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Mängel und Metaphysik

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Der Mensch als „Mängelwesen“ (Arnold Gehlen) ist eine häufige Charakterisierung; sein „Unfertigsein“ verlange nach einer Ergänzung durch Kleidung, Werkzeuge, Kultur und sogar Institutionen. Erst diese Notwendigkeit der Mängelkompensation habe den Menschen, den „Homo compensator“ (Odo Marquard), zum Menschen gemacht. Freilich ist beziehungsweise war der Mensch so gut oder schlecht an die Umwelt angepasst, in der er sich entwickelt hat, wie andere Tiere auch – sonst wäre er schwerlich entstanden. Doch seine Einsichtsfähigkeit ermöglichte es ihm, ein „exzentrisches Wesen“ (Helmut Plessner) zu werden. Es muss nicht ständig direkt und unmittelbar auf die Umwelt reagieren und lernte so auch, über sich nachzudenken.

Mithilfe der Sprache wurde es möglich, Fragen zu stellen und gemeinsam zu erörtern. Dies wirkte selbstverstärkend. „Den Menschen ausgenommen wundert sich kein Wesen über sein eigenes Dasein“, meinte Arthur Schopenhauer; er sprach daher vom „Homo metaphysicus“, weil der Mensch über alle Grenzen hinauszudenken begehrt. Ein Nebenaspekt davon ist die Fähigkeit zur Religion – auch der „Homo religiosus“ (Alister Hardy, Mircea Eliade) wird neuerdings unter evolutionsbiologischen Gesichtspunkten erforscht –, denn aus der Selbsterkenntnis entspringt das nur schwer erträgliche Bewusstsein der Sterblichkeit und Absurdität.

„Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe, als irgend ein Affe“, rief Friedrich Nietzsche seinen Lesern zu. Nicht die Krönung der Schöpfung ist der Mensch, sondern ein (angesichts dieser Erkenntnis nicht selten verschnupfter) Trockennasenaffe – so heißt die Unterordnung der vermeintlichen „Herrentiere“ (Primaten), zu der der Mensch zoologisch gehört –, aber einer, der sich erstmals in der Geschichte der Erde als Spezies selbst zu vernichten vermag und viele weitere Arten mit ihm. So steht er am Scheideweg zwischen Untergang und Übergang … wird er doch noch „weise“ werden?

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