Читать книгу Gegen die Zeit - Simone Lilly - Страница 8

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 4.

Lachend lehnte Nathan am Geländer. Alles war bereit. Bald würde das Schiff in See stechen. Nervös blickte er zu Jake. Dessen Blick ruhte nicht auf ihm, sondern auf etwas, das sich hinter ihm befinden musste. Jakes Miene wurde ernst. „Dreh dich um“, zischte er und stellte sich aufrechter hin.

„Hallo, Jungs.“

Es war Sven.

Erstaunt gab Nathan ihm die Hand. „Sie sind das...“, sein Auge huschte über sein Namensschild. „Mr. Carlsson. Wir haben sie lange nicht mehr gesehen. Sie arbeiten hier?“

Stolz nickte dieser. „Ja, aber es ist meine erste Arbeit auf einem Schiff.“

Nun meldete sich auch Jake verlegen zu Wort. „Danke nochmal, für damals. Das war sehr nett von Ihnen.“

Belächelnd winkte er ab. „Ach bitte. Nenn mich ruhig Sven.“

Laute Freudenschreie drangen an ihr Ohr. Das Schiff hatte sich zum ersten Mal langsam in Bewegung gesetzt und steuerte vorsichtig aus dem Hafen, hinaus aufs offene Meer.

„Wir sehen uns später beim Abendessen, ich habe noch zu tun.“

Eigentlich wollte er ihnen zum Abschied die Hand reichen. Doch plötzlich, begann seine Brusttasche heftig zu vibrieren. Auf Jake und Nathans erschrockenen Blick hin, schlug er seine Hand hastig dagegen und stürmte davon. Viel zu schnell und auffällig gelang es Sven, sich in die Toiletten, die sich auf dem Deck befanden zu flüchten. Rasch hatte er kontrolliert, ob sich in ihnen Passagiere befanden. Und nahm, als er allein war, sein Telefon aus der kleinen Tasche und presste es angespannt an sein Ohr. „Bist du wahnsinnig?! Mich hier anzurufen? Beinahe hätte man mich damit entdeckt! Und was das für Auswirkungen gehabt hätte, muss ich dir wohl nicht sagen!“, rasend vor Wut, wartete er auf eine Antwort, während er immer wieder um die Ecke spähte. Langsam, entspannten sich seine Gesichtszüge.

Schließlich nickte er einverstanden und steckte das Handy wieder zurück in seine Tasche. Dann, blickte er sich geheimnisvoll um. Niemand war zu sehen. Eilig ging er in eine Kabine und ging zielstrebig auf die Toilette zu. Anstatt gegen sie zu stoßen, verschwamm das Bild vor seinen Augen. Helle Lichtblitze zischten ihm um die Augen und fuhren ihm durch die Haare. Schon nach wenigen Sekunden formte sich das Bild neu und vor seinen Augen bildete sich ein Raum. Lächelnd wurde Sven dort von einem Mann empfangen.

„Max! Hallo.“

Sofort wurde ihm ein Sessel zur Verfügung gestellt, auf dem er dankbar Platz nahm.

„Was gibt es Neues?“, fragte er.

Jetzt war es ein anderer Mann, der sich zu Wort meldete. Hierzu schaltete er einen wandgroßen Bildschirm ein, der das Bild der Titanic und den Ort, an dem Sven sich zuletzt befunden hatte, zeigte.

„Nun, Sven. Wir haben neue Erkenntnisse erhalten.“

„Und die wären?“

Seine rechte Augenbraue schnellte neugierig nach oben.

Der Mann setzte sofort zur Antwort an, indem er die Kamera auf Nathan und Jake lenkte. „Die letzten Seiten, wir haben sie gefunden.“

Überrascht setzte er sich auf und nahm fiebernd drei zerknitterte Blätter, die ihm von seinem Kollegen überreicht wurden, entgegen. Die Schrift war schnörkelhaft und sehr ordentlich. Altmodisch. Flüchtig überflogen seine Augen das Geschriebene.

