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Einer stand plötzlich auf der anderen Wagenseite. Sein Gesicht tauchte hinter dem Seitenfenster auf wie ein Mond. Es ähnelte sogar einem Mond. Breit, glatt, ausdruckslos.

Der zweite saß hinten im Wagen. Ich sah nicht allzu viel von ihm, denn der Wagen stand im Schatten eines Baumes, und im Wagen herrschte Zwielicht. Nur dass er schlank war und einen dunklen Anzug trug, das konnte ich erkennen.

Der dritte war eine Überraschung. Es war eine Frau. Sie stand ein Stück weiter neben einem Baumstamm, hinter dem sie sich bei meinem Kommen wohl verborgen hatte. Eine Frau mit schwarzem Haar, dazu dunkel war, um natura zu sein. Ihr Gesicht verriet trotz Puder und Schminke das wahre Alter. Die Fünfzig lagen bereits hinter ihr, obgleich sie sonst die Figur eines jungen Mädchens hatte.

Sie war es, die zuerst sprach. Mit einer rauchigen, dunklen Stimme sagte sie: „Legen Sie die Hände aufs Wagendach, McAllister!“

Die Trümpfe, die die drei in Händen hatten, waren nicht zu übersehen. Es hätte schon eine Portion Irrsinn dazugehört, das zu ignorieren. Und meine Automatic steckte im Schulterhalfter.

Es war eine lächerliche Situation, aber die Männer waren bewaffnet, und die beiden mochten aussehen, wie sie wollten, von übergroßen Skrupeln wurden sie bestimmt nicht geplagt.

Als der im Wagen mit seinem S & W „Masterspiece“ ein Stück näher rückte, zog ich es vor, die Hände aufs Wagendach zu legen. Prompt kam der Mondkopf um den Wagen herum, und nun hatte ich auch Gelegenheit, ihn genauer anzusehen.

Er hatte eine Glatze, und er sah nicht aus wie ein Trottel. Er wirkte durchtrainiert, und sein Blick verriet Wachsamkeit. Dumm schien er nicht zu sein. Wäre ich ihm unter andern Umständen begegnet, würde ich ihn für einen solventen Kaufmann halten, oder für einen seriösen Schalterbeamten bei einer guten Bank. Wie ein Ganove sah er auf alle Fälle am wenigsten aus. Jedenfalls nicht so, wie sich man die vorstellen, dass Gangster aussehen müssten. Und dennoch, bei genauem Hinsehen erkannte man mit etwas Erfahrung die Brutalität, die Gefühlskälte, das Verschlagene. All das, was den Gangster ausmachte.

Der Glatzkopf tastete mich von hinten nach Waffen ab, während mich der andere im Wagen in Schach hielt. Natürlich fand er die Automatic, zog sie heraus und entleerte das Magazin. Dann stopfte er sie zu meiner Überraschung wieder ins Schulterhalfter.

„Die Patronen werden Ihnen ersetzt, McAllister“, erklärte der Glatzkopf. „Wir stehlen nichts. Aber im Augenblick können wir Ihnen diese Dinger nicht belassen. Vielleicht brauchen Sie aber weder die Pistole noch die Munition, falls Sie …‟

„Halten Sie Ihren Mund, Ken!“, rief die Frau. „Sie schwatzen wie ein Weib!“

Der Glatzkopf sagte nichts mehr.

„Drehen Sie sich um, McAllister!“, befahl die Frau.

Ich gehorchte und sah sie abschätzend an. Etwas an ihr erinnerte an verlebte Bühnenschönheiten, deren Fluidum nur noch im grellen Scheinwerferlicht wirkt, wo die dicke Schminke die Falten und Fältchen verdeckt. Aber sie war nicht der mütterliche, frauliche Typ. Gegen ihre Augen waren die des Glatzkopfes direkt gutmütig und weich.

