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2.3.1. Das Ende des Historismus

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2.3.5.

Diese Ablösung setzte eine positive Einstellung zur neuen industriellen Maschinenästhetik voraus. Eine solche suchte im Futurismus das grelle und ideologische Scheinwerferlicht, aber sie umfasste weite Bereiche der Kunst und Architektur, erwähnt seien Hermann Muthesius, Hannes Meyer, Le Corbusier – beide sprachen vom Wohnhaus als Maschine –, Frank Lloyd Wright und in den USA Louis Sullivan. Rund um den Spruch Le Corbusiers, wonach Stile Lügen seien, setzte sich eine neue Architektursprache durch. Mit Walter Gropius’ Bauhausgebäude, Frank Lloyd Wrights Fallingwater und Le Corbusiers Villa Savoye war der neue Bautyp für die Moderne gefunden und setzte alle Neo-Stile des vorhergehenden Jahrhunderts unter Ideologieverdacht. Die neue Sprache der Architektur, die wegen der freien Grundrissgestaltung durchaus vielfältig angelegt war, was jede Stilbildung verhinderte, war eine Sprache der Aufklärung, deren Alphabet man erst langsam zu definieren unternahm. Vor diesem Hintergrund muss man die Aufregung um Le Corbusier verstehen, als er seine Gebäude plötzlich nicht mehr aus rechten Winkeln, sondern aus Muschelschalen und Schneckengehäusen zusammensetzte.

Gartenstadt

VIII.2.2.2.

Paul Jürgen in ATh 2011, 670

Dabei stellten die modernen Architekten ihre Bauwerke nicht einfach gegen die Natur. Der oben angesprochene Reiz einer Symbiose, damit einer neuen Version der Naturnachahmung, blieb bestehen. Der Einbezug der Natur wurde besonders im Städtebau ein ausdrückliches Thema, nicht nur aus Gründen der Hygiene, sondern auch als Rückgriff auf die alten Gartenkonzepte. Der britische Stadtplaner Ebenezer Howard träumte von einer neuen Lebensform, welche die Spaltung zwischen Stadt und Land überwindet und auf einen dritten Weg (Town-Country) setzt. Er propagierte die Idee einer Gartenstadt, wobei ihm bei diesem mit Utopien aufgeladenen Thema – konkret war er angeregt von Edward Bellamys Utopie Looking Backward – auf die Realisierbarkeit zu achten. In Garden Cities of Tomorrow (mit erstaunlichen Parallelen zu der 1896 von Theodor Fritsch herausgebrachten Schrift Die Stadt der Zukunft) legte Howard seine Vorstellungen nieder. 1898 gründete er die Garden City and Town Planning Association. Seine Vorschriften bei den Planungen waren rigoros und detailliert. Howard gilt als erster, der »die bauliche Entwicklung von Stadt und Land als zusammenhängendes Problem erkannt hat.« Moralische und pädagogische Konzepte waren im Städtebau überall präsent und praktisch alle wichtigen Architekten des beginnenden 20. Jh.s leisteten Beiträge dazu. Kaum je trennte ein Autor in seinen kunsttheoretischen Überlegungen die Genres, vielmehr erschien das soziale Anliegen geradezu als ein ästhetisches.

III.2.2.1.

