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3. Kapitel

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Sonntagabend kehrten die Zwillinge wieder heim. Ihre gesamte Wäsche stank nach verfaulten Eiern. Der Grund seien die blöden Jungs gewesen, die den Mädchen Stinkbomben in die Reisetaschen gelegt hatten. Aber das gäbe noch Rache, versicherte Nadine.

Während schon alle schliefen, schlich sich Josef nach Mitternacht in sein Zimmer. Es blieben ihm nur ein paar Stunden Schlaf, bis die neue Arbeitswoche begann. Noch bevor die restliche Familie aufstand, hatte er ohne Frühstück das Haus auch schon wieder verlassen. Isa und die Kinder waren es gewohnt, den Tag ohne Papa zu beginnen. Diesmal steckte Isa nicht die Nase in seine Wäsche, um den Duft eines Damenparfüms zu erschnüffeln. Kurzerhand stopfte sie seine Garderobe mit der Stinkbombenwäsche in die Waschmaschine und der Alltag nahm seinen gewohnten Lauf.

Als nach über einer Woche der Fremde nichts von sich hören ließ, hakte Isa die Kontaktanzeigenaktion ab. Ein wenig war sie schon enttäuscht. Immerhin hatte sie sich dazu überwinden können und fühlte sich abgelehnt. Am Abend schaltete sie ihren Computer ein und wollte eigentlich nach einem neuen Rezept für Lammbraten suchen, entschied sich aber zuerst die Emails abzurufen. Schlagartig schoss ihr Puls in die Höhe.

Es wartete tatsächlich eine Email von einem unbekannten Herrn in ihrem Postfach. Das muss er sein! Hastig klickte sie die elektronische Nachricht zum Öffnen an und verschlang die wenigen Sätze. Mit Verwunderung las sie diese noch Mal:

Liebe Isabella, über Deinen Brief habe ich mich sehr gefreut und möchte Dich näher kennen lernen! Damit mir das gelingt, bitte ich Dich mir Deine Postanschrift mitzuteilen. Ich habe zwar Deine Handynummer, aber ich kann Dich nicht anrufen – warum das nicht geht, möchte ich Dir gerne in einem Brief erklären. Diese Mail hat ein guter Freund für mich abgeschickt. Es blieb mir nur diese eine Wahl. Bitte schreibe mir bald, Du bist mir sehr sympathisch! Es wartet ein außergewöhnlicher Mann auf Dich. Bis bald hoffentlich, Rudi

„Was ist denn das?“, rief Isa aus.

„Wieso kann dieser Mann nicht anrufen? Und eine Email kann er auch nicht schreiben! Ist er etwa behindert?“ Vor ihrem inneren Auge sah sie so eine Art Christopher Reeve im Rollstuhl sitzen.

„Ach du liebe Zeit, was habe ich da nur an Land gezogen?“ Isa atmete tief durch. Ihr Instinkt sagte ihr, dass hier was nicht stimmte. Das Kaff in dem er wohnte, hatte sie noch nie gehört, und die Postleitzahl machte den Eindruck, als sei dieser Ort weit entlegen. Kurz flackerte der Gedanke auf, die Sache hiermit ad acta zu legen. So ein Flop!

Isa fummelte an ihrer Nase herum. Das tat sie immer, wenn sie eine Entscheidung treffen wollte. Obwohl sie keine Erfahrung mit Kontaktanzeigen-Bekanntschaften hatte, wurde sie das Gefühl nicht los, dass dies nicht der Regel entsprach. Aber ihre Sehnsucht und Abenteuerlust drängten sie zum Weitermachen.

„Nein, jetzt bleib am Ball und zieh die Sache durch! Er kann mir ja zumindest den Grund erklären!“, plädierte sie in seinem Sinn.

„Nur, welche Anschrift gebe ich ihm? Die Hausadresse auf keinen Fall! Vielleicht die vom Ferienhaus im Ebersberger Forst – nein, das ist zu weit weg, um nach Post zu schauen!“ Isa knabberte an einem Kugelschreiber, als ihr die Lösung kam.

„Ich eröffne ein Postfach! Genau!“ Sie fand sich selber klasse. Gleich morgen würde sie zur Post marschieren und entsprechendes veranlassen. Zufrieden nahm sie einen großen Schluck Rotwein. Und wie gewünscht streichelte der Traubensaft ihre aufgewühlte Seele glatt. Sie fand sogar ein wenig Gefallen an der Geheimnistuerei. Völlig unbedarft antwortete sie ihm sogleich:

Lieber Rudi, über die Email habe ich mich sehr gefreut, aber auch gewundert! Das ist schon ungewöhnlich, weshalb Du mich nicht anrufen kannst! Aber ich will Dir die Möglichkeit geben, es mir zu erklären. Ich gestehe, ich bin sehr gespannt auf Dein nächstes Schreiben. Bitte verstehe, da ich nicht weiß, wer Du wirklich bist, kann ich Dir nur eine anonyme Adresse aushändigen. Mehr möchte ich Dir im Moment nicht von meinem Leben mitteilen. Liebe Grüße Isabella.

Bei aller Neugier schaltete ihre Vernunft einen Gang runter.

„Gemach, gemach!“, ermahnte sie sich. Sie fand es spannend einem unbekannten Menschen zu schreiben und das gleich per Du! Es verlieh ihr das Gefühl mit einem Phantom befreundet zu sein. Im Moment erfüllte dieser unsichtbare Freund alle Leere. Dennoch wollte sie nichts übereilen.

Isa nahm den letzten Schluck Rotwein und schaltete den PC aus. Die Kinder lagen bereits im Bett und die Müdigkeit zog sie auch dort hin. Josef war wie immer unterwegs. Entweder saß er mit den Jägern am Stammtisch zusammen, oder er diskutierte mit seinen Ärztekollegen beim Qualitätszirkel. Nun, das waren ja noch anständige Vermutungen. Es konnte auch gut sein, dass er was ganz anderes trieb. Eigentlich verbrachte ihr Mann maximal sechs Stunden Schlaf in seinem Haus. Wozu hatte er eine so beneidenswerte Villa bauen lassen, wenn er weder das Schwimmbad noch die Sauna nutzte? Oder in dem eigens für die Mädchen eingerichteten Spielzimmer keine Minute mit ihnen verbrachte? Seit Jahren zog es ihn woanders hin.

Über ihr Auseinanderleben hatten sie nie richtig gesprochen. Isa wusste, dass dies ein fataler Fehler war. Ihr Josef hörte sich jeden Tag das Leid und Gejammer von unglücklichen Patientinnen an. Sollte sie da abends auch noch ein Fass aufmanchen? Oft hatte sie sich dieses Gespräch vorgenommen und im Geist alles zurechtgelegt, wie sie anfangen und argumentieren würde. Dann wartete sie auf eine passende Gelegenheit. Aber Josef glich einem Fisch, einfach nicht fassbar, und sie war nicht vehement genug, ihn an sich zu reißen. Schließlich gab sie auf und blieb still. Dieses Schweigen praktizierte sie seit Jahren.

„Ich kann es jetzt auch nicht mehr ändern und will neue Wege gehen!“ Mit diesen Gedanken verdrängte Isa ihr schlechtes Gewissen und stieg ins kalte Bett.

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