„McAllister, Sie entscheiden selbst, ob Sie sofort wieder mit Ihrem Wagen wegfahren können, oder hier Ihre Laufbahn für immer beenden. Sagen Sie, was Sie von Stellcass wissen, was er Ihnen erzählt hat!“

Ich frohlockte fast. Da saß ich also dicht vor meinem Wild. Der Alte schien allerhand zu wissen, und dieser Dame dort war das recht unbequem. Ich fragte mich aber gleichzeitig, wie sie überhaupt wissen konnte, dass ich hierher gefahren war, und zweitens, wie sie herausbekommen haben konnte, dass vorhin schon Tom und ich auf dem Wege nach hier waren. Denn dass sie auch hinter dem Überfall auf der einsamen Landstraße steckte, schien mir sicher.

„Er hat mir einen Entlassungsschein gezeigt, der drei Jahre alt ist, und ich habe in meinem Fahndungsbuch gesehen, dass er gesucht wird. Das ist zunächst alles“, erklärte ich, und es stimmte ja. Nur, von den dreien glaubte mir das offensichtlich keiner.

Am wenigsten wohl die Frau. Sie rief nur dem Glatzkopf zu: „Ken, er will es nicht anders, rede du mit ihm!“

Ken baute sich vor mir auf. Was er aus der Tasche zog, war nichts anderes als ein stählerner Schlagknüppel, der zunächst so aussah wie ein Knirpsschirm. Bei Knopfdruck jedoch schnellte eine Stahlrute heraus, und das reichte mir.

„McAllister, vielleicht sagst du uns doch, was du weißt! Wo hält er das Zeug versteckt?“

Ich war schon versucht zu fragen, welches „Zeug“ er wohl meinte, aber ich unterließ es. Mein angebliches Wissen war eine Lebensversicherung. Denn diese beiden Kerle und die Frau würden so oder so einen Mord begehen wollen. Das mit dem Laufenlassen glaubte ihnen vielleicht ein Anfänger. Sie konnten es sich, so wie sie zu denken gewohnt waren, gar nicht leisten.

„Schlagt mich doch tot, dann wisst ihr es sicher schneller“, erwiderte ich. „Oder besser: Fragt den Alten selbst!“

Ich hatte die Springfield des Alten vorhin an meinen Wagen gelehnt. Sie stand noch immer am vorderen Kotflügel. Offenbar fühlten sich die drei so sicher, dass sie das Gewehr nicht beachteten. Ich jedoch setzte meine ganze Hoffnung in die Waffe. Meine Chancen rechnete ich mit eins zu fünfzig aus, aber das war besser als gar nichts.

Ich wartete auf einen Fehler des Glatzkopfes Ken. Wenn er nur einen Schritt zur Seite trat, musste ich sofort handeln. Aber er tat mir nicht den Gefallen.

Die drei zeigten sich sehr clever, und meine äußerliche Selbstsicherheit war nicht mehr so ganz echt. Innerlich jedenfalls wurde mir allmählich schwül, denn der Glatzkopf sagte:

„McAllister, du hältst uns für Amateure. Du irrst dich. Ich schlage zu, und du wirst trotzdem noch alles denken und sagen können.“

Ich verstand recht gut, was er meinte. Und was diese Stahlschläger auszurichten vermochten, und wie schmerzhaft das war, wusste ich ebenfalls.

„Übrigens“, sagte der Mann im Wagen, „haben wir die Funkanlage dieses Wagens unbrauchbar gemacht. Nur zu Ihrer Information, McAllister!“

„Dafür kaufe ich mir auch kein Haus. Ich kann nur wiederholen: Es wäre am Besten, wir sprechen mit dem Alten. Ich weiß nicht, wo er es gelassen hat. Sonst wäre ich nicht mit leeren Händen zurückgekommen.“

Die Frau kam näher, und in ihrem Blick war etwas, das ich bei Frauen bis dahin noch nie gesehen hatte. Kalte Mordgier. Kein Hass, nicht der Zorn der Wütenden, oder die Glut der Eifersüchtigen, nein, kalte Mordgier.

„McAllister“, sagte sie mit dunkler, rauer Stimme, „Sie unterschätzen uns. Wenn wir es von dem Alten erfahren könnten, bräuchten wir Sie nicht. Aber Sie haben die Chance gehabt, es von ihm zu erfahren.“

Nun beschloss ich, trotz aller Bedenken, die Karten auf den Tisch zu legen. Denn ganz offenbar lief hier ein völlig anderer Film, hinter den ich noch nicht gekommen war.

