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Ländliche Räume

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Marginalisierung

In ländlichen Gebieten ist die Dichte der Wasseranschlüsse geringer, entsprechend länger sind die Wege, die zurückgelegt werden müssen, um sich mit dem kostbaren Nass zu versorgen. Die Last des Wassertragens liegt v.a. auf den Schultern (bzw. Köpfen) der Frauen und Kinder. Etwa 40 Mrd. Stunden werden in Afrika jedes Jahr für diese Tätigkeit aufgewendet und gehen somit für andere Beschäftigungen wie beispielsweise Schulbildung verloren. Ein weiterer Unterschied neben der Versorgungsdichte liegt freilich in der Technik. Angesichts des wesentlich höheren Anteils von (hygienisch teilweise bedenklichen) Brunnen gelten im subsaharischen Afrika zwar 77 % der in Städten lebenden Bevölkerung, aber nur 39 % der in ländlichen Regionen lebenden Menschen als ausreichend mit sauberem Trinkwasser versorgt (die entsprechenden Werte für eine befriedigende Abwasserentsorgung liegen bei 70 bzw. 35 %).

Diese besonders problematische Situation der ländlichen Trinkwasserversorgung kann über verschiedene Zusammenhänge erklärt werden. Die ärmeren Bevölkerungsgruppen im ländlichen Raum, wie z.B. Kleinbauern und Nomaden, leben in peripheren und besonders trockenen Gebieten, die starken saisonalen Schwankungen des Grundwasserspiegels ausgesetzt sind. In Gebieten wie dem Norden Kenias, Nigerias, Nigers und Malis trocknen viele Brunnen aus und zwingen die Bewohner, längere Strecken zurückzulegen, um den täglichen Bedarf zu decken. Die Folge ist eine Erhöhung des Zeitaufwands bzw. die Reduzierung der jeweils geholten Mengen. Ein weiterer Grund für die Unterversorgung der ländlichen Bevölkerung liegt in der Organisation des Wassermanagements, vor allem in ariden Gebieten, in denen der technische und finanzielle Aufwand groß und somit ein erhöhter Einsatz der Bevölkerung gefordert ist. In diesen ländlichen Räumen ist oft die lokale Gemeinschaft oder die ländliche Gemeindeverwaltung für den Bau der Brunnen und den Ausbau des Versorgungssystems zuständig. Doch diese oftmals kaum kontrollierten und über nur wenig Erfahrung hinsichtlich ihrer Rechenschaftspflicht verfügenden Instanzen verhindern vielerorts eine Gleichversorgung der gesamten Bevölkerung ungeachtet ihrer sozialen oder ethnischen Hintergründe (HUMAN DEVELOPMENT REPORT 2006). Im Hohen Atlas am Nordrand der Sahara zum Beispiel wurden ärmere Dörfer, deren Bevölkerung aus den Nachkommen von Sklaven besteht, wiederholt von der Gemeindeverwaltung in ihrer Entscheidung über den Bau neuer Brunnen diskriminiert (GRAEFE 2006). Es ist dies auch ein Beispiel dafür, wie sozial schwache Bevölkerungsgruppen – besonders jene, die sich am untersten Ende der gesellschaftlichen Hierarchie befinden – auf Entscheidungen der Verwaltung bezüglich Ressourcenallokation und entsprechender Investitionsmaßnahmen in der Regel nur sehr wenig politischen Einfluss nehmen können.

Zahlreiche Regierungen und die internationale Gebergemeinschaft haben in den letzten Jahren das Ungleichgewicht zwischen der ländlichen und städtischen Trinkwasserversorgung erkannt und finanzieren Hilfsprogramme in mehreren Ländern Afrikas. So konnte beispielsweise in Marokko über das unter anderem durch Kf W und Weltbank finanzierte Programm PAGER (Programme d’Approvisionnement Groupé en Eau Potable des Populations Rurales) die Versorgungsrate der ländlichen Bevölkerung von 14 % im Jahr 1994 auf 77 % Ende 2006 angehoben worden. Derlei statistische Angaben berücksichtigen freilich nur den möglichen Zugang zu Trinkwasser, nicht hingegen die tatsächliche Nutzung der neuen Wasserquellen. Auch hier gilt das Dogma der Kostendeckung, und dies in einem Raum, der bisher nur in Teilen von der Monetarisierung öffentlicher Dienstleistungen betroffen war. Durch die Monetarisierung des Wassers soll die Versorgung der ländlichen Bevölkerung auch in Zukunft autonom bewältigt werden. Bereits die Installation der nun notwendig gewordenen Wasserzähler konfrontiert zahlreiche Haushalte mit finanziellen Problemen. Für die ärmsten Haushalte liegt die monatliche Wasserrechnung oft jenseits ihrer finanziellen Möglichkeiten. Überspitzt formuliert haben in den Dörfern nur noch jene Durst, die sich das Wasser nicht leisten können, während reiche Familien ihre Haustiere mit Brunnenwasser tränken können. Mit dieser Monetarisierung wird der Zugang zu Wasser mit ökonomischem Kapital in Zusammenhang gebracht und bricht die bisherige relative soziale Gleichheit gegenüber der Ressourcenverfügbarkeit (vgl. NIEMANN 2002 und GRAEFE 2006). Die Versorgungsdisparitäten in den Dörfern und lokalen Gemeinschaften birgt hier ein hohes Potenzial an sozialen Spannungen, und die ländlichen Gesellschaften werden nun neue Mechanismen des Ausgleichs und der Solidarität entwickeln müssen, um die aufkommenden lokalen Konflikte zu schlichten.

Neben den wie beschrieben immensen Herausforderungen der Trinkwasserversorgung der Bewohner auch des ländlichen Raumes müssen jene Regionen zugleich als Ort des größten Wasserverbrauchs angesehen werden, entfallen in Afrika doch etwa zwei Drittel allen genutzten Wassers auf die Bewässerungslandwirtschaft. Wenngleich diese vielfach erst während oder nach der Kolonialzeit begonnen wurde, hat ihr Flächenausmaß in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts doch einen enormen Zuwachs erfahren (vgl. CLARKE/KING 2004) – mit ca. 12 Mio. ha Bewässerungsfläche entsprach ihr Anteil im Jahr 1995 etwa 10 % der insgesamt in Afrika genutzten Agrarfläche. Die dort angebauten Feldfrüchte wie Erdnüsse, Baumwolle (Westafrika), Zuckerrohr und Getreide (Südafrika) sind dabei vielfach für den Export bestimmt.

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