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7. Kleine Puppen auf Kissen

Mutter geht Anfang November fort mit dem größten leeren Koffer, den es in der Wohnung gibt und will nicht sagen, wohin. Sie kommt nach einer Stunde wieder und schleppt den gefüllten Koffer mit Mühe die Treppe hinauf. Lotte muss ins Schlafzimmer nebenan, die Tür schließen und warten. Dann ertönt ein Klingelzeichen, die Tür geht auf, aber Lotte soll die Augen schließen und wieder warten - und dann!

Der große Zimmertisch ist vollgestellt mit Schachteln. In jeder, abgeteilt mit Kartonstreifen, sitzen sechs Püppchen mit hellblonden Locken. Auf einer Bank liegen runde, kleine Kissen, überzogen mit rosarotem Stoff. Sie sind schwer, gefüllt mit Watte und Eisenfeilspänen, zu gleichen Teilen. Beim Hineinstechen wird Rost von den Nadeln geschliffen. Darauf sollen die Puppen befestigt werden. Mutter ist knapp bei Kasse und verdient sich mit solchen Handarbeiten etwas dazu.

Die Puppenkleidchen sollen aus feinem Häkelgarn sein und werden die meiste Arbeit machen. 50 Schachteln sind es, also 300 Puppen!

Allein kann Mutter es auf keinen Fall schaffen. Ihre Schwester Thilde hilft, trotzdem gibt es Nachtarbeit. Dr. Henke, der Hausarzt, darf auf keinen Fall davon erfahren, denn er hat schon oft gedroht, alles mitsamt den Puppen „zum Fenster hinauszuwerfen“. Wie schrecklich sich vorzustellen, denkt Lotte, die süßen Püppchen lägen zerschmettert auf der Straße und Mutter und Tante Thilde mit gebrochenen Gliedern daneben.

Lotte, 1926

Die Auftraggeberin Frau Beutelsbacher denkt, es werde das Weihnachtsgeschäft und Tante Thilde hofft, sie bezahle Mutter gut! Sie selbst möchte kein Geld für ihre Hilfe, weil ihr Verdienst bei der Standortverwaltung zum Leben mit ihrem Sohn Wolfgang reicht.

Und wirklich, alles wird verkauft und Mutter bekommt ein hübsches Sümmchen. Nur ein einziges Püppchen bleibt übrig, das Lotte der Tante klaut. Sie will es einer Frau schenken, die sich vernachlässigt fühlt und keine Ahnung von der arbeitsreichen Zeit hat.