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Liebestechnik2

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Während in der höfischen Erotik der Akt trotz des ausgeprägten Vorspiels theoretisch verboten ist, sehen die Ärzte darin einen normalen Abschluss. Ihre Abhandlungen erfahren hauptsächlich ab dem 11. Jahrhundert eine entscheidende Systematisierung, die nachfolgenden Perioden beschränken sich auf Ergänzungen.

Eine Vielzahl von Abhandlungen arabischer Herkunft ist vor allem der Sexualhygiene gewidmet. Dennoch tragen die Autoren zur Entstehung einer erotischen Liebeskunst bei. Für den einen passen bestimmte Lesbierinnen aufgrund von Verletzungen nur zu impotenten Männern; er unterscheidet also sehr wohl klitorale und vaginale Lust. Ein anderer empfiehlt, zur Erregung eines jungen Mädchens mit ihren Brüsten zu spielen, denn ihr Samenfluss befinde sich unter den Schlüsselbeinen, die in Verbindung mit der Brust stünden. Ein dritter kritisiert die Männer, die ihre Frau durch einen vorzeitigen Samenerguss oder durch ein zu schnelles Zurückziehen des männlichen Gliedes der Lust berauben. Sich während des Orgasmus an den Haaren zu ziehen, steigere die Wollust, und der Autor beschreibt ausführlich die Positionen, die für diese Praxis geeignet sind.


Daniel Hopfer, Liebespaar. Radierung (1496)

Diese Werke des 12. bis 14. Jahrhunderts haben zum Ziel, die Laien auf diesem Gebiet anzuleiten.

Im Westen enthalten die Secrets des femmes (Geheimnisse der Frauen) über die üblichen Informationen zum Sperma und zur Menstruation hinaus eine Abhandlung über Embryologie. Die Lust wird dort zufällig erwähnt: »Wenn die Frau Beziehungen zum Mann hat, dann wegen der Intensität der Lust, die sie empfindet; weil das erigierte Glied des Mannes an den erregten Nerven und Adern reibt, gibt die sich ausdehnende Vulva Menstruationsblut ab und der sexuelle Akt wird als natürlich angesehen, denn es ist der natürliche Koitus.« Wenn man sich an diesen Text hält, dann hängt die weibliche Lust völlig vom männlichen Glied ab.

Die erwähnten arabischen Abhandlungen scheinen im Westen nicht bekannt gewesen zu sein, anders jedoch ihre Quellen. Vor allem der Kanon von Avicenna findet im Universitäts- und Medizinermilieu seit Beginn des 13. Jahrhunderts weite Verbreitung. Selbst wenn sie dem weiblichen Sperma nur eine zweitrangige Bedeutung zuschreiben, vermuten die Ärzte, dass eine Verbindung zwischen Befruchtung und weiblicher Ausscheidung existiert.

Um die sexuelle Beziehung angenehmer zu gestalten, gibt Avicenna nützliche Ratschläge: »Die Männer sollen das Spiel mit den Frauen mit guter Konstitution verlängern. Sie sollen die Brüste und das Schambein streicheln, und sie sollen ihre Partnerin ohne wirkliche Erfüllung in die Arme nehmen. Und wenn sie zur Begierde gelangt sind, dann sollen sie sich zu ihr legen und die Region reiben, die sich zwischen dem Anus und der Vulva befindet. Das ist in der Tat der Ort der Lust. Sie sollen auf den Moment achten, in dem sich eine stärkere Zustimmung der Frau manifestiert, in dem ihre Augen anfangen, sich zu röten, ihre Atmung sich intensiviert und sie anfängt zu stammeln.«

Diese Passage wird fast vollständig von Bernard de Gordon in der 1303 geschriebenen Abhandlung Lilium medicinae (Lilie der Medizin) wiedergegeben. Ein wenig später fügt John of Gaddesden in der Rosa anglica (Englische Rose) einige Details hinzu, die eine gewisse Kenntnis der erogenen Zonen der Frau – außerhalb der Klitoris – bezeugen. Er befürwortet sogar eine Initiative von Seiten der Frau, wenn diese beim ersten Versuch kein Vergnügen empfunden hat. Der Mann solle sich auf den Rücken legen, was die Erektion begünstige, und sie solle versuchen, durch ihre Handgriffe seine Begierde zu wecken.

Im 15. Jahrhundert empfiehlt Michel Savonarola, nachdem auch er die Texte von Avicenna übernommen und einiges hinzugefügt hat, sich nicht zu beeilen, sondern das Vergnügen zu verlängern.

Das Problem des weiblichen Spermas liefert den Medizinern die Gelegenheit, die gemeinsam geteilte Lust abzuhandeln. Während sie bestimmte Techniken erwähnen, klammern sie in ihren Werken die Frage der Positionen aus.

Irdische Lust

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