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Die Phasen des Lebens – und des Alterns. In einer Gesellschaft des Jugendwahns fällt es vielen Menschen schwer, ihr Älterwerden zu akzeptieren.

Schönheit – gegen die Zeit

Ein Kampf, den der Mensch nur verlieren kann: das sogenannte „Anti-Aging“

Von Marie Eickhoff

Mit Cremes, Kapseln und Operationen versuchen Menschen, jugendliches Aussehen festzuhalten. Ist das möglich? Und ist ist das nötig? Die Jagd nach der ewigen Schönheit.

Am einfachsten wäre wohl ein Zaubertrank: ein Mittel, das ewig jung hält. So wie Formaldehyd. Der Stoff kann Körper auf ewig konservieren – allerdings nur tote. Sie bleiben für immer frisch, wenn das Blut durch Formaldehyd ersetzt wird.

Ewige Schönheit soll aber am lebenden Objekt sichtbar werden, nicht an einer Mumie. Blut auszutauschen, kommt also schon mal nicht infrage.

Bei Harry Potter wirkt der „Stein der Weisen“ als Lebenselixier, das unsterblich macht. Die Figuren von „Twilight“ altern nicht, weil sie Vampire sind. Und Benjamin Button wird wegen einer verzauberten Uhr, die sich rückwärts dreht, sogar stetig jünger statt älter. Alles das sind zauberhafte Geschichten, aber keine Schönheitsmittel für die Realität. Was hilft jenseits der Fantasie? Gute Gene vielleicht. Gibt es vielleicht sogar Schönheitsgene?

Der Lebensstil beeinflusst unser Aussehen

Wie wir aussehen, ist genetisch programmiert. Der Lebensstil kann dieses Genprogramm aber beeinflussen. Zum Beispiel entscheidet der Lebensstil zu bis zu 70 Prozent, wie übergewichtig jemand wirklich im Laufe seines Lebens wird, der genetisch dafür veranlagt ist. Entscheidend ist, wie sich jemand ernährt, wie aktiv er ist und ob er kräftig Alkohol trinkt oder raucht.

Ein anderes Beispiel: UV-Strahlen verändern das Aussehen der Haut. Wer sich gerne sonnt, ist anfangs schön gebräunt, aber hat anschließend schneller eine faltige Haut, weil UV-Strahlen die Haut schneller altern lassen. Deutlich merkte das ein Truck-Fahrer, dessen eine Gesichtshälfte nach 28 Jahren im Beruf deutlich faltiger aussah als die andere. Er hatte an der Fensterscheibe seines LKW so oft Sonne abbekommen, dass seine Haut auf dieser Sonnenseite schneller alterte ist als auf der anderen.

Der Lebensstil ist etwas, was wir in der Hand haben. Er hängt von persönlichen Entscheidungen ab – und in manchen Fällen von Glück. Und das ist definitiv nicht beeinflussbar – ebenso wie der Faktor Alter. Denn Alter ist der größte natürliche Feind von ewiger Schönheit. Dagegen gibt es kein Medikament. Aber viele angebliche Wundermittel. Ob die wirklich Wunder wirken, konnte die Wissenschaft bisher nicht belegen.

Faltencremes? Fehlanzeige!

So gibt es Faltencremes, die sogenannte Anti-Aging-Effekte versprechen. Sie enthalten etwa Hyaluronsäure, eine klare Flüssigkeit, die die Konsistenz eines Gels hat und in gewissen Mengen vom Körper selbst produziert wird. Ihre wichtigste Aufgabe: Wasser speichern – zum Beispiel für die Haut und die Gelenke. Je älter ein Mensch ist, desto weniger Hyaluronsäure produziert sein Körper. Deshalb erscheint es sinnvoll, synthetische Hyaluronsäure zuzuführen. Gegen tiefe Falten haben die Cremes allerdings keine Chance. Sie wirken maximal an der Hautoberfläche. Und auch die Wirkung von Getränken und Spritzen mit Hyaluronsäure ist wissenschaftlich nicht recht belegt.

Als weiteres angebliches Wundermittel durchgesetzt haben sich Antioxidantien, die die Haut vor freien Radikalen schützen sollen. Freie Radikale entstehen innerhalb des Stoffwechsel oder durch schädliche Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel durch Zigarettenrauch oder zu viel Sonne. Sie sind eine besonders reaktionsfreudige Form von Sauerstoff und gelten als gefährlich, weil sie die Struktur von Zellen schädigen können. Das kann positiv sein, wenn sie beispielsweise Bakterien angreifen, aber auch negativ wirken, wenn sie etwa die Alterung der Haut beschleunigen. Antioxidantien wirken gegen diese freien Radikale und sind zum Beispiel in Gemüse und Obst mit vielen Vitaminen zu finden. Ob Antioxidantien in Form von Nahrungsergänzungsmitteln den Körper wirklich langsamer altern lassen, kann die Forschung allerdings bis heute nicht beantworten.

