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BERGE, BURGEN UND VORWITZIGE SCHAFE

IM LAND DER TRÄUME

Schottland, das gelobte und gepriesene, das faszinierende und geheimnisvolle Land im Norden der Britischen Insel, gehört zu den weltweit populärsten Reisezielen. Und das, obwohl dort zumeist klimatische Verhältnisse herrschen, die für einen lukrativen Tourismus gemeinhin nicht sonderlich attraktiv zu sein scheinen.


Der eigentümliche Reiz des Landes, seine Anziehungskraft muss also andere Gründe haben. Golf, Whisky, Gastfreundschaft, gelebte Tradition von Dudelsack bis Kilt und wechselvolle Geschichte, die faszinierende Unberührtheit, die dramatische, karge wie majestätische, als Hochland bezeichnete Bergwelt, mystische Burgen und vorwitzige Schafe – der vergleichsweise ungewöhnlich große Facettenreichtum dieses kleinen nördlichen Landesteils im Vereinigten Königreich dürfte wohl eine entscheidende Rolle spielen, die jeden, der der unheimlichen Anziehungskraft Schottlands verfallen ist, nicht mehr loslässt und Sehnsüchte weckt. Meist begeistert er schon nach den ersten zaghaften Berührungen, schürt die Lust, die Neugier auf mehr.

So können die beschriebenen, subjektiv ausgewählten Routen, einige offiziell touristische Straßen, andere nach eigenem Gusto, als kleine Hilfestellung bei der Erkundung des Landes dienen, sie sollen jedoch nicht sklavisch befolgt werden oder gar davon abhalten, eigene Wege zu finden. Und – ganz wichtig – speziell in Schottland gilt: Der Weg ist das Ziel.


Portpatrick war einstmals bedeutender Hafen für die Überfahrten nach Irland.

Unterwegs im Land

In Schottland – wir sind in Großbritannien – herrscht bekanntermaßen Linksverkehr, was Neulingen zunächst Kopfzerbrechen bereitet, sich in der Praxis jedoch nicht wirklich häufig als Problem erweist. Das Lenkrad auf der »falschen«, der anderen Seite eben als gewohnt, der Schaltknüppel muss mit der linken Hand bedient werden. Das wäre es aber auch fast schon, denn schnell hat man sich an die veränderte Technik gewöhnt und schwimmt mit im Verkehr. Auch das, entgegen der Gewohnheit zuerst nach rechts und dann nach links schauen, spielt sich recht zügig ein – ein etwas defensiveres Fahrverhalten ist in jedem Fall aber ratsam. Nur wenn die Straßen einsamer werden, wenig befahren oder – wie ausgesprochen oft in Schottland – als einspurige Single track roads angelegt sind, kann es zu brenzligen Situationen kommen, weil man bei Gegenverkehr automatisch nach rechts ausweichen möchte. Hier behindern darüber hinaus nicht einsehbare Kuppen, Hecken und rustikale steinerne Feldbegrenzungen sowie dösende Vierbeiner, gern mit Nachwuchs, meist Schafe, je nach Region, dafür aber seltener zottelige »highland cattle« oder Hirsche das zügige Vorwärtskommen. Da es sich aber kaum vermeiden lässt, einmal »Gegenverkehr zu werden« (wie es der Ruhrgebiets-Comedian der 1970er-Jahre, Adolf Tegtmeier alias Jürgen von Manger, bei seiner verfilmten Rundreise durchs Land bemerkte), sind – meist beschilderte – Ausweichstellen (»passing places«) in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen eingerichtet, die das Passieren oder Überholen erleichtern, indem man stets auf der linken Seite anhält und dem anderen Verkehrsteilnehmer das Vorbeifahren ermöglicht. Zur guten Sitte gehört dabei das freundliche Nicken oder die Hand zum Gruß. Übergeordnete Landstraßen können mancherorts als »dual carriageway« angelegt sein, die zweispuriges Fahren in einer Richtung und damit erleichterte Überholvorgänge ermöglichen.

Tegtmeier wagte zudem eine recht ungewöhnliche Charakterisierung der schottischen Landschaft: Demnach besteht das Land in der Hauptsache aus reichlich Umgebung, die er bei der Fahrt mit seinem Opel Kadett zu entdecken suchte. Ein Prinzip, dem wir mit unserem Mietwagen, dem eigenem Pkw oder dem Wohnmobil folgen können, dies allerdings dann mit etwas mehr Muße. »Anhalten, aussteigen, gucken, schön finden, einsteigen und weiterfahren« sollte definitiv nicht unsere Prämisse sein. Um wirklich die Erhabenheit der Szenerie nachhaltiger zu erleben, sollte man den fahrbaren Untersatz in erster Linie als bequemes Transportmittel nutzen und intensivere Erkundungen per pedes oder auch mit Rad unternehmen. Erst dann entfaltet sich das ganze bunte Kaleidoskop aus Eindrücken, aus Düften und Geräuschen, aus dem Zwiegespräch mit der Natur in seiner ganzen Fülle. Dazu trägt auch das Wetter bei. Es vermag im unkalkulierbaren Wechselspiel von Sonne, Wolken, Wind und Regen Landschaften immer wieder in neues Licht zu tauchen und ihnen unerwartete Tiefe zu geben, ihnen mit satten Farben und klarer sauberer Luft eine geradezu träumerische Brillanz zu verleihen.

Streben nach Unabhängigkeit

Historisch betrachtet kämpfte Schottland stets um seine Eigenständigkeit, lag im permanenten Clinch mit dem großen, ungeliebten Nachbarn England. Man fühlte sich mehr dem Kontinent verbunden, vor allen Dingen Frankreich, als dem Land jenseits des Hadrianswalls. Schon die Römer wussten nichts Rechtes mit den aufmüpfigen Pikten und Skoten im Norden der Insel anzufangen. Doch das verzweifelte Streben nach Unabhängigkeit ging stets mit schicksalshaften Verwicklungen einher. Zuletzt 2014, als das von der schottischen Regionalregierung initiierte Referendum an der Zusicherung Englands über einen garantierten Verbleib Großbritanniens in der EU scheiterte. Konterkariert knapp zwei Jahre später bei einem neuerlichen Referendum, dieses Mal über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus dem europäischen Verbund, dem Brexit. Obwohl sich Schottland erwartungsgemäß mehrheitlich für die EU aussprach, muss man nun mit den Folgen dieser politischen Maßnahme leben und denkt schon wieder recht laut über eine weitere Volksabstimmung nach. Abgesehen von der nun obligatorischen Mitnahme eines Reisepasses als einziges akzeptiertes Reisedokument, ändert sich jedoch nichts weiter hinsichtlich der Durchführung einer Reise nach und durch Schottland.


Inbegriff schottischer Traditionen – der Dudelsack, dessen Ursprünge wohl im Orient liegen

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