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»Schuld ist nur der Feminismus«

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Antifeminismus und Antigenderismus in der gegenwärtigen Debatte

Feminismus und Antifeminismus sind zentral miteinander verwobene Ideen.1 Als Reaktion auf feministische Errungenschaften erlebt die Gegenbewegung Antifeminismus gegenwärtig einen Aufschwung, weil dieser behauptet, der Feminismus sei der »wesentliche Grund für den Niedergang der Zivilisation«.2

Häufig wird Antifeminismus mit Misogynie assoziiert oder gar gleichgesetzt: Dieser Umstand lässt sich daraus ableiten, dass misogyne Ansichten die Weichen für Antifeminismus stellten. Antifeminismus baut zentral auf misogynen Argumentationsmustern auf, existiert aber erst seit dem Aufkommen des Feminismus und richtet sich vornehmlich gegen feministische und emanzipatorische Bestrebungen. Antifeminismus ist eine etablierte Weltsicht, die sich als Gegenbewegung zum Feminismus ausformte. Er ist prozesshaft und tritt in unterschiedlichen Ausprägungen auf.3 Gegenwärtig richtet sich Antifeminismus zentral auf den Begriff Gender. Anhänger_innen des Antifeminismus unterstellen dem analytischen Begriff Gender, der eigentlich auf die soziale Konstruktion von Geschlechterverhältnissen verweisen soll, »eine nicht-natürliche, damit also post-essentialistische Fassung von Geschlecht (und Sexualität)«4 zu sein. Mit anderen Worten: Gender und sex werden nicht als relationale Größe verstanden, sondern vielmehr als sich ausschließende Konstanten, die in Konkurrenz zueinanderstehen: Übergeordnetes Ziel von Gender soll, so die Logik des gegenwärtigen Antifeminismus, ein geschlechtsloser Mensch sein.5 Wer sich auch nur ein wenig mit den Begrifflichkeiten auseinandersetzt, dem sollte bewusst sein, dass derartige Forderungen nicht auf der Agenda der akademischen Gender Studies zu finden sind. Dennoch können sich solche Behauptung im Diskurs verankern, da »der Gender-Begriff das Apriori einer gegebenen, unveränderlichen und naturhaften Essenz der Geschlechterdifferenz«6 hinterfragt und somit grundlegend verunsichert.

Gegenwärtig findet sich die Vorstellung von Gender als Genderideologie in den Parteiprogrammen populistischer Parteien Europas wie auch in der sogenannten Alt-Right-Bewegung in den USA.7 Einen neuen Höhepunkt konnten diese Ansichten unter anderem durch christlich-fundamentale Gruppen erlangen.

Im Folgenden will ich dem facettenreichen Netzwerk des Antigenderismus genauer nachgehen und den wechselseitigen Zusammenhang zwischen Antifeminismus und Religion aufzeigen.

Handbuch Gender und Religion

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