„Ich weiß nicht“, sagte ich, „was Sie von Stellcass wollen. Ich jedenfalls suche nichts, was er versteckt haben könnte. Ich brauche ihn als Zeugen bei einem Unfall, dem Brückenunglück. Er ist der einzige lebende Zeuge, den wir kennen.“

Sie sah mich ungläubig an, und der Glatzkopf stieß einen Seufzer aus. Vielleicht hielt er mich für besonders hartnäckig.

„Sie lügen!“, rief die Frau.

Ich schielte zur Straße hinüber, aber sie war hoffnungslos weit entfernt. Wenn dort Autos vorbeikamen, so würde wohl kaum jemand von den Fahrern stutzig werden. Falls er überhaupt etwas von meinem Wagen entdeckte.

„Nehmt ihn mit!“, entschied die Frau. Und da trat der Glatzkopf zur Seite. Fast hätte ich darauf nicht geachtet, weil ich gerade so intensiv nachgedacht hatte.

Die Lage war einmalig günstig. Vielleicht nur für wenige Sekunden, aber das würde genügen. Hinter mir saß der Mann im Wagen, schräg vor mir stand jetzt der Glatzkopf. Die Frau ging im Augenblick zum Wagenheck und war außerhalb der Aktionszone.

„Beeil dich, Ken!“, rief sie dem Glatzkopf zu. Er drehte den Kopf halb zu ihr hin, da begann ich.

Ich warf mich nach rechts zum Gewehr, packte es und duckte mich.

Der Glatzkopf handelte sofort. Er hatte den Schlagstock in der Hand, keine andere Waffe. Er holte seitlich aus und wollte zuschlagen. Aber ich machte einen Satz zur Vorderseite des Wagens, riss das Gewehr hoch, lud durch und sah gleichzeitig die Silhouette des Mannes im Wagen hinter der Windschutzscheibe.

Der Glatzkopf erkannte die Gefahr und warf sich zu Boden. Da krachte vom Wagenende her ein Schuss. Das war die Frau, es konnte nur sie gewesen sein. Doch sie verfehlte mich. Weit von mir entfernt wurde der Rasen aufgefetzt.

Jetzt sprang ich auf, schoss die Springfield von der Hüfte aus auf den Mann im Wagen ab und zuckte sofort wieder nach unten. Hunderte Male hatte ich es im Trainingscamp von FBI geübt, jetzt klappte es nicht schlechter.

Die Windschutzscheibe verwandelte sich in ein Spinnengewebe. Jetzt hatte auch der Glatzkopf seinen Revolver wieder in der Hand und schoss unter dem Wagen hinweg nach meinen Füßen.

Meine Lage war keineswegs rosig. Aber ich hatte mit jeder Minute, die ich aushielt, eine größere Chance. Die Zeit, die ich mit Larry vereinbart hatte, war längst um. Schon vor etwa zehn Minuten hätte ich mich über Funk melden müssen. Larry wusste auch, wo ich hingefahren war. Und hier lag meine Chance.

Plötzlich fiel mir die Tränengashandgranate ein, die ich bei dem Überfall auf der Landstraße gefunden und eingesteckt hatte. Ich griff in die Hosentasche. Der Glatzkopf musste sie wohl für eine Tabaksdose gehalten haben, denn sie war noch drin. Ich holte sie heraus, zog sie ab und warf sie durch die Windschutzscheibe ins Wageninnere. Die bereits entspannte Scheibe platzte in Stücke, dann knallte es drinnen.

Aber der Glatzkopf hatte nur auf eine solche Aktion gewartet. Er tauchte plötzlich dicht vor mir auf, den Revolver vorgestreckt. Ich warf mich zur Seite und rannte ihm das Gewehr mit voller Wucht gegen die Brust.

Er schrie auf und schoss, doch sein Schuss ging über mich hinweg.

Jetzt tauchte hustend der andere Mann auf. Hinter mir. Er war aber vom Gas gehandicapt und sah offenbar gar nichts.