Was hilft, um Falten zu füllen, ist, Substanz unter die Haut zu spritzen, Botox zum Beispiel. Botox ist die Kurzform von Botulinumtoxin. In Kochsalzlösung gelöst, wird es unter die Haut gespritzt, glättet sie und lässt sie prall aussehen. Botox ist allerdings ein Nervengift – und es kann sein, dass es nicht nur die Falten im Gesicht plättet, sondern die Mimik gleich mit lähmt. Bei solchen Nebenwirkungen wäre es vielleicht doch einfacher, die Gesichtsfalten mit Theaterschminke zuzuspachteln.

Make-up modelliert das Gesicht

Schminke kann einen Menschen komplett verändert aussehen lassen, denn Puder und Make-up können einem Gesicht ganz neue Formen geben. Contouring heißt der Trend, mit dem Gesichtskonturen optisch reguliert werden können. Mit dunklen Bronzern und hellen Highlightern wird das Gesicht neu geformt. Bei Teenagern ist die Technik beliebt. Sie lernen sie anhand von YouTube-Videos durch sogenannte „Influencer“.

Make-up hat unterschiedliche Funktionen. Zum Beispiel wirkt es kaschierend oder einfach kosmetisch, also verschönernd. Rouge lässt die Wangen rosig aussehen und verleiht einen frischen, vitalen Teint. Einen ähnlichen Effekt hat Farbe auf den Lippen. „Rote Lippen soll man küssen“ heißt es in einem Schlager. Frauen, die sich schminken, wirken Studien zufolge als gesünder, klüger und sexuell anziehender. Vor allem dunkelroter Lippenstift hat demnach eine positive Wirkung.

Wer sich nicht jeden Tag schminken mag, für den ist permanentes Make-up eine Alternative. Ein Lippenstift kann zum Beispiel als Farbpigment in die Haut gearbeitet werden. Ebenso lassen sich manche für dicht aussehende Augenbrauen Farbe in die Haut arbeiten. Beim Microblading werden feine Linien in die Haut geritzt und mit Farbpigmenten gefüllt. Das lässt auch gefälschte Augenbrauen wie echt aussehen.


Schönheit per Spritze? Immer mehr Menschen vertrauen auf künstliche Mittel, um dem Alter entgegenzuwirken.


Halbpermanentes Make-up: Eine Kosmetikerin vermisst die Proportionen der Augenbrauen, bevor sie in Form gebracht werden.


Eine der schönsten Frauen des Altertums: Nofretete, die Gattin des Pharao Echnaton. Um 1355 v. Chr., aus der Werkstatt des Thutmosis, Kalkstein, Höhe 50 cm.

Smokey Eyes wie Kleopatra

Auf kräftig geschminkte Augen hat schon Kleopatra gesetzt. Vor 4000 Jahren schminkte die ägyptische Königin ihre Augen mit speziellen Mixturen, die aufwendig und teilweise von Priestern hergestellt wurden. Sie wurden ähnlich aufgetragen wie ein Kajalstrich oder Eyeliner. Seit fast 200 Jahren gibt es außerdem Farbe, um die Wimpern zu färben. Der Vorgänger der heutigen Wimperntusche war ein schwarzer Farbblock, über den man mit einer feuchten Bürste reiben musste, um die Farbe zu lösen und die Wimpern damit zu schwärzen. Heute gibt es künstliche Wimpern und Seren, um die Wimpern zu verdichten und zu verlängern. Die Seren enthalten Prostaglandin-Analoga, die eigentlich für Medikamente verwendet werden. Ihre Nebenwirkung ist ein verstärktes Wimpernwachstum, das die Kosmetikindustrie für ihre Produkte nutzt.

Um zu verstecken, dass die Augen nicht mehr perfekt arbeiten, gibt es anstatt von auffälligen Brillen Kontaktlinsen, die sich dünn auf das Auge legen und damit nahezu unsichtbar sind. Mittlerweile gibt es zudem die Möglichkeit, die Augen so zu lasern, dass sie wieder klar sehen und gar keine Sehhilfe nötig ist. Und wer seine Augenfarbe ändern möchte, kann sie mit gefärbten Linsen beliebig anpassen.

Schönheitszeichen auf dem Kopf

Neben wachen Augen und guter Haut gelten Haare als ein wichtiges Schönheitsmerkmal. Dicht und glänzend sollen sie sein – bei Männern und Frauen. Wer glatte Haare hat, wünscht sie sich gelockt. Wer blond ist, wäre gern schwarzhaarig. Manche Haare müssen deshalb Strapazen über sich ergehen lassen. Es gibt Haarmasken und Kuren, die sie pflegen sollen, und wenn sie grau werden, werden sie in der gewünschten Farbe nachgefärbt. Es soll bloß nicht durchschimmern, dass sie ihre ursprüngliche Farbe verloren haben.

