Читать книгу Paulusstudien - Friedrich W. Horn - Страница 56

JudenJuden und HeidenHeiden – Aspekte der Verhältnisbestimmung in den paulinischen Briefen

Оглавление

Ein Gespräch mit Krister StendahlStendahl, Krister*

* Zuerst erschienen: Friedrich Wilhelm Horn, Juden und Heiden. Aspekte der Verhältnisbestimmung in den paulinischen Briefen. Ein Gespräch mit Krister Stendahl, in: M. Bachmann (Hg.), Lutherische und Neue Paulusperspektive, WUNT 182, Tübingen 2005, 17–39, © Mohr Siebeck Tübingen.

Die unter dem ihr nicht zugetragenen, sondern von ihr selbst gewählten Motto new perspective on Paul vorgetragene Paulusauslegungnew perspective on Paul1 empfing zu Beginn der 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts ihren entscheidenden Anstoß durch den schwedischen Neutestamentler Krister Stendahl2, der von 1954 bis 1984 an der Harvard Divinity School in den USA lehrte und 1984 Bischof der lutherischen Kirche in Stockholm wurde.3 Ein erstmals 1960 in Schweden veröffentlichter Beitrag, der 1961 in einer englischen Fassung erschien, mehrfach wieder abgedruckt und in den folgenden Jahren in verschiedenen Vortragsreihen ausgebaut wurde, trug einen programmatischen Titel, der der new perspective on Paul bis heute eine geradezu polemische Note eingetragen hat: The Apostle Paul and the Introspective Conscience of the West.4 Doch nicht diese anregende und vielfach diskutierte knappe Skizze soll hier der Ausgangspunkt des eigenen Beitrags sein, sondern die als Essay titulierte Studie Paul among Jews and Gentiles, die den größten aller in dem gleichnamigen Buch versammelten Beiträge darstellt. Zeitlich gehen auch diese Darlegungen zurück in die frühen 60er-Jahre. Es handelt sich um Vorlesungen an verschiedenen Universitäten aus den Jahren 1963 und 1964 (vgl. die Angaben im Klappentext).5

Krister Stendahl hält der vorwiegend europäischen bzw. deutschen Exegese vor, dass sie seit Martin Luther, ja letztlich sogar seit Augustin über viele Jahrhunderte hindurch am Hauptthema des paulinischen Denkens vorbeigegangen sei: „It will be my contention in these chapters that the main lines of Pauline interpretation … have for many centuries been out of touch with one of the most basic of the questions and concerns that shaped Paul’s thinking in the first place: the relation between Jews and Gentiles.“6 Die RechtfertigungslehreRechtfertigungslehre, die innerhalb der protestantischen Theologie im Anschluss an den Römerbrief ins Zentrum gerückt worden sei, sei auf ihren Beitrag zur Anthropologie und individuellen Hamartologie reduziert worden. In Wahrheit aber gilt: die Rechtfertigungslehre „was hammered out by Paul for the very specific and limited purpose of defending the rights of Gentile converts to be full and genuine heirs to the promises of God to Israel“ (2; vgl auch 27). Die Rechtfertigungslehre sei folglich dem Thema der universalen Mission, ihren Bedingungen und Möglichkeiten, unterzuordnen, nicht aber umgekehrt. Rechtfertigungsaussagen erscheinen bei Paulus, so Krister Stendahl, daher fast ausschließlich in solchen Kontexten, die vom Verhältnis Juden – Heiden handeln (26). Selbst im Römerbrief stehe die Verhältnisbestimmung von Juden und Heiden beherrschend im Vordergrund, nicht aber Rechtfertigung, Erwählung oder andere abstrakte theologische Themen (4). Es sei ein Grundfehler der Auslegung Rudolf Bultmanns gewesen, die Anthropologie (und mit ihr die Hamartologie) in das Zentrum gerückt zu haben (24f). „My simple answer to this problem is that Paul’s doctrine of justification by faith has its theological context in his reflection on the relation between Jews and Gentiles, and not within the problem of how man is to be saved […]“ (26). Alle anderen Aspekte, die unweigerlich mit diesem Neueinsatz zusammenhängen und etwa die Person des Apostels und sein sog. Sündenbewusstsein ansprechen oder die veränderte Sicht des Judentums thematisieren, werden allenfalls am Rand mitbedacht.

Eine Aufarbeitung der Verhältnisbestimmung von Juden und Heiden in den paulinischen Briefen7 und in der paulinischen Theologie8, und dies wiederum im Gespräch mit Krister Stendahl, wird in einem kurzen Aufsatz nicht mehr als einige wenige Aspekte thematisieren können. Im Sinne des übergeordneten Gesamtthemas einer Auseinandersetzung mit der new perspective ist es angezeigt, ausschließlich die von Krister Stendahl formulierte These im Blick zu behalten und zu überprüfen: „I would guess that the doctrine of justification originates in Paul’s theological mind from grappling with the problem of how to defend the place of the Gentiles in the Kingdom – the task with which he was charged in his call“ (27). Weiterführende Überlegungen, etwa im Blick auf die Verhältnisbestimmung von Juden und Heiden im zeitgenössischen Judentum9, in der Verkündigung Jesu10 oder im weiteren frühen Christentum, müssen zurückgestellt werden.

Paulusstudien

Подняться наверх