Читать книгу In den Fängen der Stasi - Ellen G. Reinke - Страница 14

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12. Alles unter Kontrolle

So recht wohl fühlten wir uns in unserem Wohnblock nicht mehr. Teils auch durch generationsbedingten Mieterwechsel, hatten wir im Haus nur eine einzige Familie, der wir trauen konnten und mit der wir uns anfreundeten.

So sahen wir zum Beispiel Herrn Lauer aus dem Nachbarhaus des Öfteren unter unserem Fenster stehen und eine Zigarette, oder auch mehrere, rauchen. Klar, dass wir uns Gedanken darüber machten, warum er ausgerechnet uns die Luft verpestete, hatte er sich doch in der Vergangenheit schon mehrfach bei politischen Anlässen hervorgetan. Ich verachtete ihn und ich weiß nicht mehr, ob ich ihn überhaupt gegrüßt habe. Der Zufall wollte es, dass ich eines Tages als Notarzt zu einem Bewusstlosen gerufen wurde. Die „nicht ansprechbare Person“ war eben jener Herr Lauer. Ich konnte ihm helfen. Erst hinterher überdachte ich die Situation. Was habe ich für einen Job? Für einen Arzt gilt weder Sympathie noch Antipathie. Einige Tage später sprach mich Frau Lauer an, sie solle mich von ihrem Mann herzlich grüßen und bedankte sich dafür, dass ich ihm das Leben gerettet hätte. Ob er ähnliche Schlussfolgerungen gezogen hatte, wie etwa zehn Jahre zuvor der Kreisarchitekt von Freital, wage ich zu bezweifeln. Dass wir ihn künftig nicht mehr unter unserem Fenster stehen sahen, schrieb ich seinem Gesundheitszustand zu. Er durfte nicht mehr rauchen.

Eine andere merkwürdige Begebenheit kann ich selbst heute nur annäherungsweise deuten: Unsere Nachbarin, Frau Reich, eine ältere Dame, die auch einen Schlüssel von unserer Wohnung hatte, erzählte uns, eine Frau von der „Urania“ habe sich nach mir erkundigt. Sie hätte gesagt, ich solle dort Vorträge halten. Und da müsste man schon Kenntnis davon haben, mit wem man es zu tun hätte. Sie wollte wissen, wie ich so sei, wie ich mein Kind erziehe, wie unsere Ehe gehe, ob wir uns oft streiten würden. … Ich konnte mir keinen Reim daraus machen. Den Uraniaverlag kannte ich. Von einer Gesellschaft Urania mit einer Vortragsreihe hatte ich wohl mal gehört, aber ich hatte niemals Kontakte dort hin und mich erst recht nicht bereit erklärt, da Vorträge zu halten. Dass wir uns beobachtet fühlten, war keinesfalls aus der Luft gegriffen. Aber warum um alles in der Welt interessierten sie sich für meinen Charakter? Was ging die an, wie wir unsere Ehe führten?

In den Fängen der Stasi

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