Auch künstliche Haare sind eine Möglichkeit, die gewünschte Haarpracht zu bekommen – zum Beispiel in Form von Perücken. Unter gelockten Frisuren kann schütteres Haar versteckt werden. Heutzutage gibt es bei lichtem Haar eine permanente Lösung, denn Haarwurzeln können mittlerweile transplantiert werden. Dann wachsen in den Geheimratsecken wieder echte eigene Haare.

Das Alter wegschneiden: Schönheitsoperationen

Diese dauerhaft verändernden Eingriffe fallen dann schon eher in die Kategorie Schönheitsoperation. Mindestens 32.000 kosmetische Operationen gibt es pro Jahr, die Zahl ist in den vergangenen Jahren in Deutschland weiter gestiegen. Die beliebtesten Operationen sind Oberlidstraffungen. Es folgen Fettabsaugungen und Brustvergrößerungen. Frauen lassen außerdem besonders häufig ihre Nase korrigieren und den Bauch straffen. Chirurgisch ist es möglich, den Körper optisch stark zu verändern. Der Po kann verbreitert, die Taille schmaler gemacht werden, sodass sich der Körper mehr und mehr den Proportionsverhältnissen nähert, die als besonders attraktiv gelten. Wenn das Verhältnis von Taile und Hüfte 0,7 bei Frauen und 0,9 bei Männern beträgt, wirken sie als besonders schön. Auch ein attraktives Gesicht entspricht in der Regel bestimmten Maßen, nämlich dem Goldenen Schnitt. So kann theoretisch berechnet werden, ob etwas im Gesicht zu breit oder zu klein ist.

Auf den Internetseiten von schönheitschirurgischen Praxen gibt es oft den Unterpunkt „Hautverjüngung“. Darunter fällt es, Altersflecken zu entfernen und jegliche Narben zu beseitigen, zum Beispiel aus der Schwangerschaft, von zu vielen Sonnenbädern oder Akne. Mit feinen Nadelwalzen können zum Beispiel kleine Stellen penetriert werden, damit dort neue Haut wächst. Es ist sogar möglich, die Haut kontrolliert richtig abzutragen, sodass sie sich neu bildet. Das geht mit einem Laser, der die obere Hautschicht quasi verdampft, oder mit Peelings, die die Haut gezielt wegätzen. Das klingt schon allein in der Beschreibung gefährlich und schmerzhaft. Aber solche Eingriffe finden tatsächlich aus kosmetischen Gründen statt.

Eine Methode, die in Deutschland noch nicht zugelassen ist, arbeitet mit Strom. Eine Nadel, über die Strom läuft, wird dafür in einen Nerv geführt. Wenn dieser Nerv elektrisch lahmgelegt ist, reizt er die Gesichtsmuskulatur nicht, sodass sie das Gesicht nicht mehr in Falten ziehen kann. Strom und Schnitte im Gesicht verändern zwar langfristig, sind aber offensichtlich gesundheitlich bedenklich. Die Operierten nehmen die Strapazen trotzdem in Kauf, um jünger zu wirken.


Bild eines jungen Mannes vor und nach einer Haarausfallbehandlung: Die „Geheimratsecken“ sind kleiner geworden.


Mit der App einen Blick in die Zukunft wagen: Das Programm errechnet, wie ein Mensch in verschiedenen Lebensaltern aussehen könnte.

Von innen für immer schön

Wie kommt es, dass es als schön angesehen ist, wenn jemand falten- und makellos ist? „Forever young“ wollen die meisten sein. Für ewig Pretty Woman und Prince Charming. Nur wer jung ist, ist schön, gesund und leistungsfähig – so scheint es. Das gilt als Ideal, auch wenn die Jugend schon längst vorbei ist. Auf wahre Jugend folgt Jugendwahn. Geprägt wird dieses Schönheitsbild zum Beispiel durch Filmfiguren oder Werbebilder, die immer frisch aussehen und keine Altersanzeichen zeigen. Gerade jetzt, wo Menschen immer älter werden können, möchten offensichtlich die meisten möglichst lange nicht alt aussehen. Voll Panik zählen sie mit jedem Jahr mehr Falten. Mit Gesichts-Apps ist es möglich, einen ersten Blick in die Zukunft zu werfen. Wie werde ich in 30 Jahren aussehen? Oh Schreck, älter! Bedeutet aber älter denn wirklich: Nicht mehr schön?

Vielleicht ganz im Gegenteil: Wer seine Falten als Zeichen seiner Lebensgeschichte präsentiert, statt sie zu glätten, ist der ewigen Schönheit wahrscheinlich näher als jedes künstlich geglättete Puppengesicht.

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