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Wasserversorgungspolitik

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Strukturprogramme

Für die meisten Staaten Afrikas stellte sich das Problem der Versorgung einer wachsenden Anzahl von städtischen Bewohnern seit den 1980er-Jahren im Kontext einer wachsenden Verschuldung. Die folgenden, von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds als Bedingung für neue Kredite auferlegten Strukturanpassungsprogramme mit Maßnahmen wie Liberalisierung der Wirtschaft, Reduzierung staatlicher Subventionen, Privatisierung staatlicher Unternehmen, Reduzierung des Staatsapparates und Rückzug des öffentlichen Dienstes aus dem Bildungs- und dem Gesundheitsbereich wirkten sich auch auf den Wassersektor aus. Die Investitionen für die Infrastruktur sowie die Wartungskosten der bestehenden Anlagen und die Personalkosten wurden reduziert, die direkte und indirekte Subventionierung der Wasserpreise eingeschränkt, in manchen Städten wurde die Wasserversorgung in verschiedenen Formen seit dem Beginn der 1990er-Jahren privatisiert.

Privatisierung des Wassermarktes

In ihrer Logik sollten diese Reformen zuerst Märkte aufbauen. Ziele des Verbraucherschutzes oder gar die Versorgung bisher unterversorgter Bevölkerungsgruppen in den Städten gerieten damit in den Hintergrund. Die von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds verfolgte Politik der vollen Kostendeckung sollte den Wassersektor vielmehr für Investoren attraktiv gestalten, um Privatkapital für den Ausbau und die Instandsetzung der Infrastruktur anzulocken. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive haben diese Maßnahmen zumindest zu Teilerfolgen geführt. Mit relativ geringem Aufwand und nach nur kurzer Zeit konnten die Reformen zu einer Qualitätssteigerung der existierenden Wasserversorgung in den Städten führen. Private Vertragsunternehmen haben gezeigt, wie existierende Infrastruktur besser ausgelastet werden könnte. Die Produktivitätssteigerung bewirkte an vielerlei Orten eine Erhöhung der Einkünfte, und die Tendenz zum Ausgleich der Haushaltslage wurde erkennbar. Doch diese Managementerfolge waren nicht ausschließlich auf die Leistungsstärke der Reformen zurückzuführen, sondern vor allem auf die zum Teil desolate Ausgangssituation in den Städten. Vielfach war die Verwaltung der öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen von Nepotismus, Korruption und Klientelismus geprägt, was oftmals die oberen und mittleren Einkommensschichten begünstigte (NIEMANN/GRAEFE 2006).

Die Erfahrungen in Afrika wie in anderen Entwicklungsländern zeigen, dass Versuche der Privatisierung hohe Hürden zu überwinden haben und in der Vergangenheit vielfach gescheitert sind. Zu hoch waren die notwendigen Investitionen sowie die Risiken in den meisten Ländern und zu gering gestalteten sich die kurz- bzw. mittelfristigen Gewinne in einem zahlungsschwachen bzw. -unwilligen gesellschaftlichen Kontext. Nachdem die ländlichen Gebiete seit jeher in keiner Weise das Interesse privater Wasserversorger zu wecken vermocht haben, gilt dieses mittlerweile verstärkt auch wieder für die städtischen Ballungszentren.

Namentlich durch dieses privatwirtschaftliche Engagement aber wurde nun das Modell der allgemeinen und einheitlichen Dienstleistung und somit die Politik des privaten Wasseranschlusses für alle aufgegeben, zugleich das Konzept des Angebotsmanagements durch das Nachfragemanagement ersetzt. Beides bringt eine wachsende Differenzierung und Anpassung der Wasserversorgung an den „Kunden“ mit sich, der somit auch nicht mehr einfacher Nutzer ist. Das größte Problem liegt nun in der Versorgung solcher Stadtteile mit einem hohen Anteil von Armen. Wie sollen die hohen (einmaligen) Anschlusskosten und vor allem die stetigen Verwaltungskosten dieser Kundschaft finanziert werden? Unterschiedliche Anschlusstypen wie ein Wasserhahn im Haus, auf dem bebauten oder unbebauten Grundstück oder der pre-paid Wasserzähler sind technische Lösungsmöglichkeiten mit allerdings zweischneidigen Erfahrungen. Das oft bedauerte Problem der Zahlungsmoral ist damit nicht gelöst und wurde bisher vielfach nur zögernd angegangen. Die Fragen der politischen Legitimität und der oft als „in die eigene Tasche wirtschaftend“ und korrupt angesehenen Verwaltungen behindern die Formierung eines neuen Verhältnisses zwischen Nutzer und Dienstleistungsanbieter, das die Wasserversorgung wirtschaftlicher gestalten könnte.

Segmentierung des Wassermarktes

Die Aufgabe des Staatsmonopols in der Wasserversorgung, das Dogma der vollständigen Kostendeckung, die Liberalisierung des Wassermarktes sowie die Anpassung des Angebotes an die unterschiedlichen Verbrauchergruppen brachte eine Vervielfachung der im Wassersektor tätigen Akteure, der Versorgungssysteme und der Versorgungsqualitäten mit sich. Mancherorts betreiben in den formellen und von zahlungskräftigen Kunden bewohnten Stadtvierteln und in Industriegebieten multinationale Unternehmen die Wasserversorgung, die bisher aktiven informellen Wasserhändler werden vertraglich gebunden bzw. legalisiert. Lokale Vereinigungen, NGOs oder Teile der städtischen Verwaltung übernehmen die Wasserverteilung in bestimmten Stadtvierteln, Wasserkomitees sind für die Wartung und Bezahlung der nun vermehrten „öffentlichen“ Wasserstellen verantwortlich, gewählte oder ernannte Wasserwärter betreiben Zapfanlagen oder Brunnen und treiben die Rechnungen ein. Trifft diese Vervielfachung der Betreiber auf eine besonders schwache Regulierungsinstanz, so bestehen nebeneinander sehr unterschiedliche Versorgungssysteme mit entsprechend unterschiedlichen, jeweils dazu gehörenden Preisen für das gleiche Wasser. Es besteht dabei nicht nur die Gefahr einer Segmentierung des „Marktes“, auch wird jegliche Möglichkeit der Quersubventionierung und der innerstädtischen Solidarität verhindert – mit allen hieraus folgenden Konsequenzen für das städtische Zusammenleben. Welches Wasser die Bewohner bekommen und wie viel sie dafür zu bezahlen haben, hängt also maßgeblich davon ab, welcher gesellschaftlichen Gruppe bzw. welcher Einkommensschicht sie angehören.


Abb. 3.5: Probleme um Trinkwasser stehen heute vielfach im Zusammenhang mit Machtverhältnissen und Zugangsbedingungen und resultieren weniger aus einem unzureichenden Dargebot (Foto: O. GRAEFE)

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