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Gottesdienst als Versammlung

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Im 20. Jahrhundert hat sich vieles davon geändert. Diese Änderungen geschahen Schritt für Schritt, und sie geschehen auch heute noch. Innerhalb dieser langfristigen Entwicklung gab es einen besonders großen einzelnen Schritt: die Neuherausgabe des Messbuchs 1969 zuerst in lateinischer Sprache, anschließend in den verschiedenen Landessprachen. Dies geschah auf Grundlage der durch das Konzil begründeten und inhaltlich skizzierten Liturgiereform. Die Zulassung der Landessprachen darf zweifellos als einer der bahnbrechendsten Konzilsbeschlüsse gelten.

Viele katholische Gemeinden pflegen aber auch heute noch die Mentalität eines Publikums, das den Spezialisten – zum Teil hauptamtliche Mitarbeiter der Kirche, zum Teil Ehrenamtliche – beim Ritual „zuschaut“ und die einzelnen Mitmach-Elemente mit mehr oder weniger aktiver Beteiligung über sich ergehen lässt.

Diese Einstellung wird allerdings der Liturgie nicht gerecht. Grundmodell der Liturgie ist nicht das Gegenüber von Bühne und Zuschauerraum, sondern die Versammlung der Kirche, oder besser: die Versammlung als Kirche, oder noch besser: die Kirche als Versammlung.

Dabei handelt es sich nun nicht etwa um eine neumodische Idee des 20. Jahrhunderts, sondern um etwas, das sich in der frühen Selbstfindung des Christentums genauso festmachen lässt wie in den liturgischen Büchern, und zwar durchaus auch den liturgischen Büchern vor dem Konzil. Das Konzil wollte Liturgie nicht neu definieren, sondern die Bedeutung der Liturgie, die im Prinzip für alle Zeiten gilt und gegolten hat, die aber nicht allen Beteiligten im Bewusstsein war, deutlich herausstellen und daraus Konsequenzen für die Praxis ziehen, konkret für die Neuherausgabe liturgischer Bücher.

Zu den wichtigsten Aufträgen Jesu gehörte es, Menschen zu (ver-) sammeln (Lk 11,23; Joh 11,52 – an beiden Stellen steht im Neuen Testament dasselbe griechische Wort, das auch den jüdischen Versammlungsraum Synagoge bezeichnet). Paulus spricht von der Versammlung der Gemeinde (was auch mit Versammlung als Kirche übersetzt werden kann, siehe 1 Kor 11,18 und 14,23). Das Versammeltsein und dabei Einssein der Kirche ist eine Vorausschau auf eine vereinte Menschheit, die von Frieden erfüllt ist und in der der Tod keine Macht mehr hat (Joh 17). Diese endgültige Einheit und dieser endgültige Friede sind kein Menschenwerk, sondern können nur von Gott kommen. Insofern bleibt die Kirche als Versammlung derer, die zu Jesus Christus gehören und mit ihm und unter seiner Führung eins sind, immer vorläufig und unerfüllt.

Die Versammlung der Kirche weist in doppelter Weise über sich selbst hinaus. Sie verweist zurück in eine Vorzeit, in der ihr Ursprung liegt: Ohne Jesus – und Jesus wiederum eingebettet in die Geschichte Israels – und die Geschichte der ersten Christengenerationen würde es die heutige Versammlung der Kirche gar nicht geben. Außerdem verweist die Versammlung auf die Zukunft, denn die Einheit der Menschheit in Frieden, die sich in der Kirche anfanghaft ausdrücken soll, ist hier und jetzt und aus menschlicher Kraft gar nicht in ganzer Fülle möglich. Ihre Erfüllung kann es nur in der Zukunft geben, und sie wird kein Menschenwerk sein, sondern ein Geschenk.

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