Читать книгу Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015 - A. F. Morland - Страница 33
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Sharon entdeckte Eve O′Sullivan neben der Treppe zur Empore. Die kleine, ganz in schwarzes Leder gehüllte Enddreißigerin mit dem roten Stoppelhaar lehnte gegen das Treppengeländer und rauchte. Unruhig wanderte ihr Blick über die Menschenmenge, die sich ins Foyer hinein wälzte.
Sharon drängte sich durch die Menge zur Treppe. „Hi, Eve!‟ Sie winkte.
Ein Lächeln des Wiedererkennens flog über das Gesicht der anderen. Sie winkte zurück. „Ich freue mich für dich.‟ Sharon schloss Eve in die Arme und küsste sie auf die Wangen. „Dein Stück ist Stadtgespräch. Gratuliere.‟
„Keine Ahnung, was überhaupt los ist.‟ Eve löste sich aus Sharons Umarmung. „Jahrelang interessiert sich kein Schwein für dich, und nur weil plötzlich ein paar Konservative auf die Barrikaden gehen, finden die Kritiker plötzlich ein Stück von dir ...‟ Eve spitzte die Lippen und mimte einen gestelzten Tonfall. „... bemerkenswert.‟
Sie kicherten. „Ist Mike auch da?‟, wollte Eve wissen.
„Was glaubst du denn?‟ Sharon deutete zu einer der beiden Türen, die in den Theatersaal führten. Dort stand mit verschränkten Armen ein großer, langhaariger Mann. Er trug einen abgeschabten Lederblouson und Jeans. Ein Brillenträger. Seine große Hakennase und sein mürrisches Gesicht fielen selbst auf diese Entfernung von fast zwanzig Schritten auf. „Ich hab′ ihn überreden können, sich zu rasieren für diesen Abend.‟
Eve lachte. „Seid ihr noch zusammen?‟
„Klar.‟ Sharon zog spöttisch den rechten Mundwinkel nach oben. „Wir arbeiten zusammen. Sonst verbindet uns genauso viel wie am ersten Tag – nichts.‟
Eve musterte die rotblonde, sieben Jahre Jüngere vergnügt. „Das sind die besten Voraussetzungen für lebenslange Beziehungen.‟ Sie kicherte. Sharon drückte der Älteren noch einen Kuss auf die Wange und stürzte sich wieder ins Gedränge.
Sie stolperte über irgendwelche Schuhe irgendwelcher Menschen. Ein fester Griff schloss sich um ihren Oberarm und hielt sie fest. Sie blickte auf – ein junges Gesicht fixierte sie. Ein dunkles Gesicht. Hinter den Gläsern einer Hornbrille ruhten starre, ausdruckslose Augen. Braune Augen.
„Danke‟, lächelte Sharon. Der Mann ließ sie los. Sein Lächeln wirkte bemüht.
Sharon vergaß das Gesicht sofort wieder. Sie drängte sich zu der Tür, an der Mike wartete.
„Wo steckst du‟, brummte ihr Partner. „Es geht gleich los.‟ Er drehte sich um und bohrte sich durch die Menschenmenge wie durch durch lästiges Gestrüpp. Egal, wo er sich aufhielt und bewegte – Michael Valezki wirkte immer ein bisschen so, als hielte er sich für einen der wenigen nicht überflüssigen Menschen auf der Welt.
Ein paar Minuten später saßen sie auf ihren Plätzen. Das Licht im Saal war noch an, aber das Getrampel und Gemurmel legte sich allmählich. Vier Reihen vor sich sah Sharon eine Gestalt, die ihr bekannt vorkam – der Mann in dem hellen Trenchcoat und mit der Hornbrille.
Ein Orientale sicher. Ein Palästinenser? Vielleicht auch ein Nordafrikaner. Sharon war sich nicht sicher. Sie registrierte beiläufig, dass er seinen Mantel anbehielt. Nichts Ungewöhnliches bei dem gemischten Publikum. Sharon hatte ihren Fellmantel an der Garderobe abgegeben. Mike aber gehörte auch zu denen, die sich nicht von ihrer Jacke oder ihrem Mantel trennen konnten.
Das Licht erlosch langsam. Das Stimmengewirr ebbte ab. Und dann öffnete sich der Vorhang ...