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A5.3 Anregungen zu den einzelnen Schritten

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Zu Schritt 1: Sicherstellen, dass alle von derselben Handlungssituation ausgehen

Diese Grundvoraussetzung muss hier genauso geschaffen werden wie im Schritt 2 von A1 Handeln vorbereiten. Wie viel Aufwand das bedeutet, hängt von der Situation ab und von dem, was im Unterricht vorangegangen ist. Im CAD-Beispiel ist die Situation im Wesentlichen eingeführt. Es ist aber sicher hilfreich, wenn die Lehrperson kurz zusammenfassend festhält: Es geht darum, beim Planen eines Gebäudes mit CAD systematisch zu überprüfen, ob Normen wie minimale Deckenhöhe etc. eingehalten werden.

Wird hingegen eine neuartige Situation von den Lernenden spontan eingebracht, wie beispielsweise der Einsatz von Pflegerobotern, dürfte mehr Aufwand notwendig sein, um zu klären, von welcher Situation die Rede sein soll. Können die Lernenden nicht viel Konkretes erzählen (z.B. «Bei uns steht seit einigen Tagen ein Pflegeroboter herum und niemand weiss so recht, was damit anfangen.»), muss die Lehrperson helfen, die Situation genauer zu definieren, damit überhaupt ein bearbeitbares Projekt entsteht. Im Beispiel könnte der vorläufige Arbeitstitel lauten: «Pflegeroboter der aktuell gegebenen Technologie im Pflegeprozess sinnvoll und produktiv einsetzen».

Zu Schritt 2: Ideen für mögliche Lösungen entwickeln

Die Situation gelangt ja in den Fokus der Aufmerksamkeit, da sie ein Problem darstellt, eine zu lösende Aufgabe. Im Sinne der Schritte 3 und 4 von Handeln vorbereiten geht es als Nächstes darum, zu versuchen, einzeln oder gruppenweise mithilfe des vorhandenen Vorwissens Lösungsansätze zu finden. In den beiden Beispielen würde es darum gehen, möglichst viele Ideen zu entwickeln, wie man einen CAD-basierten 3-D-Plan systematisch analysieren kann beziehungsweise wie man Pflegeroboter einsetzen könnte. In dieser Phase haben Lehrperson und Lernende dieselbe Rolle. Die Lehrperson kann und soll alleine für sich oder zusammen mit einer Gruppe Ideen entwickeln.

Diese Ideen werden gesammelt und nach ihrer vermuteten Nützlichkeit geordnet. Idealerweise entsteht daraus eine Liste von offenen Fragen, von deren Klärung man sich eine Lösung des Problems verspricht. Im CAD-Beispiel mit seiner relativ konkreten Fragestellung könnte man beschliessen, die beiden vielversprechendsten Vorgehensideen weiterzuverfolgen und beispielsweise abzuklären, wie weit diese durch existierende CAD-Programme bereits unterstützt werden.

Im Roboterbeispiel, dem eine viel offenere Frage zugrunde liegt, könnte man für die weitere Bearbeitung die Ideen in zwei Gruppen einteilen: 1) begrüssenswerte Einsatzarten, die man intensiv verfolgen möchte, und 2) Einsatzarten, von denen man nur abklären möchte, ob es dazu schon Überlegungen oder Erfahrungen gibt.

Zu Schritt 3: Recherche

Im Gegensatz zum Schritt 5 bei Handeln vorbereiten steht hier kein Modell zu Verfügung, das vorgeführt werden kann. Lehrperson und Lernende müssen daher nach Lösungsideen auf die Suche gehen. Dazu sollten alle verfügbaren Quellen berücksichtigt werden: Internet, Lehrbücher, Arbeitskolleginnen und -kollegen (sowohl der Lehrperson wie der Lernenden), Fachpersonen etc.

Denkbar ist, dass sich wirklich alle – also Lehrperson und Lernende – an der Recherche beteiligen und beispielsweise während des Unterrichts im Internet auf die Suche gehen. Es ist aber auch möglich, dass die Lehrperson diese Aufgabe übernimmt. Bis sie mit Ergebnissen aufwarten kann, wird diese Arbeit an der Situation unterbrochen und eine oder mehrere Wochen später mit neuem Hintergrundwissen wieder aufgenommen.

Wie erfolgreich eine solche Suche sein kann, hängt von der problematischen Situation ab. Beim CAD-Beispiel ist es denkbar, dass jemand in einem Diskussionsforum im Internet auf eine Lösung stösst, die einigermassen erprobt scheint und im Forum auch schon diskutiert wurde. Hier könnte also die Suche unter Umständen recht schnell ein brauchbares Resultat erbringen.

