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4. Das Großmütterle

Großmütterle wurde Maria Pfleiderer genannt, von ihren Enkelkindern Dorothee und Harald, den Kindern von Dr. Fritz Förstner und ihrer Tochter Maja; und den Söhnen von Helene Wilhelmy, Lottes Helenchen, Joachim und Ulrich. Maria ist eine Besondere, sie hat nämlich ihre Eigenheiten, „Mödele“ genannt. Ihre gleichaltrigen Cousinen fragen sich, warum sie sich die leisten kann, z.B. muss die Butter ganz gleichmäßig auf der dünnen Brotscheibe verteilt sein bis an den Rand. Maria streicht und streicht mit einem besonderen Messer, das am Griff ihren Namen trägt. Es fällt den Basen schwer, bei dieser Pingelei zuzusehen. Dass die Scheibe dünn sein muss, versteht sich. Es ist eigentlich ein Unrecht, denn Maria trägt die Butter etwa 3 mm dick auf, welch eine Verschwendung!

Dass so eine Person im sparsamen Reutlingen aufwuchs, ist kaum zu glauben, heißt es doch, die Bewohner der Stadt seien knickerig und würden „reinwärts schwimmen“, das heißt ihre Arme immer zu sich selbst hinbewegen und damit auch die auf diese Weise gesammelten Güter.

Seit einigen Wochen ist Gottlob Pfleiderer mit Maria verlobt und sehr glücklich, aber der wird noch Augen machen, wenn sie verheiratet sind, heißt es. Der „domme Kerle“ lässt ihr jetzt schon alles durchgehen. Hübsch ist sie, das muss der Neid ihr lassen, aber ihre Nase ist zu groß und hat in der Mitte einen Hubbel. Fast alle aus der Familie Lachenmann nebst Frauen bekommen bald weißes Haar, silbrig mit einem kleinen Stich ins Blonde, dazu haben sie hellblaue Augen. Wenn Maria lacht, leuchten ihre Augen, wie wenn ein Lämpchen dahinter brennen würde. Die meisten der Familienmitglieder werden sehr alt und sind abgehoben, schweben über der Wirklichkeit.

Marias Bruder Eugen ist Uhrmacher und Juwelier. In der Marienstraße in Reutlingen steht das hohe schmale Haus, unten drin befindet sich der Laden. Mit Mutter fährt Lotte einmal im Monat nach Reutlingen, um nach dem Grab von Vater zu sehen. Seine Urne ist dort, weil es, als er so früh sterben musste, in Tübingen noch keine Feuerbestattung gab.

Die katholische Gertrud Phillip sagt, es sei eine große Sünde, die Toten zu verbrennen, weil sie am Jüngsten Tag, wenn Jesus wiederkommt, nicht aus den Gräbern steigen können, um in den Himmel zu fahren. Aber warum hat man es mit ihm so gemacht? Mutter sagt: „Der stärkste Eichensarg fällt im nassen Grab einmal auseinander, dann liegt der Tote ungeschützt da und schnell kommen viele Tierlein und beginnen an ihm zu knabbern, Würmer, Mäuse, Käfer, bis zum Schluss nur noch das Knochengerüst übrigbleibt. „Erde zu Erde, Staub zu Staub", sagte der Pfarrer am offenen Grab." Lotte muss sehr darüber nachdenken, was besser ist, verbrennen oder beerdigen.

Nach dem Friedhofsbesuch sind die beiden zum Kaffee in die Marienstraße eingeladen. Es ist Mittwoch, damals gibt es, nur an dem Tag, Reutlinger Kimmicher mit Kümmel und eine bestimmte Art süße Stückle, deren Namen Lotte nicht mehr weiß. Immer wenn sie dort sind, scheint die Sonne in das Wohnzimmer mit den vielen Fenstern. So bleibt es in Erinnerung und Lotte denkt, in Reutlingen scheine immer die Sonne!

Später kommt die Urne nach Tübingen ins Familiengrab im alten Friedhof unter der Kapelle. Viele berühmte Menschen liegen rundum, Hölderlin, Uhland, Isolde Kurz und ihr Vater Hermann. Ganz hinten ist auch das Grab von Großvater und Großmutter Kiedaisch, ihre Namen stehen auf einem hohen Sandstein, umgeben von Buchs.

Vetter Wolfgang geht oft auf den Friedhof, beschneidet die Sträucher, stellt Blumen in die Vase und denkt sicher wehmütig an den schon lange Verstorbenen, der für ihn Großvater und Vater zugleich war.

Gut, dass es Tante Lisbeth noch gibt und Base Lotte, die ihm immer zum Geburtstag am 6. Mai gratulieren; nur im vergangenen Jahr haben sie es vergessen, oder ihn telefonisch nicht erreicht. Er sei traurig gewesen deshalb, sagt seine Frau Erna.


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