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17. Kapitel

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John Abberline holte sich eines der Messer aus der Küche, vor denen die Köchin ihn immer gewarnt hatte als er noch klein war.

„Fass die niemals an mein Junge“, hatte sie stets gesagt, „die säbeln dir so die Hand ab.“

Das hatte ihn fasziniert, aber er hatte trotzdem nie eines in die Hände bekommen. Bis heute. Jetzt fuhr er mit dem Daumen sanft über die Klinge, die so glatt poliert war, dass sich sein Gesicht darin spiegelte. Er war blass, aber nicht aus Furcht. Er hatte keine Angst. Was er vorhatte, war sein gutes Recht.

Das Black Rose lag still und einsam auf dem kleinen Hügel. Ein stolzes Anwesen, das erhaben auf alle hinunterblickte, die sich ihm näherten. Langsam schritt er durch den großen Garten hinter dem Haus und sog den schweren Duft der Blumen ein. Es war immer noch warm, ein perfekter Sommerabend. Der Weg führte ihn hinunter zu dem kleinen Wald unter den Birken entlang, die im Wind leise rauschten, als flüsterten sie ihm zu, ja, als würden sie ihn noch zusätzlich ermutigen. Er lächelte. Ein kaltes hartes Lächeln. Seine Hand schloss sich fester um das Messer. Er hatte keine Eile, denn er wusste, dass William und Marion die ganze Nacht in der alten Hütte am See bleiben würden. Das wusste er, denn er war ihnen einmal gefolgt und hatte sie beobachtet und belauscht und er hatte sich zusammenreißen müssen, um nicht vor Wut laut loszuschreien. Und heute Nacht waren die beiden wieder dort, wo sie sich heimlich liebten. Wie konnten sie nur so dumm sein zu glauben, dass niemand sie dort entdecken würde. Er hatte sie entdeckt und würde diese Spielereien ein für alle Mal beenden. William war sein kleiner Bruder, aber was kümmerte ihn das Alter. Das Einzige was zählte, war das Blut. Das Blut der Abberlines, das William beschmutzte, indem er sich Marion hingab. John hasste das alberne Lachen dieses dummen Mädchens und ihre einfältigen Kommentare, immer wenn sie ihm zufällig begegnete. Sie war vielleicht nicht das hübscheste Ding in Südengland und auch nicht das klügste, aber im Dorf war sie beliebt, weil sie so voller Lebensfreude war. John fand es erbärmlich.

Langsam kam die Hütte in Sicht. Ein Licht flackerte hinter den Vorhängen, die sie zugezogen hatten. Er hörte ein Lachen. Unbeschwert war es, nichtsahnend. Dann tauchte William hinter der Hütte hervor mit den Armen voll Kaminholz. Marion streckte den Kopf durch die Tür. Ihre roten Locken fielen sanft um ihr sommersprossiges Gesicht. William ließ das Holz fallen und nahm sie in die Arme. Er küsste sie, auf die Stirn, auf den Mund. Sanft schob sie ihn von sich und deutete auf das Holz. Doch er ließ nicht von ihr ab.

Was für eine Schande!

Vorsichtig schlich er sich näher heran. Er stand jetzt direkt gegenüber der Hütte, versteckt hinter einer Tanne und konnte durch die offene Tür in den kleinen Raum sehen. Sein Herz pochte immer schneller. Das war die Aufregung, die Heiterkeit, die ihn durchströmte.

William trug jetzt schließlich das Holz hinein und machte sich am Kamin zu schaffen. Wie unvorsichtig von ihnen, ein Feuer anzuzünden. Der Rauch hatte sie verraten.

Schritt für Schritt näherte er sich der Hütte. William kehrte ihm immer noch den Rücken zu. Marion konnte er nicht sehen. Sie musste irgendwo an der Seite stehen. Vielleicht hatte sie es sich auch schon auf dem Bett bequem gemacht. Diese Vorstellung vergrößerte seine Wut noch mehr und er beschleunigte seine Schritte. In der Ferne flatterte eine Eule auf. Sie begann ihren nächtlichen Raubzug, genau wie er. Dann stand er in der Tür und immer noch bemerkte ihn niemand.