Ohne mich um ihn zu kümmern, griff ich den Glatzkopf an, packte den Arm mit der Waffe und versuchte sie ihm mit einem Jiu-Jitsu-Griff zu entwinden.

Da legte der andere Mann auf mich an.

Der Glatzkopf sah es und schrie: „Nicht schießen, du Idiot!“ Er hatte wohl Angst, selbst getroffen zu werden.

Ich hatte jetzt den Revolver und drückte den Lauf dem Glatzkopf zwischen die Rippen. Gleichzeitig blieb ich dicht bei ihm auf Tuchfühlung, und benutzte ihn als Schild.

Der zweite Mann nahm sofort Deckung hinter dem Wagen.

In dem Augenblick sprang ganz in der Nähe ein Motor an. Ich sah einen beigefarbenen Wagen aus dem Unterholz herausfahren, die Frau am Steuer. Der zweite Mann, eben noch in Deckung, rannte auf den Wagen zu.

Ich schoss ihm mit dem Revolver des Glatzkopfes nach, aber er erreichte den Wagen. Die Frau hielt jedoch nicht an, sondern jagte mit Vollgas einen Waldweg entlang.

Erst eine Sekunde später begriff ich, warum sie nicht zur Straße fuhr. Dort tauchten mehrere Polizeiwagen auf. Sie bogen gerade in den Weg ein, der hierher führte.

„Verdammt“, keuchte der Glatzkopf und warf sich plötzlich herum.

Ich schlug zu, bevor er mich mit seinem Schwinger erwischte. Es warf ihn auf die Motorhaube, dann hatte ich ihn wieder vor dem Lauf seines eigenen Revolvers. Er gab auf, hob die Hände und keuchte: „Das verfluchte Weib!“

Der andere Bursche lief humpelnd auf das Gesträuch des nahen Waldes zu. Vorn hielt einer der Polizeiwagen an, dann wurden die Türen geöffnet. Zwei Männer stiegen aus. K-Staffel, denn sie hatten jeder einen Schäferhund dabei. Ich sah, wie sie die Hunde losmachten, und wie die dem Manne nachjagten, der eben im Gehölz verschwunden war.

Larry langte zuerst bei mir an. Während sich zwei Polizisten auf den Glatzkopf stürzten, sagte Larry trocken: „Wie viele Wagen machst du heute noch kaputt, Rex?“

„Ich tue eben was für die notleidende Autoindustrie“, erwiderte ich. Aber der Schein trog. So lässig, wie ich tat, war mir nicht zumute. Ehrlich gestanden, es hätte diesmal leicht ins Auge gehen können.

„Es gibt übrigens eine Menge Neuigkeiten“, sagte Larry und zündete sich eine Zigarette an.

„Sicher, die habe ich auch. Ruf mal eine Ambulanz an. Der Alte in der Hütte braucht einen Arzt. Es ist Stellcass, ein entsprungener Gefangener. Und was ist sonst?“, fragte ich und lud meine Automatic wieder auf.

„Wir können nicht herausfinden, wer dieser Schwerverletzte ist, der zum Überfall gehört. Er kommt durch, sagen die Ärzte, aber wir wissen einfach nicht, wer er ist. Dieser Marek behauptet, er wüsste nur den Vornamen seines Komplicen. Jim hieße er.“

Ich sah, wie fünf Polizisten den zweiten Mann anbrachten, die Hunde hechelnd und angriffsbereit neben ihm. Der Kerl konnte kaum gehen. Er lahmte stark und wankte. Die Polizisten hielten ihn untergefasst, als würde er gleich zusammenbrechen.

Inzwischen begann natürlich schon die Suche nach der Frau und dem beigefarbenen Wagen.

Ich nahm mir den Glatzkopf Ken vor. Er trug jetzt Handschellen und sah recht niedergeschlagen aus. Den Grund dafür erfuhr ich, als der Polizeileutnant, der neben mich trat, sagte: „Da haben wir ja den richtigen Vogel, Inspektor! Das ist Ken Broom. Er besitzt eine Druckerei in Shamokin, und zweimal schon hatte FBI ein Auge auf ihn geworfen wegen Falschgelddruck. Aber man konnte es ihm nie nachweisen. Merkwürdig! Steckt er jetzt etwa auch in der Brückengeschichte?“

„Damit habe ich nichts zu tun!“, schrie Glatzkopf Broom.

