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Erfolg macht euphorisch

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Der menschliche Organismus ist ein Wunderwerk unseres Schöpfers; so ist es nicht verwunderlich, dass Hirnforscher immer neue Geheimnisse entdecken. Erfolgseuphorie hängt nach ihren Erkenntnissen mit körpereigenen Drogen zusammen, die Opioide genannt werden. Sie sind für Freude, Schwung und höchste Glücksgefühle verantwortlich.

Ein amerikanischer Psychologe nennt den Zustand „selbstvergessenen“ Aufgehens im Tun „flow“. Der Mensch ist hingegeben an sein Tun, von ihm total in Anspruch genommen. Er ist vollständig auf sein Werk konzentriert. In diesem Zustand höchster Aufmerksamkeit ist der Organismus energiegeladen und gleichzeitig entspannt. Die totale Konzentration auf die Arbeit macht den Menschen glücklich und euphorisch. Er ist so „hingegeben“, dass er von Geräuschen oder Gesprächen um ihn herum und von Menschen, die ihn umgeben, nicht abgelenkt werden kann.

Wir sagen gern: „Die Arbeit frisst ihn auf!“ Viele verstehen diesen Satz negativ. Es werden Vergleiche angestellt: „Die Arbeit ist sein Leben. Die Arbeit ist wie seine Geliebte. Die Arbeit ist sein Gott.“ Aber auch das andere gilt: „Die Arbeit begeistert ihn, die Arbeit fördert sein Glücksgefühl. Die Arbeit macht ihn betrunken. Die Droge hat ihn im Griff.“ Ein nicht enden wollender Kreislauf steigert sein euphorisches Empfinden. Erfolgsstreben produziert Erfolge, Erfolge steigern das Erfolgsstreben.

Diese überschießenden Glücksgefühle werden von Botenstoffen im Gehirn ausgelöst, von so genannten körpereigenen Drogen. Seit 1975 sind den Hirnforschern diese Stoffe bekannt. Zwei schottischen Gehirnspezialisten gelang es, aus Schweinehirnen einen Stoff zu isolieren, der ähnliche Wirkungen zeigt wie das bekannte Morphin. Diese Opioide, von denen inzwischen über 50 entdeckt wurden, werden auch „Belohnungsstoffe“ genannt. Man findet sie besonders in jenen Regionen des Gehirns, wo Schmerzempfindungen und Gefühle gespeichert bzw. produziert werden. Anatomisch spricht man vom limbischen System, das so etwas wie ein Umschlagplatz für Gefühle ist. Im limbischen System gibt es einen Neurotransmitter, einen Übertragungsstoff zwischen den Nervenzellen, das so genannte Dopamin. Dieser Belohnungsstoff spielt mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Erfolgseuphorie eine wesentliche Rolle. Ursprünglich gingen die Forscher davon aus, es gebe nur ein Belohnungszentrum im Gehirn. Inzwischen sind mehrere Belohnungssysteme entdeckt worden, und eins dieser Zentren steuert die Erfolgseuphorie.

Es gibt Fachleute, die glauben, dass dieser Leistungsrausch nichts mit einem Erfolgserlebnis zu tun hat. So schreibt Helga Topel, eine Autorin, die sich mit körpereigenen Opioiden beschäftigt hat: „Die Leistungseuphorie wird zu Unrecht als, Erfolgserlebnis‘ bezeichnet, denn es ist keineswegs der Erfolg, der hierbei die dominierende Rolle spielt. Die Erfolgs- und Siegeseuphorie ist rasch verraucht und weicht, nach Aussagen prominenter Sportler, bald einem Gefühl des, Ausgebranntseins‘. Weniger das Ergebnis oder der Sieg beflügelt leistungsmotivierte Menschen, sondern die Arbeit und die konzentrierte Anstrengung selbst sind es, die für die Euphorie der Leistung sorgen.“1

Meiner Erfahrung nach ist das ein Trugschluss. Der Leistungseuphoriker wird viel zu positiv gesehen. Es wäre wunderbar, gesund und heilsam zugleich, wenn der Mensch nur die Arbeit, nur die Leistung an sich im Auge hätte. Dann hätte er es nicht nötig, sich kaputtzuarbeiten. Es wäre zudem überflüssig, die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit zu überschreiten. Aber ungezählte Patienten beweisen es: Sie wollen sich selbst und andere überholen und büßen es dann mit psychosomatischen Beschwerden.

 Sie erleben Leistung und Erfolg als äußerstes Glücksgefühl und als ein unübertroffenes Lustempfinden.

 Sie schwelgen darin.

 Sie wollen es verlängern.

 Sie wollen es steigern.

 Sie genießen es und zahlen dafür einen hohen Preis.

Wege aus der Burnout-Spirale

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