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Kapitel 2

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Das Gehämmer in dieser blöden Röhre nervte ihn. Also stellte sich Paul einfach vor, dass er Gast auf einem Techno-Konzert wäre. Auch wenn er mit seinen 13 Jahren noch nie auf einem solchen Event gewesen war, so stellte er es sich in seiner Phantasie wenigstens so vor. Abwechselnde Beats, vom sonoren Klopfen bis zu einem schrillen Hämmern, das sich direkt in die Zahnwurzeln bohrt. Etwa eine viertel Stunde lag er nun schon in dem Kernspintomographen und seit dieser Zeit wurde er durchgehend mit nervendem Getöse beschallt. Was das bringen sollte, wusste er zwar nicht, aber wenn es gegen seine Kopfschmerzen helfen konnte, dann wäre es den Aufwand auch wert. Endlich ertönte eine sanfte Stimme aus dem Lautsprecher in der Maschine, dass die Untersuchung fertig sei. Langsam fuhr der Schlitten des Gerätes wieder heraus und die Tür zum Kontrollraum öffnete sich. Die nette Radiologie- Assistentin kam zu Paul und half ihm auf die Beine. „Der Arzt wird gleich mit dir und deinem Vater sprechen. Bitte bleibt so lange noch im Wartezimmer sitzen.“

„Organisch können wir nichts finden, aber es könnte durchaus noch andere Gründe für die ständigen Schmerzen von Paul geben“ meinte der Arzt zu Pauls Vater, wobei er sprach als ob Paul gar nicht anwesend wäre. Und das, wo er die Bilder nicht mal wirklich angesehen hatte. Anscheinend sind Ärzte heute so gut ausgebildet, dass sie so etwas Banales wie Kopfschmerzen sofort erkennen können. So als wäre auf den kryptischen Bildern so etwas wie ein großer roter Punkt zu sehen. Paul spürte, wie sein Vater ganz langsam alle Muskeln anspannte. Hatte er genau den gleichen Gedanken wie Paul? Und dann donnerte er auch schon los: „Vielleicht könnten Sie sich etwas mehr Zeit nehmen und die Bilder auch mal richtig ansehen. Glauben Sie vielleicht, dass mein Sohn sich diese Schmerzen nur einbildet? Haben Sie miterlebt wie er sich vor Schmerzen krümmt, bis er fast bewusstlos wird und nicht mehr ansprechbar ist?“ Der Arzt sah über die Gläser seiner Brille Pauls Vater an, lächelte kurz, dieses Lächeln erinnerte Paul an einen Film in dem es um die spanische Inquisition ging, und meinte dann ganz ruhig „Herr Schwarz, Sie müssen mir nicht sagen, wie ich meine Arbeit zu tun habe. Ihrem Sohn geht es organisch gut. Das bedeutet, dass es keinen Hinweis auf Tumoren oder entzündliche Prozesse in seinem Kopf gibt. Vielleicht sollten sie sich psychologische Hilfe holen. Sind Sie nicht alleinerziehender Vater?“

Wortlos stand Hannes Schwarz auf, nahm Paul bei der Hand und machte sich auf das Sprechzimmer zu verlassen. Doch beim Hinausgehen drehte er sich noch einmal um, sah den Arzt kurz an und fragte ihn „Haben Sie Kinder?“ „Ja.“ kam die Antwort „Dann wünsche ich Ihnen und Ihren Kindern, dass sie nie Hilfe von einem Menschen wie Ihnen benötigen. Ihren Beruf sollte man mit Würde und Anstand ausführen. Sie hingegen sind eine echte Schande für ihre Kollegen.“ Mit diesen Worten verließ er, Paul an der Hand, das Sprechzimmer. Beim Verlassen schlug er die Türe zu und sie durchschritten, ohne nach links oder rechts zu sehen, den Rest der Praxis. „Sie müssen noch ihren Arztbrief mitnehmen“ rief eine Helferin hinterher. So aufgebracht hatte Paul seinen Vater noch nie gesehen. Kaum waren sie in den grünen Opel Astra Combi eingestiegen, den Herr Schwarz auch beruflich nutzte und der deshalb immer etwas nach Öl roch, fragte er seinen Vater „Papa, ist es denn nicht gut, wenn mir nichts fehlt? Vielleicht bin ich wirklich nicht ganz normal?!“ Sein Vater, der gerade dabei war loszufahren, trat auf die Bremse, dass es die Beiden in die Sicherheitsgurte drückte. „Paul, du bist auch nicht normal, Du bist super!“ Dabei sah er Paul ernst an und sprach mit einer Stimme wie ein Pfarrer in einem Beichtstuhl. Die beiden sahen sich einen kurzen Moment an und dann fingen sie an zu lachen, wie schon seit Wochen nicht mehr. „Ich bin so müde“, meinte Paul, „ich werde ein wenig schlafen“. Pauls Vater nickte und fuhr los. Die Fahrt würde sicher etwas dauern, so dass es sich auch lohnte etwas zu schlafen.

„Irgendwann werde ich mich bei dem Arzt rächen“ grinste Paul seinen Vater an. Doch der war gerade zu beschäftigt mit dem Straßenverkehr, dass er nicht antwortete. Also machte Paul die Augen zu.

Gedankenpiraten

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