Ich hatte das Gefühl, dass er sogar die Wahrheit sagte. Hier war ich, wie schon so oft bei einem Fall, auf eine andere Fährte gestoßen, die das Licht ebenfalls scheute, jedoch mit meiner Sache vielleicht nicht das Geringste zu tun hatte.

„Broom, was wollten Sie von Stellcass?“, fragte ich.

Er senkte den Kopf, schwieg aber.

„Interessant ist, dass Stellcass ein flüchtiger Geldfälscher ist. Und Broom hier steht im Verdacht, irgendwann auch mit Falschgeld zu tun gehabt zu haben.“ Ich sah den Leutnant an, der mich aus dunklen Augen anblickte.

„Ich habe zwei Mann zu Stellcass geschickt. Hoffentlich macht er keine Scherereien.“ Der Leutnant ließ seinen Blick über den Waldhang schweifen.

„Der ist am Ende, Leutnant. Der ist froh, wenn er einen Arzt bekommt. Mr. Broom ist jetzt wichtiger“, erklärte ich und wandte mich wieder Broom zu. „Na, immer noch stumm?“

Er schielte zur Straße hin, wo sie seinen Komplicen in einen Krankenwagen verluden.

„Glauben Sie nicht, Broom, dass wir binnen kurzem wissen, was Sie von Stellcass gewollt haben?“

Er nickte und sah mich voll an. Jetzt kam er mir vor wie ein Bär, der rettungslos im Käfig sitzt und das inzwischen, auch begriffen hat.

„Yes, ich bin sogar sicher, dass Sie alles bald wissen“, erwiderte er. Er seufzte und fuhr fort: „Stellcass besitzt die alten Platten noch, deretwegen er seinerzeit eingesperrt wurde. Die Eagleplatten.“

„Die Klischees also von den Zehndollarnoten“, sagte ich.

Der Leutnant meinte eifrig: „Ich entsinne mich gut an den Fall. Es waren die besten Fälschungen der Zehndollarnote, die sich denken lassen. Stellcass behauptete damals im Prozess, er hätte keine einzige Note verbreitet, sondern sie nur hergestellt. Unter Zwang, wie ich mich erinnere. Es stand im Polizeijournal.“

So schwach erinnerte ich mich auch. Damals im Bulletin des FBI war es auch erwähnt worden. Angeblich sollte der talentierte Graveur Stellcass erpresst worden sein. Aber er wurde trotzdem verurteilt, weil er sich geweigert hatte, die Erpresser anzugeben.

So allmählich reimte ich mir allerlei zusammen. Aber erst abwarten. „Er also hat die Klischees. Und was weiter?“

Broom lachte über sein breites Gesicht. „Er wollte sie nicht herausrücken. Er hält sie irgendwo versteckt. Er will nicht, dass wir weiter davon drucken.“ Plötzlich hielt er erschrocken inne, aber es war nicht mehr gutzumachen. Er hatte sich in seinem Eifer verplappert.

„Ich meine natürlich, wir wollten sie nur sicherstellen“, verbesserte er. Es entlockte dem Leutnant und mir nur ein Lächeln.

Dann kam Larry zu uns. „Wir sind offensichtlich in ein Schlangennest getreten. Ich muss dir einiges erzählen, Rex.“ Er schien vor Neuigkeiten fast zu platzen.

„Sie können Broom wegbringen lassen, Leutnant! Dort steckt schon die Oberschlange im Netz“, sagte ich, als ich sah, wie der beigefarbene Wagen langsam den Waldweg heraufkam, eskortiert von schwer bewaffneten Polizisten.

