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Die Residenzstadt Paris

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Frankreich setzte das Vorbild für das politische System des Absolutismus. Seine Hauptstadt Paris war auch das Vorbild für die Bautätigkeit in den großen Residenzstädten Europas. 1528 ließen sich die französischen Könige endgültig in Paris nieder. Franz I. begann mit dem Aufbau des Louvre, Heinrich IV. begann mit umfassenden staatlichen Programmen die Neuorganisation des Straßennetzes, der Kanalisation und der Wasserleitungen in Paris, welches damals rund 100.000 Einw. zählte. Ein fester Stab von Fachleuten wurde eingesetzt und eigene Ämter gegründet. Der Finanzminister erhielt die Verantwortung für das Bauwesen und den Straßenbau übertragen. Seit damals untersteht die französische Hauptstadt dem Innenministerium und hat bis heute direkten Zugang zum staatlichen Budget.


Abb. 1.29: Paris, Louvre gegen Westen

Außerhalb von Paris errichtete Ludwig XIII. eine neue Residenz in Saint-Germain-en-Laye. Damit wurde das Konzept des Lebens auf Sommervillen römischer Eliten im Absolutismus wieder aufgegriffen. Die Sommervilla verwandelte sich in das Sommerschloß des Herrschers. Ludwig XIV. verließ den Louvre (Abb. 1.29) und übersiedelte mit seinem Hof in die neue Residenz von Versailles (Abb. 1.30), die nach und nach zu einer kleinen „künstlichen“ Hauptstadt erweitert wurde und schließlich eine gleichgroße Fläche einnahm wie die Hauptstadt Paris. Ludwig XIV. besaß die organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten, um eine ganze Landschaft zu verändern und neu zu gestalten. Die Hinausverlagerung des Hofes und der aristokratischen Gesellschaft aus Paris ist damit weit mehr als nur eine Fortsetzung des gesellschaftlichen Lebens der römischen Patrizier in den Sommervillen, welches als „Villeggiatura“ in die Kulturgeschichte eingegangen ist. Sie bedeutet vielmehr eine teilweise Emanzipation vom städtischen Leben der Hauptstadt, wo Kirche, Universität und Bürgertum ihren Standort hatten.


Abb. 1.30: Versailles

Die „exzessive barocke Suburbanisierung“ von Hof und Adel in Frankreich hat in Europa kein gleichwertiges Gegenstück gefunden. In Großbritannien blieb der Adel überhaupt auf dem Lande und schuf sich hier im selben Zeitraum großartige Paläste und Villen. In London, welches nach dem großen Flächenbrand von 1664 nicht durch eine umfassende Bautätigkeit der Regierung oder der Stadtplanung wiederaufgebaut worden ist, sondern durch eine Vielzahl privater Initiativen, errichtete der Adel nur seine Zweithäuser in der Stadt. Sie unterschieden sich von den „town houses“ der bürgerlichen Oberschicht kaum und unterbrachen auch nicht die Straßenflucht der Reihenhausverbauung, wie dies bei den Stadtpalästen des französischen Adels mit dem zurückgesetzten Ehrenhof der Fall war. Auch sonst hat Großbritannien mit dem Palladianischen Klassizismus, der im 18. Jh. die englische Landhausarchitektur beherrschte, eine Sonderentwicklung genommen, auf die noch eingegangen wird.

Repräsentative Wertmaßstäbe im Städtebau, in der materiellen Kultur und in den Verhaltensnormen der städtischen Bevölkerung, ferner eine Vielfalt von nichtökonomischen Motivationsstrukturen, definiert über einen spezifischen Standeskodex, zählen zu den persistenten Phänomenen der Residenzstadt, welche ebenfalls analog zur mittelalterlichen Bürgerstadt nicht nach Nordamerika „auswanderte“.

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