„Das Holz ist wohl feucht. Letzte Nacht hat’s geregnet, aber das habt ihr sicherlich nicht mitbekommen“, stieß er hervor. Seine Stimme war ruhig und leise, kaum mehr als ein Flüstern, aber William drehte sich erschrocken um und Marion sprang vom Bett hoch, auf dem sie gesessen hatte. Er hatte also Recht gehabt.

William war aschfahl geworden.

„Was willst du hier Bruder? Du hast hier nichts zu suchen. Verschwinde wieder!“

„Ich glaube ich sollte nirgendwo sonst auf der Welt sein als hier. Genau hier in diesem Moment.“ Er trat einen Schritt in den Raum hinein. William hatte sich von seinem Schrecken erholt und verzog nun spöttisch das Gesicht.

„Verschwinde! Na los, kriech in dein Bett zurück und lass uns in Ruhe! Was denkst du eigentlich wer du bist? Ich sag dir was du bist: ein arroganter kleiner Mistkerl, der denkt er sei der Herr der Welt. Das bist du!“

William bemerkte das Messer nicht und Marion starrte immer nur zwischen den beiden Brüdern hin und her.

Er lachte. Er fing einfach an zu lachen. Wie ein Wahnsinniger, was William erneut verstört gucken ließ.

„Der Herr der Welt? Das gefällt mir, William. Das ist gut!“, sagte er, „und der Herr der Welt muss jetzt für Recht und Ordnung sorgen.“

Und damit sprang er auf seinen überraschten Bruder zu und stieß ihm das Messer in die Brust. Es ging ganz leicht. Das Messer war gut geschärft worden. Es war wie ein Rausch, der ihn überfiel, der ihn die Welt um sich herum vergessen ließ. Es gab nur ihn, seinen Bruder und dieses Messer.

William taumelte gegen den Kaminsims und Marion fing an zu schreien. Sie schrie sich die Seele aus dem Leib, bis sie plötzlich auf ihn zustürmte und schluchzend versuchte ihn von ihrem Liebsten wegzuzerren.

„Lass los du dummes Mädchen. Er hat es nicht anders verdient!“, fauchte John und schleuderte sie von sich weg.

„Du bist wahnsinnig, du bist wahnsinnig! Wahnsinnig, wahnsinnig, wahnsinnig“, stammelte sie vor sich hin. William schwankte, presste sich die Hand auf die Brust, doch er konnte nicht verhindern, dass sich sein Hemd bereits begann rot zu färben. Das Blut quoll ihm unter der Hand hervor. Langsam sackte er in sich zusammen, stöhnte, versuchte nach dem Messer zu greifen, von dessen Klinge sein Blut tropfte.

„Das musste sein Bruderherz. Du wolltest ja nicht auf mich hören. Ich sah mir keinen anderen Ausweg!“ Und mit diesen Worten stieß er ein zweites Mal zu. Marion kreischte erneut und warf sich auf ihn, versuchte ihm das Messer aus der Hand zu reißen. Dabei fasste sie genau in die Klinge. Er zerrte wütend an ihrem Handgelenk, um sie abzuschütteln. Auf einmal ließ sie los, seine Hand mit dem Messer fuhr ruckartig aus und die Klinge schlug direkt in ihren schlanken weißen Hals. Für ein paar Sekunden wirkte sie überrascht, dann wurden ihre Augen glasig und sie fiel rückwärts auf das Bett.

Sein Atem ging schwer. Er starrte auf die beiden Menschen zu seinen Füßen hinab. Dies war sein Werk. Es war vollendet. Er hatte seine Pflicht erfüllt. Er wischte das Messer an der Bettdecke ab, wo nun ein roter Streifen zurückblieb. Dann legte er es vorsichtig in Williams leblose Hand zusammen mit einem Zettel, auf dem eine einzelne schwarze Rose abgebildet war.

„Tut mir leid Bruderherz“, murmelte er.

Zwei tote Augenpaare blickten ihm nach, als er das Haus am See verließ.

Kurz nach Sonnenaufgang entdeckte einer der Gärtner die zwei Liebenden und verständigte sofort die Polizei, woraufhin noch am selben Tag ein Beamter vor dem Black Rose auftauchte und den Mörder verhaftete.

Black Rose

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