Ich ging mit Larry dem näher kommenden Fahrzeug entgegen. Da sagte Larry: „Weißt du, wer sie ist?“

„Noch nicht.“

Larry frohlockte. „Was gibst du aus, wenn ich’s dir sage?“

Ich sah ihn zwinkernd an. „Du trinkst doch so selten. Willst du deinen Prinzipien untreu werden?“

Er lachte und erwiderte übermütig: „Ich wette, dass wir diesen Fall noch heute geklärt haben.“

„Du Optimist. Wer also ist diese Giftschlange?“

Endlich ließ er die Katze aus dem Sack. „Sie heißt Marek und ist die Mutter von diesem Knilch, dem ich heute alle Würmer aus der Nase zu ziehen versuchte.“

„Schön. Und was ist daran so umwerfend?“

„Die Collins ist eine geborene Marek. Collins ist ihr sogenannter Künstlername.“

„Und wer hat dir das ins Ohr gesagt, Larry?‟

Er lachte vergnügt. „Der andere Scheich hat’s gestanden, den sie eben weggebracht haben. Er heißt auch Marek, ist Marks Bruder und der Sohn der Alten.“

„Eine Familienorganisation, wie?“

Sie brachten die Frau, während Broom gerade in einem Streifenwagen abtransportiert wurde.

Wie schnell ein Mensch sich verändern kann. Jetzt sah sie aus wie eine Marktfrau, nur nicht so ehrlich. Ihr Haar war zerzaust, die Schminke verwischt, man sah ihr das wirkliche Alter an. Und sie heulte, aber nicht, aus Scham oder Reue. Aus Wut.

Als sie mich sah, wischte sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn und keifte: „Sie werden noch an mich denken! Über Sie werde ich mich beschweren! Sie haben eine Frau misshandelt! Das werden Sie büßen!“

„Schafft sie gleich in die Stadt. Mit ihr brauchen wir uns jetzt nicht mehr aufzuhalten“, sagte ich.

Die beiden Cops, die das späte Mädchen hielten, grinsten.

„Uns hätte sie am liebsten gebissen, dieses Prachtstück“, sagte der eine.

„Soll sie Eisenstäbe anknabbern. Gebt ihr die Gelegenheit“, meinte der Leutnant.

Sie schrie, schimpfte und tobte, bis sie im Wagen war. Und noch durchs Rückfenster sah ich, wie sie den Kopf hin und her warf.

„Temperament hat sie ja“, stellte Larry fest.

„Der Himmel bewahre mich vor so einer Frau“, brummte ich. „Ich warte noch, bis sie Stellcass bringen, dann kannst du mich in die Stadt fahren. Ich schlafe jeden Augenblick im Stehen ein.“

„Häuptling, Häuptling, ich bin enttäuscht‟, meinte Larry kess. „Im Film halten die G-men tagelang und nächtelang ohne Schlaf aus, und du bist schon nach einer schlaflosen Nacht müde. Dabei ist es erst Nachmittag.“

„Ich hatte noch nie Talent zum Filmstar. Sag mal, was steckt da in deiner Seitentasche? Schleppst du da deine Campingausrüstung mit?“ Ich wies auf seine ausgebeulte Jackentasche.

Er grinste. „Nicht ganz. Aber zwei Sandwiches sind drin.“

Ich musste es gerochen haben. Mein Magen befand sich sozusagen haarscharf über den Zehenspitzen, so hungrig war ich. „Spendier mal einen davon“, sagte ich.

Er zog sie heraus. Als er auspackte, sah ich, dass das Weißbrot mit einer scharfen Knoblauchwurst belegt war, Larrys neueste Leidenschaft, die ich nicht teilte. Die Wurst war scharf wie Höllenfeuer, und trotzdem war mein Hunger größer als die Abneigung.

„Auch das noch“, stöhnte ich. „Diese Teufelspaste wird mir den Schlund ätzen. Aber gib schon her!“

Er lachte und reichte mir eines der Sandwiches. Ich biss herzhaft hinein und zunächst merkte ich gar nicht viel. Doch dann hätte ich einen Sprengwagen austrinken können. Mir war, als hätte ich Salzsäure genossen.

Larry, der das andere Stück aß, zeigte keine Regung. „Das legt sich bald, Rex“, meinte er tröstend. „Nur trinken darfst du nicht. Das macht es nur schlimmer.“ Der hatte Nerven.

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