Beim Roboterbeispiel dürfte es zu dem Zeitpunkt, zu dem ich dieses Buch schreibe, etwas schwieriger sein, schnell konkret zu werden. Vielleicht wird man in Prospekten von Roboterherstellern auf Einsatzvorschläge und die damit verbundenen Werbeaussagen stossen, die entsprechend vorsichtig zu bewerten sind. Darüber hinaus findet man vielleicht einzelne Forschungsartikel, die den Einsatz von Pflegerobotern thematisieren. Die Verantwortlichen, die den Roboter angeschafft haben, sollten etwas zu ihren Zielen sagen können, und vielleicht findet sich an einer benachbarten Fachhochschule eine Fachperson, die sich schon intensiver mit dem Thema beschäftigt hat.

Zu Schritt 4: Neues Vorgehen entwickeln

Ausser man stösst bei der Recherche unerwartet auf ein bewährtes Vorgehen, ist es mit dem Zusammentragen von Informationen nicht getan. Um sie nutzen zu können, muss auf ihrer Basis eine im praktischen Alltag einsetzbare Vorgehensweise entwickelt werden. Wurde im CAD-Beispiel im Internet ein Vorgehensvorschlag gefunden, würde es nun darum gehen, diesen konkret bei einer Darstellung zu erproben, welche die in der Klasse eingesetzten Programme generieren. Wie bei Schritt 4 bei A4 Die Lehrperson als Lernmodell kommt hier das Erfahrungswissen der Lehrperson zum Tragen. Sie kann erinnerte Gebrauchssituationen aus ihrem Erfahrungsschatz als eine Art Simulationsumgebung zur Verfügung stellen, um die Brauchbarkeit des sich entwickelnden Verfahrens kritisch zu prüfen. Bei dem CAD-Beispiel erinnert sich die Lehrperson vielleicht an Fälle, bei denen ein Problem bei der Planung übersehen oder erst im allerletzten Moment erkannt wurde. Gemeinsam kann man überprüfen, ob das Verfahren hier besser abgeschnitten hätte oder ob es allenfalls noch angepasst werden muss.

Bei dem Roboterbeispiel wird man an dieser Stelle die bisher offene Fragestellung einschränken müssen und gezielt eine Einsatzart angehen, die aufgrund der bisherigen Recherche besonders vielversprechend erscheint (unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Technologie, der vorhandenen Roboter in den Betrieben, des vorhandenen Wissens etc.). Dann geht es darum, ein geeignetes Einsatzmodell zu entwickeln. Auch hier können sowohl die Lehrperson als auch die Lernenden aus dem Gedächtnis Situationen einbringen, um die Idee zu testen.

Analog zu den selbst erfundenen Aufgaben im Schritt 6 von Handeln vorbereiten können konstruierte Beispiele genutzt werden, um das sich entwickelnde Vorgehen zu testen. Im Gegensatz zu Handeln vorbereiten, wo von der Lehrperson ein bewährtes Vorgehen eingeführt wird und es im Wesentlichen darum geht, dass die Lernenden es sich zu eigen machen, sollten hier auftretende Schwierigkeiten auch genutzt werden, um das Vorgehen im Detail zu verbessern.

Zu Schritt 5: Anwendungsfragen und Anwendungsprobleme klären

Und auch hier ist es selbstverständlich nicht damit getan, dass man das Gefühl hat, das Problem grundsätzlich im Griff zu haben. In diesem Fall ist dieser Punkt sogar besonders wichtig, da es ja nicht nur darum geht, Anwendungsfragen und Anwendungsprobleme eines an sich bewährten Vorgehens zu klären. Wurde kein bereits bestehendes Verfahren gefunden und musste ein neues entwickelt werden, ist noch nicht sichergestellt, dass dieses Verfahren so überhaupt anwendbar ist. Im günstigsten Fall entwickelt sich dieser Schritt zu einem eigentlichen Projekt in Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Betrieben, bei dem sich unter anderem die Schritte 3 bis 5 zyklisch mehrmals wiederholen.

Im CAD-Beispiel könnte an dieser Stelle ein strukturiertes und von allen als brauchbar eingeschätztes Vorgehen zum Auffinden von Problemstellen vorliegen. Dann würde es nun darum gehen, dass Lernende und Lehrperson es für einige Zeit bei ihrer alltäglichen Arbeit einsetzen und anschliessend ihre Erfahrungen diskutieren. Sicher ist es sinnvoll, wenn sie sich darüber hinaus am Arbeitsplatz mit Kolleginnen und Kollegen austauschen.

Im Falle des Roboterbeispiels kann an dieser Stelle eigentlich nur ein Projekt mit einem oder mehreren Lehrbetrieben weiterhelfen. Es würde also darum gehen, die in der Schule gemachten Überlegungen vorzustellen und abzuklären, ob und unter welchen Umständen Interesse an einem derartigen Projekt besteht.

Situationsdidaktik konkret (E-Book)

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