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7. Kapitel

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Zur Abwechslung erhielt Isa Post von der Klassenlehrerin.

Bitte kommen Sie am Donnerstag zum außerordentlichen Elternsprechtag in die Schule, Raum 205 a. Es geht um die Stinkbomben von der Klassenfahrt und die ruinierten Turnschuhe einiger Jungs! Alle Eltern werden dringend gebeten an dem Treffen teilzuhaben. Mit freundlichen Grüßen, Fräulein Kittel.

Die Stinkbombenwäsche hatte sie längst vergessen. „Aber die Angelegenheit scheint einige Gemüter in Wallung gebracht zu haben!“, Isa schmunzelte und machte sich eine Notiz in ihrem Kalender.

Seit dem Treffen mit Rudi schrieb er Briefe voller Sehnsucht und Verliebtheit. Seinen Liebesbeweis malte er vorab aufs Kuvert. Herzchen schwirrten rund ums Papier, oder Aufkleber von Blümchen schmückten die Ecken. Postkarten von der Didl-Maus, die in kindlicher Art ihre Zuneigung offenbarte, legte er fast jedes Mal mit bei. Er müsse sie bald Wiedersehen, die Begegnung mit ihr hätte ihn mit neuem Lebensmut überschwemmt. Außerdem würde sie auch für ihn etwas empfinden, das hätten ihre Augen verraten!

Rudi erzählte von Zukunftsplänen und wie wunderbar es sein werde, ihr die Welt zu zeigen. Er würde ihr alles schenken, was er nur besäße. Aber vorerst müsse sie ihn ein wenig unterstützen. Da wären zum Beispiel seine ehemaligen Haut- und Hausärzte. Die solle sie anrufen und um Atteste bitten, die sein Asthma bronchiale bezeugen und, dass er dringend einer Verlegung in Küstennähe bedarf. Die JVA in Kiel sei hierfür angemessen.

Rudi meinte, das dürfte ganz glatt laufen, denn als gut zahlender Privatpatient, sei er bei den genannten Ärzten in bester Erinnerung geblieben.

Isa mochte diesen andersartigen Mann, der alles mit einfachen Worten zum Ausdruck brachte, genau sagte, was er wollte und wie er dachte. Ohne Hemmungen hofierte er sie, was ihr niedergeschlagenes Selbstwertgefühl sehr begrüßte. Hinzu kam noch diese Abenteueratmosphäre. Isa fühlte sich beflügelt, obwohl sie nicht die gleichen Gefühle wie Rudi empfand.

Seit dem Besuch glaubte sie, es mit zwei verschiedenen Rudis zu tun zu haben. Seine Briefe klangen anders, als der Leibhaftige. Das verwirrte sie etwas. Aber seine geschriebenen Worte gingen wie Öl runter. Für ihn war sie wirklich eine wertvolle und tolle Frau! Isa fühlte sich deshalb in Zugzwang. Sie wollte ihn unterstützten, wo es nur ging. Also nahm sie den Telefonhörer und wählte die einzelnen Praxen an.

Die Telefonate erwiesen sich jedoch als unfreundlich, mit verständnislosen Kommentaren. Kein Arzt erinnerte sich an einen Herrn Rudolf Link, und im nach hinein wollte niemand ein Attest ausstellen.

„So eine Unverschämtheit!“ Isa knallte den Hörer auf den Tisch. Im nächsten Brief berichtete sie Rudi von den Frechheiten der Ärzte. Rudolf sah es gelassen. Er würde andere Wege für seine Verlegung finden. Übrigens, in vier Wochen habe ich Ausgang, an einem Samstag! Das geht aber nur, wenn Du Dich als meine Begleitperson ausgeben würdest und dafür Sorge trägst, dass ich pünktlich wieder in der Anstalt erscheine. Machst du das? Willst du uns diesen besonderen Tag schenken?, fragte er sie mit rotem Filzstift geschrieben.

Ach, und da ist noch etwas! Ich habe mich im Moment mit meiner Mutter überworfen. Sie weigert sich die Rate an den Rechtsanwalt zu zahlen. Der Spitzenanwalt krümmt aber erst wieder die Finger, wenn die 1250,- Euro überwiesen sind. Es ist mir sehr peinlich Dich um das Geld zu bitten und auszulegen! Ich verspreche Dir bei meiner Seele, alles wieder zurück zu zahlen, sobald ich Zugriff auf meine Auslandskonten habe. Bitte, bitte liebe Isa, lasse mich jetzt nicht im Stich! Ich bitte dich auch nur dieses eine Mal! Du bekommst alles zurück, mit Zinsen!

„Puh!“ Isa ging die Luft aus. „Das ist viel!“ Sie legte vor Schreck den Brief ab und schaute aus dem Fenster. „Wie schlimm muss es um ihn stehen und wie einsam muss dieser Mensch sein, dass er mich um so viel bittet!“ Es war schon immer einer ihrer Schwächen, eine Bitte nicht abschlagen zu können, nein zu sagen, wenn ihr nach nein zumute war. Isa ließ sich einen Tag Zeit, um darüber nachzudenken. Dann antwortete sie ihm.

Okay, nur dieses eine Mal! Im Glauben, dass du es mir zurückzahlst! Du musst wissen, es ist nicht mein Geld, das ich dir vorstrecke!

„Ich bin ja kein Unmensch!“, dachte Isa, und die Summe tat der Familie wirklich nicht weh. Trotzdem füllte sie mit Unbehagen das Überweisungsformular aus und gab es der Bank zum Auftrag.

Mit der Zeit wurmte es Isa, dass Rudi sie mehr und mehr als Sekretärin einsetzte. Zwischen den sehnsuchtsvollen und schmeichelnden Worten in seinen seitenlangen Briefen, schrieb er ständig neue Anweisungen, die sie bitte unbedingt erledigen müsse. Kaum hatte sie einen Gefallen für ihn getan, stand bereits die nächste Aktion an. Als sie wieder 150,- Euro auf irgendein Konto überweisen sollte, antwortete sie mit einem saftigen Brief, dass das so nicht weiter ginge! Es rebellierte in ihr, dennoch tätigte sie die Überweisung. Der besondere Ausgangs-Tag stand in greifbarer Nähe. Eine gute Gelegenheit schwierige Themen auszudiskutieren, denn die ewigen Finanzspritzen mussten ein Ende finden! Zumindest nahm sich Isa das fest vor.

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