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4.7 Standardisierte Fangverfahren

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Um die Beringung in der Vogelzugforschung erfolgreich anwenden zu können, ist es unerlässlich, Vögel in großer Zahl zu fangen. Während man früher mit Wasser- und Futterlocken, kleinen Reusen, Schlagfallen u. Ä. eher bescheidene Fänge erzielte, brachte die Entwicklung großer Reusen und vor allem spezieller Fangnetze wesentliche Fortschritte. Waren die anfänglichen so genannten Spiegelnetze, aus Baumwollgarn hergestellt, noch recht gut sichtbar und wurden daher von vielen Vögeln über- und umflogen, ehe sie sich darin verfingen, so sind die heute verfügbaren „Japannetze“ für Vögel weitgehend unsichtbar und entsprechend erfolgbringend. Japannetze sind feine, aus sehr dünnen Nylonfäden gefertigte Netze (Abb. 7, großenteils in Japan hergestellt, daher der Name), die seit den 50er Jahren preiswert zur Verfügung stehen und eine geradezu stürmische Entwicklung in der Vogelberingung mit sich brachten. Mit diesen Netzen lässt sich das ganze Artenspektrum von unseren kleinsten Vögeln, den Goldhähnchen, mit etwa 5–6 g Körpergewicht bis hin zu Vögeln von etwa Taubengröße fangen, und auch die am besten fliegenden und äußerst manövrierfähigen Arten können mit ihnen gefangen werden (Bub 1977).

Für den Massenfang von Zugvögeln eignen sich vor allem hervorragende Rastplätze, in denen sich Angehörige vieler Arten längere Zeit aufhalten. Solche Rastplätze sind besonders Feuchtgebiete mit reicher, stark strukturierter Vegetation, die vielen Arten spezielle Habitate bieten. In derartigen Rastgebieten kann man feste Vogelfangstationen einrichten (Abb. 7), in denen nach standardisierten Methoden Zugvögel über viele Jahre hinweg jeweils während der gesamten Zugperiode gefangen werden können. Dabei lassen sich mit Hilfe der Erstfänge z.B. Zugzeiten, Durchzugmuster und Habitatpräferenzen zur Zugzeit ermitteln, mit Hilfe von Wiederfängen Verweildauer, Fettdeposition und Veränderungen des Körpergewichts, Abklingen der Mauser, Durchzugzeiten in verschiedenen Jahren u.v.a.m. Im Gegensatz zur Beringung, bei der nur die wenigen meist zufälligen Wiederfunde Ergebnisse bringen, liefern bei systematischem Fang alle Individuen wertvolle Daten. Das größte standardisierte Fangprogramm dieser Art, das „Mettnau-Reit-Illmitz-Programm“ der Vogelwarte Radolfzell, das inzwischen auf Ostdeutschland (Galenbecker See) und Russland (Rybachy, früher Rossitten) ausgedehnt wurde, wird bereits seit 1972 durchgeführt. Im Rahmen dieses Programms wurden bis 1998 über eine halbe Million Individuen von etwa 50 verschiedenen Arten untersucht. Ergebnisse über ihren Wegzug in Mitteleuropa wurden in einem speziellen Band dargestellt (Berthold et al. 1991, Beispiel Abb. 8). Ein ähnliches Programm läuft seit langem unter der Bezeichnung „Operation Baltic“ (Busse u. Kania 1970), und über Fangstationen in aller Welt informiert Bub (1991). Von 1993–1997 arbeitete in Europa und NW-Afrika ein ganzes Netzwerk von über 40 Fangstationen, das von der European Science Foundation gefördert wurde und in dem u.a. auch sehr viele Vögel gefangen wurden, die bereits auf anderen Stationen beringt worden waren. In Italien wird seit einiger Zeit in dem „Progetto Piccole Isole“ (PPI, Spina u. Pilastro 1997) der Heimzug von Kleinvögeln aus Afrika untersucht. In Fangstationen auf Hochgebirgspässen wie dem Col de Bretolet (5.28) lassen sich z.T. Vögel aus dem aktiven Zug heraus fangen. Neuerdings erzielt man hohe Fangzahlen an verschiedenen Orten dadurch, dass man Vogelgesänge nachts laut vom Tonband vorspielt, was Durchzügler zur Landung veranlasst (z.B. Hudde u. Vohwinkel 1997). Die Methode ist jedoch umstritten, da negative Auswirkungen auf Durchzügler nicht unwahrscheinlich sind.


Abb. 7: Ein Teil der Fanganlage der Vogelwarte Radolfzell auf der Mettnau-Halbinsel am Bodensee. Zwischen den beiden Laufstegen sind an Metallstäben „Japannetze“ zum Vogelfang aufgehängt; im Hintergrund zwei Mitarbeiter bei einem Kontrollgang.


Abb. 8: Darstellung von Daten von Fänglingen der Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) aus dem „Mettnau-Reit-Illmitz-Programm“ der Vogelwarte Radolfzell von der Station Mettnau aus dem Zeitraum von 1972–1983. EF: Erstfänge, KG: Körpergewicht, FL: Flügellänge, EFWF: Erstfänge, die später Wiederfänge ergeben, VD: Verweildauer, WF: tatsächlich erzielte Wiederfänge, KM, GM: Klein- und Großgefiedermauser. Abszisse: Monate und Jahrespentaden (nach Berthold et al. 1991).


Abb. 9: Tageszeitliche Aktivitätsmuster handaufgezogener Mönchsgrasmücken (Sylvia atricapilla). Links: vor der Wegzugperiode, rechts: in der Wegzugperiode, weiße Balken: Tagaktivität, schwarze Balken: nächtliche Zugaktivität (Zugunruhe) (aus Brensing 1989).

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