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Die Suche nach dem Nervenkitzel

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Das Erfolgsstreben hat viele Gesichter. Erfolgreiche können auf unterschiedlichsten Gebieten ihr Ziel erreichen. Erfolge können durch Kraft, Macht, Geschicklichkeit, Intelligenz, Schnelligkeit, Risikobereitschaft usw. erzielt werden. Jeder sieht seine Erfolgschancen und probiert sein eigenes Erfolgsschema aus. Schauen wir uns verschiedene Eigenschaften beispielhaft an, die bei erfolgreichen Menschen besonders hervorstechen:

 Intelligenz in der Wissenschaft

 Machtstreben in der Politik

 Höchstleistungen im Sport

 Kriminelle Energien im Verbrechen

 Risikobereitschaft im Rennsport

 Aggressivität im Kampfsport

 Musikalität in der Unterhaltungsbranche

 Todesmut im Krieg.

Der Erfolg, auf welchem Gebiet auch immer,

 beweist Überlegenheit,

 verschafft Anerkennung und

 zeichnet den Menschen vor anderen aus,

 schafft ein Stück Sinnerfüllung,

 verhilft zur Befriedigung – wenn auch nur vorübergehend.

Der Mensch, der sich beweisen will, braucht einen Leistungsbeweis und strebt den Erfolg an, um vor sich und anderen bestehen zu können. Die Herausforderungen können moralischer, geistiger und krimineller Art sein. Menschen, die etwas gelten wollen und ihre Streicheleinheiten brauchen, erfinden die unwahrscheinlichsten Attraktionen, durch die sie die Befriedigung ihrer Bedürfnisse erreichen.

In den letzten Jahren kamen immer mehr Sportarten in Mode, die einen unvorstellbaren Nervenkitzel befriedigen. Dieser Extremsport beinhaltet eine Sucht nach starken Reizen. Vor allem junge Menschen suchen ein Risiko, das Todesmut erfordert und den Rausch der Gefahr einschließt.

Bungeespringer lassen sich angebunden an Gummiseilen kopfüber in die Tiefe fallen. Ihr Fall wird nur kurz vor dem Aufprall aufgefangen. Eine Reihe dieser jungen Menschen spiegelt ein selbstzerstörerisches und zielloses Risikoverhalten wider – sie spielen mit dem Tod. In Frankreich wurde dieser „Sport“ inzwischen verboten, nachdem einige junge Menschen dabei umgekommen sind.

Haben sie den Tod einkalkuliert? Was geht in den Hirnen und Herzen vor? Fliehen sie aus der Welt, die ihnen sinnlos und kaputt erscheint? Wollen sie der Routine und der Langeweile entfliehen? Ist diese Welt so lebensunwert geworden, dass nur noch selbstmordähnliche Spiele die Suche nach Abenteuer und Stimulation befriedigen können? Oder sind die meisten so bestätigungssüchtig und anerkennungshungrig, dass sie Kopf und Kragen riskieren, um erfolgreich zu sein?

Auch Motorrad- und Autorennfahrer sind so ruhmsüchtig, dass sie bei jedem Rennen den Tod einkalkulieren. Und wenn sie es nicht tun, verdrängen sie leichtfertig die Angst, dass sie das Leben verlieren könnten. Die Geld-, Anerkennungs- und Machtfrage sitzt ihnen so tief in Herz und Hirn, dass sie alles aufs Spiel setzen. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip macht auch an dieser Stelle deutlich, wie zerstörerisch und lebensfeindlich dieses Denken ist.

Ist der Nervenkitzel, der Kick oder Thrill, wie Journalisten heute diese Abenteuersuche nennen, das Entscheidende? Oder sind Thrillseeker (Nervenkitzelsucher) Menschen, die den Sinn des Lebens verloren haben? Die alles auf eine Karte setzen, um aus dem langweiligen und trostlosen Leben ein bombastisches Abenteuer zu machen? Nur die verrücktesten Nervenkitzel können noch Abwechslung und Schwung in den Alltag bringen. Das heißt doch, wer lebensbedrohliche Abenteuer sucht, hält normales Leben für unnatürlich und langweilig. Wer ständig den Kick braucht, um alle Gefühls- und Empfindungsgrenzen zu sprengen, lebt in Extremen. Langeweile fördert den Lebensüberdruss – „Langeweile tötet“, wie das Sprichwort formuliert. Das Verrückte bekommt Sinn, Durchschnittliches und Bürgerliches sind verabscheuungswürdig.

Energie und Kraft für die Gemeinschaft und für andere einzusetzen ist nutzlos. Egoismus und Ichsucht feiern Triumphe. Thrillseeking ist eine perverse Form der Ichsucht.

 Lust am Risiko,

 Lust an der Gefahr,

 Lust am Untergang,

 Lust am Spiel mit dem Tod

sind ekstatische Einstellungen, die alles Eingefahrene, Gleichmäßige und sich Wiederholende scharf in Frage stellen.

Es zählt nur noch das Extreme, Verrückte und Übersteigerte; das Stinknormale hat allen Reiz eingebüßt. Die viel beschriebene „Erlebnisgesellschaft“ braucht den Erregungskick.

Es stimmt, absurde Leistungen sind auch Leistungen, und verrückte Erfolge sind auch Erfolge. Nicht nur das Sinnvolle ergibt Sinn, auch das so genannte Sinnlose erfüllt den Thrillseeker mit Sinn.

Wege aus der Burnout-Spirale

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