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4.9 Untersuchung der Orientierungsleistungen

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Die Mechanismen und Grundlagen der oftmals erstaunlichen Orientierungsleistungen von Zugvögeln versucht man vor allem in dreierlei Weise zu ergründen: durch Beobachtungen im Freiland, durch Freilandversuche und durch Tests von Zugvögeln in so genannten Orientierungskäfigen. Im Freiland lässt sich durch Beringung, Wiederfänge (Kontrollfänge) und Wiederfunde prüfen, wie ortstreu Vögel im Brutgebiet, Winterquartier und in Rastgebieten sein können und wie genau sie sich im Hinblick auf diese Ziele orientieren können. Sichtbeobachtungen, Radarstudien und heutzutage vor allem Daten der Satelliten-Telemetrie (4.5) geben Aufschluss über die Gerichtetheit von Zugflugetappen, über Konstanz und Variabilität spezifischer Richtungswahl, über die Einwirkung von Barrieren – wie großen Gewässern, Gebirgen und Wüsten – auf die Primärzugrichtung von Zugvögeln oder die Leitlinienwirkung von Küsten, Fluss-Systemen usw. (Kap. 7).

Im Freiland werden regelmäßig eine Reihe von experimentellen Verfahren angewandt, von denen Versetzungsversuchen (Verfrachtungsversuchen) die größte Bedeutung zukommt. Man kann Orientierungsleistungen immer dann erwarten und zu analysieren versuchen, wenn man Vögel versetzt, die eine starke Motivation zur Rückkehr besitzen. Das gilt für Brutvögel, die man von ihrem Brutort versetzt, wenn sie Jungvögel im Nest zu versorgen haben, für Haustauben (Brieftauben), die man von ihrem Heimatschlag verfrachtet, und z.T. für Zugvögel, die man während ihres Zugs von ihrem Zugweg weg transportiert. Bei Brutvogelverfrachtungen kann man auch Standvögel versetzen, und bei ihnen wie bei den Brieftauben hat sich gezeigt, dass sie wohl über prinzipiell entsprechende Orientierungsmechanismen verfügen wie Zugvögel (Kap. 7). Unter dieser berechtigten Annahme sind Brieftauben mit zu den wichtigsten Objekten der Orientierungsforschung an Vögeln geworden, weil sie sich leicht halten lassen, gut mit ihnen zu experimentieren ist und sie das ganze Jahr über motiviert sind, in ihren Schlag zurückzukehren (Kap. 7). Die Rückkehrquote verfrachteter Tauben liegt bei unerfahrenen Vögeln bei 30 km Verfrachtungsdistanz zwar nur bei 70 % und fällt bei 150–180 km sogar auf etwa 20 % (Wallraff 1989); bei eingeflogenen Tauben kann sie bei mittleren Entfernungen nach den Erfahrungen vieler Brieftaubenzüchter jedoch gegen 100 % ansteigen. Wichtige Kenngrößen bei Taubenauflassungen sind die Anfangsorientierung, Verschwinderichtung, -punkt und -zeit (am Horizont, bezogen auf den Abflugort, also insgesamt die „Heimgerichtetheit“), die meist durch Direktbeobachtung ermittelt werden; für Detailfragen hat man Tauben auch kleine Kameras aufmontiert (Schmidt-Koenig 1980). Für das Heimfindevermögen spielen so genannte Distanzeffekte eine große Rolle (d.h. Abhängigkeiten der Heimkehrleistung von der Entfernung der Verfrachtung, Schüz et al. 1971).

Wie in 4.8 dargestellt, äußert sich bei gefangengehaltenen Zugvögeln der Zugtrieb in Form von Zugunruhe. Kramer (1949, 1952) hat als Erster klar erkannt und nachgewiesen, dass zugunruhige Käfigvögel bestimmte Richtungen bevorzugen. Er und eine Reihe nach ihm tätiger Orientierungsforscher haben verschiedene Typen von Orientierungskäfigen (Rundkäfigen) entwickelt, mit denen sich Richtungspräferenzen vor allem von Kleinvögeln (Singvögeln, kleinen Limikolen) nachweisen lassen. Der einfachste Typ ist der Trichterkäfig (Emlen-Käfig, Abb. 10). Ein Papp-, Metall- oder Plastiktrichter mit schrägen Wänden umschließt einen engen kreisförmigen Bodenraum, in dem ein Versuchsvogel stehen kann, und ist oben mit einer Glas- oder durchsichtigen Kunststoffplatte abgedeckt. Zug aktive Vögel versuchen von der Bodenfläche aus über die schräge Trichterwandung den Käfig zu verlassen. Früher hat man die Bodenfläche meist mit einem Stempelkissen versehen, so dass die Vögel Fußabdrücke auf der Trichterwand hinterließen. Heute kleidet man die Trichterwand mit Schreibmaschinen-Korrekturpapier (Tipp-Ex-Papier) oder ähnlichem Material aus, auf dem die Vögel ihre Richtungswahl durch Fußkratzer markieren, die sich später auszählen lassen oder, wie in unserem Institut, mit einem computergesteuerten Lesegerät erfasst und mit Hilfe von Computerprogrammen automatisch ausgewertet werden können. Für die automatische Registrierung werden Rundkäfige mit radial oder tangential angeordneten Sitzstangen verwendet, die wie bei Zugunruhe-Registrierkäfigen mit Mikroschaltern, Lichtschranken oder dergleichen ausgerüstet sind. Besondere Bedeutung hat der von Merkel und Fromme entwickelte oktogonale Typ mit acht radialen Sitzstangen erlangt (Abb. 10). Von einer Reihe weiterer Methoden seien noch Untersuchungen in Planetarien unter künstlichem Sternenhimmel erwähnt, ferner die Anwendung von Helmholtzspulen zur Veränderung des Erdmagnetfeldes (Kap. 7) oder die Herzfrequenz-Dressur, mit der vor allem bei Tauben durch Dressur durch leichte Elektroschocks und Herzschlagfrequenzmessungen Orientierungsleistungen ermittelt werden können (Schmidt-Koenig 1980). Ganzhorn (1990) schlägt vor, die bei der Navigation von Tauben relevanten Faktoren mit Hilfe klassischer Konditionierung zu überprüfen (d.h. durch Lernvorgänge, bei denen ein Zusammenhang hergestellt wird zwischen einem konditionierten – „bedingten“ – Reiz, der vor der Konditionierung keine Reaktion auslöst, und einem unkonditionierten – „unbedingten“ – Reiz, der immer eine Reaktion auslöst, bis schließlich auch der konditionierte Reiz allein zur Reaktion führt).

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