Naturgemäß barg das Sprengstoff für die Diskussion um den Sinn von Moderne. Camillo Sitte, Leiter der Staatsgewerbeschule in Wien, erregte mit seinem Buch Der Städte-Bau nach seinen künstlerischen Grundsätzen. Ein Beitrag zur Lösung moderner Fragen der Architektur und monumentalen Plastik unter besonderer Beziehung auf Wien (1889) großes Aufsehen. Er forderte ein Ende des seiner Meinung nach monotonen Städtebaus des 19. Jh.s und eine künstlerische Gestaltung der Stadt, die sich ein Vorbild an der vorindustriellen Stadt nehmen sollte. So habe die Agora in der Stadt über die Jahrhunderte eine ähnliche bergende Funktion gehabt wie das Atrium des antiken Hauses und den alten Plätzen mit ihren Denkmälern sei die Qualität eines Gesamtkunstwerks zugekommen, während die Gegenwart nur eine funktional-ökonomische Gestaltung der Stadt abliefere. Sitte verband mit der Stadtarchitektur über die gute Lebbarkeit hinaus keine ausufernden sozialen Utopien. Gleichwohl wurde ein solches Konzept von Vertretern des funktionalen Bauens, etwa von Le Corbusier, für den auch die Stadt wie eine Maschine funktionieren musste, abgelehnt.

Internationaler Stil

5.3.1.

4.6.2.

V.7.2.ff.

5.3.1./4.6.1.f.

1932 richteten Philip Johnson und Henry-Russell Hitchcock im Museum of Modern Art in New York die Ausstellung Modern Architecture mit einer Präsentation des Internationalen Stils und der europäischen modernen Architektur aus. Die Ausstellung ebnete europäischen Einflüssen in den USA den Weg und Johnson selbst wurde mit dem zusammen mit Hitchcock verfassten Buch International Style: Architecture since 1922 (1932) ein Wegbereiter der Moderne in der Architektur. Die Autoren machten in diesem Buch einen Unterschied zwischen Funktionalismus und International Style am Ausdruckswillen fest, der für die einschlägigen Architekten elementar war und ästhetische Kategorien wie Proportion umfasste, während der reine Funktionalismus darauf verzichtete. Das mag erklären, dass Johnson schließlich Sympathien für den postmodernen Historismus hegte, weshalb er für seine eigenen Gebäude einen historischen Anschluss suchte. Sein eigenes transparentes Haus allerdings wurde zu einer Ikone der Moderne (Glass House in New Canaan, Connecticut). Glas wurde von den Strömungen der Moderne und Avantgarde gefeiert, weil es den Raum öffnete, weil Licht und Sonne symbolisch für Hygiene, Aufklärung und für Transparenz der statischen Notwendigkeiten standen – Beschreibungen, die nicht viel anders auf die Gotik und die damalige Aufklärung der in der Scholastik aufgekommenen Universitätskultur passen. Es ist ein neues Kapitel der Eliminierung der Materie, jetzt nicht mehr religiös konnotiert, sondern pädagogisch oder aufklärerisch. Da eine solche Haltung universalistisch ist, braucht es kein das Regionale kennzeichnendes Ornament. Die spätere Kritik konstatierte an dieser Entwicklung Geschichtsvergessenheit. Es war der Moment, wo sich die Moderne der Architektur in ihrem Bestreben, den alten Historismus zu überwinden, auf den geometrischen Universalismus einengte. Bereits in der ersten Jahrhunderthälfte wurde dagegen unter dem Stichwort Funktionalismuskritik Front gemacht und es bot vor allem Anlass für die Kritik durch die Postmoderne.

Pehnt Wolfgang in Argan 1977, 343

Aber auch hier gilt: keine architektonische Moderne ohne utopische Avancen: »In ihrem universalistischen Weltentwurf sollten alle Spannungen aufgehoben sein. Indiz sind die Zahlenspekulationen, in alter platonisch-plotinischer Tradition das einigende Band zwischen den Welten.« Vom »hohen lied der harmonik«, von dem der zweite Direktor des Bauhauses Hannes Meyer sprach, bis zum Modulator Le Corbusiers reichte die Palette der platonisierenden Zahlenspekulationen.

Le Corbusier, zit. nach Ebd., 344

»[…] Statuen, Säulen, Giebel sind leichter begreifbar als die keuschen und makellosen Linien, wie sie die Lösung gewichtiger Probleme und technischer, bisher unbekannter Schwierigkeiten mit sich bringt.«

Kunstphilosophie und Ästhetik

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