„Sven“, es war Max, der seine Hand väterlich auf seine Schulter legte. „Egal was du tust. Sag mit keinem Wort, wie das Schiff enden wird. Wir bitten dich alle inständig. Auch wenn es dir schwer fällt. Das darfst du nicht. Kümmer dich nur um diese Jungen.“

Er deutete über sich auf Nathan und Jake, die lebensgroß auf der Leinwand zu sehen waren. „Sie sind wichtig, nicht die anderen.“

Genervt schüttelte er seine Hand von sich fort. „Ich weiß. Ich weiß das, seit ich den Plan entworfen habe. Keine Sorge, es wird nichts schief gehen.“

„Gut, dann schlage ich vor, du ruhst dich etwas aus. Bis zum Essen sind es noch fünf Stunden. In der Zeit kannst du dich auch etwas einarbeiten, damit du weißt, was du zu tun hast.“

Unter Strom erhob er sich, verabschiedete sich von ihnen, und war schnurstraks in sein „Arbeitszimmer“ gegangen.

Es war einfach ein mittelgroßer, luftig eingerichteter Raum. Mit einer gemütlichen Couch, einem Schreibtisch und einem Koffer. Seinem Koffer.

Gebannt ließ er sich auf das Sofa fallen und zog einen Stoß Blätter-identisch mit denjenigen, die er soeben erhalten hatte zu sich heran.

Sorgenfalten bildeten sich auf seiner Stirn. Es war anstrengender, als er es erwartet hatte. Zwischen zwei Zeiten umherzureisen. Noch dazu zwischen 1912 und 2030. Was einen viel zu großen Unterschied ausmachte. Sorgfältig faltete er das Papier zusammen, um es vorsichtig aneinander heften zu können.

Niemand, nicht einmal die Regierung, oder der engste Verwandtenkreis, wusste von ihrem Projekt. Ebenso hatte keiner den Anlass zu glauben, Zeitreisen würden tatsächlich existieren. Sven jedoch, war schon vor vielen Jahren auf die Technik, die dahinter steckte, gestoßen. Diese hatte er über die Zeit hinweg, zusammen mit Max verfeinert und ausgefeilt.

Vor gut einem Monat, hatte Sven, es war an seinem 25 Geburtstag gewesen, einen veralteten Brief entdeckt. In Gedanken zog er ihn-die mitgenommenen Blätter-näher an sich heran.

Schon auf den ersten Seiten war ihm klar geworden, dass dies kein gewöhnlicher Brief war. Nicht nur das Datum: 1912/15. April sondern auch der Name: Nathan Emrick, war ihm im Gedächtnis geblieben. Es war zudem vielmehr ein Tagebuch. Nur auf mehrere Blätter aufgeteilt. Es wurden viele Jahre nachträglich verfasst. Schon damals war Sven klar geworden, dass es für ihn eine Aufgabe gab. Für ihn und seine Erfindung. Mit ihr hatte er die Chance, es zu verändern.

Insgesamt hatte es in Nathans Leben vier Schnittpunkte gegeben. Vier Punkte, in denen es am günstigsten für ihn gewesen war, ihm zu erscheinen.

An dem Tag, als er das Dach vom heruntergefallenen Laub reinigte. Der Tag in der Schule, als er sein Vertretungslehrer war. Jakes Geburtstagsfeier und schließlich die Titanic. Diesen Punkt hatte Sven unbedingt vermeiden wollen. Nicht nur, da es das größte Schiffsunglück der Welt war und er die Tragödie nicht ertragen konnte, sondern auch da er wusste, wie schwer es war, zu wissen welches Schicksal sie alle ereilte, und nichts dagegen zu unternehmen. Immerhin war es ihm möglich, das Schiff zu retten. Was dies aber für die weitere Entwicklung der Geschichte bringen würde, konnte, wollte er sich nicht vorstellen.

Um neue Kraft zu tanken, schenkte er sich ein Glas Whisky ein und schüttete ihn durstig seine vertrocknete Kehle hinunter. Dann, blätterte er bis zu dem neuerstem Datum und begann zu lesen:

Gegen die Zeit

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