch, den der kühle Abendwind auseinandertrieb.

"Nein!", keuchte Ralston. Er taumelte mehrere Schritte rückwärts in Richtung seines Motorrades. "Ich wusste es!", rief er beschwörend. "Ich wusste es... Sie sind eine Gefahr, Cornelius! Ich habe es immer schon gewusst!"

Cornelius lachte schallend.

Ralston nahm neben sich eine Bewegung auf dem Boden war. Er wandte den Kopf und kaltes Entsetzen packte ihn. Das blanke Grauen kroch ihm wie einer kalten, glitschigen Hand gleich den Rücken hinauf, und einen Augenblick lang war er wie erstarrt.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte er zu Boden.

Dort hatte sich etwas bewegt...

Etwas grub sich mit energischen Bewegungen aus dem Boden heraus...

Ein Tier!

Eine Ratte!

Ein grünlicher Schimmer überzog ihren Körper.

Sie wirkte wie mumifiziert.

Die Haut war eingefallen.

Die Augenhöhlen...

Leer!

Wie ein Kadaver wirkte dieses Tier.

Ein Kadaver, dem eine unheimliche, dämonische Macht das Leben für einen Moment zurückgegeben hatte.

Es bewegte sich langsam, wie eine an unsichtbaren Fäden gezogene Marionette.

Namenloses Entsetzen hatte Ralston gepackt.

Er taumelte davon und schrie erneut auf.

Aber überall zu seinen Füßen begann sich der Boden zu bewegen.

An manchen Stellen brach er förmlich auf und eigenartiges Getier krabbelte aus der Tiefe. Mumifizierte, wie ausgetrocknet wirkende Körper von Ratten und anderen kleinen Nagetieren.

Ein Geruch von Fäulnis und Verwesung stieg aus den Löchern empor. Ein krächzender Schrei ließ Clyde Ralston zusammenzucken.

Die Krähen, die in einem nahen Baum gesessen hatten, stoben davon. Dafür kamen jetzt auch seltsame Zwitterwesen zwischen Nagetier und Vogel aus der Erde gekrochen...

Und dann...

Eine menschliche Hand!

Sie ragte deutlich aus der Erde heraus.

Eine zweite folgte.

Die Erde wurde im hohen Bogen durch die Luft geschleudert. Ein Kopf und die Schultern kamen zum Vorschein.

Dann ein Kopf...

Leere Augen blickten Ralston an, während sich die Gestalt mit schier übermenschlicher Gestalt aus der Erde herauswand.

Der Boden wurde dabei empor gewirbelt. Ein Ächzen kam über die blaugrünen Lippen dieser Kreatur.

Cornelius hielt indessen seine grünlich leuchtende Hand empor und öffnete sie.

Der Stein wurde sichtbar.

Das Leuchten begann stärker zu pulsieren.

"Komm empor, alles was tot war... Yramkyrr erweckt dich", kam es flüsternd über Cornelius' Lippen.

Ralston griff nach seinem Motorrad. Er zitterte.

Überall um ihn herum hatte der Boden auf gespenstische Weise zu leben begonnen. Kreaturen, die seltsame Mischungen verschiedener Tiere darzustellen schienen, formten sich aus der Erde heraus. Der Staub sammelte sich und formte Zwitter aus Ratte und Fuchs. Hundeähnliche Geschöpfe mit den Köpfen von Greifvögeln brachen ebenso aus der Erde heraus wie vereinzelte menschliche Hände...

Alles, was an lebendem Gewebe im Laufe von Zeitaltern auf dieser Anhöhe gestorben, verwest und zu Erde geworden war, schien jetzt auf geheimnisvolle Weise wiederzuerstehen. Und manchmal hatte es sich in neuen Kombinationen zusammengefunden, die nur noch entfernt an die ursprüngliche Gestalt jener Lebewesen erinnerten, deren tote Körper hier im Laufe vieler Jahrtausende zerfallen waren.

Dies schien selbst für pflanzliches Leben zu gelten, das in ungeheurem, jeglichen Naturgesetzen widersprechendem Tempo aus dem Boden heraus wucherte, ihn überzog, um dann wieder zerstört zu werden, wenn die Erde aufbrach und eine der dämonischen Schattenkreaturen aus dem Erdreich emporstieg...

Die Bewegungen dieser Kreaturen waren langsam und schleppend.

Sie hatten Ralston eingekreist.

Und Marcus Cornelius schritt mit einem teuflischen Lächeln auf den Lippen zwischen ihnen hindurch.

Sein Blick war fest auf Ralston gerichtet, der sich auf sein Motorrad schwang.

Eine graugrün schimmernde Ratte, so mager wie ein Skelett, schüttelte er mit einem Aufschrei von seinem Hosenbein. Ein groteskes Vogelwesen, so groß wie ein Huhn, aber mit dem Kopf eines Marders flatterte auf. Das Maul mit spitzen Zähnen war weit aufgerissen. Ein schriller Schrei entrang sich dem flatternden Wesen, das vor wenigen Augenblicken aus der Erde heraus gekrochen war. Es griff Ralston an. Ralston duckte sich, schlug zu. Das Geschöpf segelte seitwärts. Ralston schrie auf. Er hatte sich an der Hand verletzt. Das Geschöpf hatte ihn gebissen.

Mit einem durchdringenden Knattern sprang der Motor des Motorrades an. Allerdings erst beim zweiten Versuch. So nervös und von Panik erfasst war Ralston in diesem Augenblick.

Die Kreaturen, die aus der Erde gekommen waren, zogen ihren Ring enger.

Das Grauen packte Ralston.

Er wirbelte herum, ließ entsetzt den Blick schweifen.

Die wankende Gestalt eines Mannes ließ ihn einen Moment erstarren. Der Mann trug eine zerfetzte, halbvermoderte Uniform, wie man sie vielleicht vor zweihundert Jahren getragen hatte. Er wankte mit leeren Augen vorwärts, direkt auf Ralston zu. Hinter ihm folgte ein magerer Hund sowie eine Gestalt, die zum größten Teil menschlich war, aber den Kopf eines Wolfs besaß. Ein Pulk von grotesken Kleintieren krabbelte über den Boden, der immer wieder von neuem aufbrach, um neue, grauenerregende Kreaturen hervorzubringen, die ein dämonischer Zauber aus ihrem ewigen Schlaf geweckt hatte.

Ralston ließ den Motor des Motorrades laut aufbrausen. Mit grimmiger Entschlossenheit wollte er durch den Ring, den die Erdkreaturen um ihn herum gebildet hatten hindurch fahren...

"Halt!", rief indessen Marcus Cornelius.

In der Rechten hielt er noch immer den schimmernden Stein.

Dieses Leuchten strahlte auch auf sein Gesicht aus und gab ihm ein seltsames, beinahe nichtmenschliches Aussehen...

"Warte, Clyde!", rief er Ralston zu.

Seine Stimme hatte einen geradezu gewaltigen Klang.

Ralston erschrak. Denn er hörte diese Worte nicht nur akustisch, sondern gleichzeitig gewissermaßen in seinem Kopf.

Er schluckte.

Die Kreaturen, die ihn umgaben und nur darauf zu warten schienen, sich auf ihn stürzen zu können, um ihn zu zerreißen, erstarrten für einen Moment.

Sie reagieren wie ein Orchester auf seinen Dirigenten!, ging es Ralston schaudernd durch den Kopf. Sein Blick glitt ihre Reihen entlang. Große und kleine Kreaturen waren unter ihnen.

Ihre Zahl war unvorstellbar groß. Immer neue Wesen brachen aus dem Boden hervor, der aussah, als wäre er von Planierraupen bearbeitet worden. Ich habe keine Chance!, durchzuckte es ihn. Nicht einmal den Hauch...

"Clyde, werde ein Diener Yramkyrrs!", rief Cornelius. "Jener Kraft, die den Tod besiegt und bald die Herrschaft antreten wird... Die Herrschaft über alles! Die Lebenden und die Toten! Also folge Yramkyrr..."

"So, wie meine Schwester, ja? Was hat es ihr eingebracht?"

"Sie hat sich Yramkyrr verschlossen... Du könntest aus ihrem Schicksal lernen..."

"Mörder!", schrie Ralston.

Dann ließ er das Motorrad vorschnellen. Es raste direkt in die dichten Reihen der absonderlichen Erdkreaturen hinein.

Doch er kam nicht weit.

Kaum ein Dutzend Meter weit, dann blieb er in dem Gewirr aus Armen, Beinen und Körpern hängen. Die Schattengeschöpfe stürzten sich mit dumpfen Geschrei auf ihn.

Das Motorengeräusch übertönte noch den schauderhaften Todesschrei des Opfers.

Schließlich nahm Cornelius den leuchtenden Stein in die Linke und murmelte mit sonorer Stimme eine Reihe geheimnisvoller Worte: "Quarmategis sequo'on Maltevet!"

Worte, wie aus einer Sprache, die älter war, als die Zeit selbst.

Cornelius wiederholte diese Worte immer wieder.

Sie wurden zu einem dumpfen, sonoren Singsang.

Das Leuchten in dem geheimnisvollen Stein, den er in der Hand trug, pulsierte in einem langsameren Rhythmus.

Und jene Kreaturen, die soeben aus der Tiefe empor gekrochen waren, begannen vor seinen Augen zu zerfallen. Sie wurden wieder zu dem, was sie schon vorher gewesen waren.

Zu Erde.

Es dauerte nur einige Augenblicke, dann war der gesamte Spuk vorbei.

Nur Clyde Ralstons lebloser Körper blieb zurück.

Aus dem leuchtenden Stein heraus schossen zwei Strahlen, die Cornelius in den Augen trafen. Cornelius stöhnte auf.

Und dann hörte er seine Gedankenstimme.

Die Stimme Yramkyrrs!

"Der Tag ist gekommen! Meine Kraft wird von Augenblick zu Augenblick stärker! Die Armeen der Toten, die Geschöpfe aus der Tiefe der Erde... Bald werden sie für mich die Herrschaft erringen...Und es wird nichts und niemanden geben, der sich diesem Heer der Schattenkreaturen in den Weg zu stellen vermag... Jeder Krümel Erde wird sich in das zurück verwandeln, was er einst war! In Leben! Leben, das meinen Befehlen gehorcht..."

Cornelius schauderte.

Innere Kälte erfüllte ihn, und er erzitterte leicht.

"Vor langer Zeit haben wir einen Pakt geschlossen, Cornelius..."

"Ich weiß", erwiderte der hagere Mann, ohne dabei den Mund zu öffnen. "Ich weiß... Und ich werde ihn erfüllen, Yramkyrr!"

"Daran, Cornelius, hatte ich nie den geringsten Zweifel... Nie!" Ein verfremdetes, kaum menschlich zu nennendes Lachen folgte und erfüllte dröhnend Cornelius' Kopf. Es war schmerzhaft für ihn. Er stöhnte auf. Und die Stimme fuhr fort: "Ich bin mir deiner vollkommen sicher, Cornelius! Du hängst viel zu sehr an deinem Leben, um mich zu verraten!"

Das unheimliche Horror-Kabinett: Sammelband

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